Synonym(e)
Erstbeschreiber
Die sog. Bismuth- Klassifikation stammt aus der Ära der offenen Cholezystektomie und wurde 1982 zuerst beschrieben (Hauser 2016).
Definition
Unter einem Gallengangskarzinom versteht man eine heterogene Gruppe epithelialer Neoplasien mit überwiegend cholangiozytentypischer Differenzierung, die von den intrahepatischen Gallenwegen proximal des D. hepaticus dexter bzw. sinister ausgehen (Leitlinienprogramm Onkologie 2022).
Auch interessant
Einteilung
Eingeteilt wird das CCA nach seinem anatomischen Entstehungsort (Kasper 2015) in drei verschiedene Entitäten:
- Intrahepatisches CCA, sog. iCCA: Tritt bei lediglich ca. 10 % auf (Preinfalk 2018). Beim iCCA unterscheidet man zwischen dem „small duct“, der phänotypisch den kleinen Gallengängen gleicht und dem „large duct“, der Karzinomen der extrahepatischen Gallenwege gleicht. Beide Typen unterscheiden sich ätiologisch, histologisch, molekular, bildgebend und klinisch, was zunehmend an prognostischer und therapeutischer Bedeutung gewinnt (Leitlinienprogramm Onkologie 2022).
- Perihiläres CCA, sog. pCCA: Wird auch als zentrales CCA bezeichnet. Man findet es bei ca. 65 % aller CCAs (Kasper 2015). Es entspricht dem CCA der Hepatikusgabel und wird auch als Klatskin- Tumor bezeichnet.
- Distales CCA, sog. dCCA: Dieses ist unterhalb des Zystikusgangs lokalisiert (Herold 2022) und wird auch als peripheres CCA bezeichnet wird. Man findet es bei ca. 30 % der CCAs (Kasper 2015).
Diese drei Entitäten differieren in Tumorbiologie, Klinik und Therapie (Preinfalk 2018).
Die am häufigsten verwendete Bismuth- Klassifikation zur Beschreibung von Tumoren und Strikturen des Gallengangsystems und zur Klassifikation akuter Gallengangverletzungen differenziert zwischen (Hauser 2016):
- Typ I: Der Tumor befindet sich unterhalb der Hepatikusgabel.
- Typ II: Der Tumor bezieht die Hepatikusgabel mit ein.
- Typ III:
- Typ III a: Der Tumor betrifft den rechten Hepatikushauptast
- Typ III b: Der Tumor betrifft den linken Hepatikushauptast
- Typ IV: Der Tumor hat beide Hepatikushauptäste befallen (Herold 2022)
Die Einteilung nach der TNM- Klassifikation unterscheidet zwischen dem:
1. Adenokarzinom intrahepatischer Gallengänge:
- TX: Primärtumor nicht beurteilbar
- T 0: Kein Primärtumor nachweisbar
- Tis: Carcinoma in situ
- T1: Solider Tumor ohne Gefäßinvasion nachweisbar
- T 2 a: Solider Tumor mit Gefäßinvasion nachweisbar
- T2 b: Es finden sich multiple Tumoren mit und ohne Gefäßinvasion
- T3: Die Tumoren zeigen eine Perforation des viszeralen Peritoneums oder eine direkte Invasion extrahepatischer Strukturen
- T4: Es findet sich ein Tumor mit periduktaler Invasion, dem sog. periduktalen Wachstumsmuster (Possinger 2017)
- NX: Regionäre Lymphknoten sind nicht beurteilbar
- N0: Kein regionärer Lymphknotenbefall
- N1: Nachweis von regionären Lymphknoten- Metastasen (Possinger 2017)
- M0: Kein Nachweis von Fernmetastasen
- M1: Fernmetastasen vorhanden (Possinger 2017)
Stadien nach UICC (Preinfalk 2018)
- Stadium I : T1, N0, M0
- Stadium II: T2, N0, M0
- Stadium III: T3, N0, M0
- Stadium IV A: T4, N0, M0 und jedes T, N1, M0
- Stadium IV B: Jedes T, jedes N, M1 (Possinger 2017)
2. Adenokarzinoms perihilärer Gallengänge:
- TX: Primärtumor nicht beurteilbar
- T 0: Kein Primärtumor nachweisbar
- Tis: Carcinoma in situ
- T1: Solider Tumor auf den Gallengang beschränkt, Ausdehnung bis in die fibromuskuläre Schicht oder die Muscularis propria
- T 2 a: Der Tumor infiltriert bereits die benachbarten Weichteile des Gallengangs
- T2 b: Der Tumor infiltriert das nahe gelegene Leberparenchym
- T3: Unilaterale Äste der V. portae oder der A. hepatica werden vom Tumor bereits infiltriert
- T4: Der Tumor infiltriert:
- den Hauptast der V. portae oder
- bilaterale Äste oder
- A. hepatica communis oder
- Äste 2. Ordnung bilateral oder
- unilaterale Äste des Gallengangs 2. Ordnung mit Infiltration der kontralateralen Äste von V. portae oder A. hepatica (Possinger 2017)
- NX: Regionäre Lymphknoten sind nicht beurteilbar
- N0: Kein regionärer Lymphknotenbefall
- N1: Nachweis von regionären Lymphknoten- Metastasen im Ductus cysticus, D. choledochus, entlang der V. portae und A. hepatica (Possinger 2017)
- M0: Kein Nachweis von Fernmetastasen
- M1: Fernmetastasen vorhanden (Possinger 2017)
- Stadium 0: Tis, N0, M0
- Stadium I : T1, N0, M0
- Stadium II: T2a, T2 b, N0, M0
- Stadium III A: T3, N0, M0
- Stadium III B: T1, T2, T3, N0, N1, M0
- Stadium IV A: T 4, jedes N, M0
- Stadium IV B: Jedes T, jedes N, M1 (Possinger 2017)
3. Adenokarzinom des distalen extrahepatischen Gallengangs
- TX: Primärtumor nicht beurteilbar
- T 0: Kein Primärtumor nachweisbar
- Tis: Carcinoma in situ
- T1: Der Tumor ist auf den Gallengang beschränkt
- T 2 a: Der Tumor infiltriert bereits jenseits des Gallengangs
- T3: Der Tumor infiltriert Gallenblase, Leber, Pankreas, Duodenum sowie benachbarte Organe
- T4: Der Tumor infiltriert die Arteria mesenterica sup. oder den Truncus coeliacus (Possinger 2017)
- NX: Regionäre Lymphknoten sind nicht beurteilbar
- N0: Kein regionärer Lymphknotenbefall
- N1: Es finden sich regionäre Lymphknotenmetastasen (Possinger 2017)
- M0: Kein Nachweis von Fernmetastasen
- M1: Fernmetastasen vorhanden (Possinger 2017)
- Stadium 0: Tis, N0, M0
- Stadium IA : T1, N0, M0
- Stadium I B: T2, N0, M0
- Stadium II A: T3, N0, M0
- Stadium II B: T1, T2, T3, N1, M0
- Stadium III: T 4, jedes N, M0
- Stadium IV: Jedes T, jedes N, M1 (Possinger 2017)
Vorkommen/Epidemiologie
Das CCA stellt neben dem hepatozellulären Karzinom (HCC) den zweithäufigsten Tumor der Leber dar (Preinfalk 2018).
Die jährliche Inzidenz des CCAs liegt bei ca. 3 : 100.000 und ist weltweit zunehmend. In Südostasien ist die Inzidenz mit ca. 7.000 jährlichen Neuerkrankungen am höchsten, vermutlich durch die hohe Zahl parasitärer Infektionen mit Leberegeln (Leitlinienprogramm Onkologie 2022).
Der Häufigkeitsgipfel der Erkrankung liegt zwischen 60 – 70 Jahren (Herold 2022).
Ätiopathogenese
Es gibt Risikofaktoren wie z. B.:
- chronische Gallenwegsentzündungen (Herold 2022)
- primär sklerosierende Cholangitis (findet sich bei 10 – 20 % der Patienten [Kasper 2015])
- bestehende Autoimmunerkrankung
- alkoholische Lebererkrankung
- Choledocholithiasis
- Choledochuszysten (bei ca. 10 %)
- Leberegel (bei Asiaten), insbesondere Opisthorchis viverrini und Clonorchis sinensis (Kasper 2015)
- Leberzirrhose
- chronische Hepatitis C und Hepatitis B- Infektionen (Leitlinienprogramm Onkologie 2022)
Die überwiegende Zahl der Erkrankungen tritt jedoch ohne vorherige Risikofaktoren auf (Herold 2022).
In einer Studie von Chaiteerakij et al. aus dem Jahre 2013 zeigte sich für Patienten, die mit Metformin behandelt wurden, ein signifikant niedrigeres Risiko, an einem CCA zu erkranken. Einen Effekt auf die Überlebenszeit bei Vorliegen eines CCAs ergab sich daraus jedoch nicht (Preinfalk 2018).
Klinisches Bild
Beim CCA fehlen i. d. R. Frühsymptome. Typisch ist ein Ikterus ohne Schmerzen, sog. Courvoisier- Zeichen (Herold 2022).
Das iCCA führt bisweilen zu unspezifischen Symptomen wie z. B. abdominelle Schmerzen und Appetitlosigkeit (Preinfalk 2018).
Beim dCCA und pCCA findet sich oftmals in einem relativ frühen Erkrankungsstadium ein persistierender Ikterus mit Cholestase (Preinfalk 2018).
Im fortgeschrittenen Stadium tritt meistens ein Pruritus auf (Leitlinienprogramm Onkologie 2022)
Diagnostik
- Körperliche Untersuchung:
Bei der körperlichen Untersuchung kann eine vergrößerte Gallenblase palpabel sein, ebenso kann ein schmerzloser Ikterus bestehen (Herold 2022).
Die Diagnosestellung erfolgt durch MRT und MRCP (Herold 2022) mit Biopsie (Kasper 2015).
Der an der Bifurkation gelegene Klatskin- Tumor ist häufig mit einer kollabierten Gallenblase verbunden. Dies erfordert die Darstellung des gesamten Gallengangs (Kasper 2015).
Bildgebung
Abdomensonographie
Die Abdomensonographie stellt meistens die erste Form der Untersuchung dar. Hierbei zeigen sich beim CCA erweiterte Gallengänge (Kasper 2015). Der Tumor selbst stellt sich meistens iso- bis hypoechogen dar (Leitlinienprogramm Onkologie 2022).
Bei Vorliegen solcher Veränderungen empfiehlt sich eine weitere apparative Abklärung per MRT, MRCP (Magnetresonanz- Cholangiopankreatikographie) oder einem Spiral- CT (Kasper 2015).
Computertomographie
In der CT zeigt sich eine hypodense Leberraumforderung, die in der nativen Phase unregelmäßige Ränder aufweist, in der arteriellen Phase einen hypervaskulären Saum und in der venösen Phase ein zunehmendes Enhancement (Leitlinienprogramm Onkologie 2022).
Bei der kontrastverstärkenden CT lassen sich allerdings nur begrenzt die Lage und Ausbreitung entlang der Gallengänge erkennen (Leitlinienprogramm Onkologie 2022).
MRT
Durch den der CT überlegenen Weichteilkontrast gilt die MRT als das bildgebende Verfahren der Wahl sowohl für die Diagnose als auch für das lokale Staging (Leitlinienprogramm Onkologie 2022).
ERCP
Mit Hilfe der invasiven Cholangiopankreatikographie ist es möglich:
- die Gallenwege zu definieren
- eine Biopsie zu entnehmen
- therapeutisch durch Einlegen von Stents die blockierten Gallenwege zu dekomprimieren (Kasper 2015)
Labor
Serologische Tumormarker sind beim CCA unspezifisch. Häufig findet sich eine Erhöhung von CEA, CA 19- 9 und CA- 125 (Kasper 2015).
Aus therapeutischen Gründen spielen Fusionen oder Rearrangements im Gen FGFR2 (Fibroblast Growth Factors 2) eine Rolle (Arnheim 2022).
Bei Patienten mi iCCA lassen sich in bis zu 20 % Mutationen in der IDH 1 (Isocitrat- Dehydrogenase 1) nachweisen (Arnheim 2021).
Histologie
Histologisch handelt es sich überwiegend um Muzin- produzierende (Kasper 2015) Adenokarzinome. Lediglich bei Auftreten im Kindesalter findet sich ein embryonales Rhabdomyosarkom (Herold 2022).
Der Tumor weist meistens eine positive Färbung für die Zytokeratine 7, 8 und 19 auf sowie eine negative für Zytokeratin 20 (Kasper 2015).
Die histologische Abgrenzung zu Metastasen aus Kolon- oder Pankreasprimärtumoren ist nicht möglich (Kasper 2015).
Differentialdiagnose
- In die Leber metastasierende Karzinome des Gastrointestinaltraktes (hierbei ist zu beachten, dass Metastasen in der Summe weitaus häufiger sind als CCAs (Leitlinienprogramm Onkologie 2022).
- Pankreaskopfkarzinom (Herold 2022)
Therapie allgemein
Die Therapie besteht in operativen Maßnahmen (s. d.).
Palliative Maßnahmen können beim hilären CCA bestehen aus:
- ERCP mit Stent- Einlage
- Radiofrequenzablation (RFA)
- fotodynamischer Therapie (Herold 2022):
Hierbei wird Natriumporfimer i. v. injiziert und mit einem Rotlichtlaser intraluminal photoaktiviert (Kasper 2015).
- Gallendrainage nach außen durch PTCD
- Chemotherapie mit Gemcitabin plus Cisplatin oder 5- FU (Herold 2022)
Interne Therapie
- Futibatinib
Der Tyrosinkinase- Inhibitor Futibatinib führt bei Patienten mit Fusionen oder Rearrangements im Gen FGFR2 (Fibroblast Growth Factors 2) laut neuester Studien von Arnheim (2022) zu einer hohen Ansprechrate von bis zu 40 %.
Preinfalk (2018) empfiehlt fakultativ nach einer R0- Resektion eine adjuvante Chemotherapie. Laut BILCAP- Studie zeigt sich mit Capecitabin erstmals die Evidenz einer adjuvanten Therapie (Preinfalk 2018).
Operative Therapie
Die operative Resektion stellt die einzige kurative Therapiemöglichkeit dar, allerdings ist diese – durch den relativ späten Zeitpunkt der Diagnosestellung - bei lediglich 10 – 20 % der Patienten möglich (Preinfalk 2018).
Die chirurgische Behandlung empfiehlt sich ausschließlich in entsprechend dafür eingerichteten Zentren (Herold 2022), da die chirurgische Therapie durch die engen anatomischen Gegebenheiten von Gallengangs- Bifurkation, Pfortader- Bifurkation und Leberarterien sehr anspruchsvoll ist (Stavrou 2014).
Sofern eine R0- Resektion möglich erscheint, sollte beim pCCA, dCCA und iCCA (Leitlinienprogramm Onkologie 2022) ein Resektionsverfahren in Form einer erweiterten Leberteilresektion, der sog. Trisektorektomie mit en- bloc- Resektion der extrahepatischen Gallengänge eventuell auch einer Pfortader- Teilresektion und Lymphknotendissektion erfolgen.
Im Rahmen der chirurgischen Exploration stellt sich aber lediglich bei etwa 50 % die Möglichkeit einer R0- Resektionen als praktikabel heraus (Herold 2022).
In Einzelfällen wird eine Lebertransplantation (Herold 2022) mit kombinierter Strahlentherapie durchgeführt (Kasper 2015). Allerdings sollte eine Transplantation für das iCCA nicht außerhalb von Studien erfolgen, da das iCCA aufgrund früher Tumorrezidive und schlechten 5- Jahresüberlebenschancen eine Kontraindikation für eine Lebertransplantation darstellt (Leitlinienprogramm Onkologie 2022).
Verlauf/Prognose
Insgesamt ist die Prognose des CCAs schlecht. Die mittlere Überlebenszeit liegt bei Inoperabilität zwischen 2 – 6 Monaten. Die 5- Jahres- Überlebensrate beträgt 5 – 10 % und hat sich seit 30 Jahren nicht verbessert (Preinfalk 2018).
Selbst nach einer R0- Resektion liegen die 5- Jahresüberlebensraten bei lediglich bis zu 30 % (Herold 2022).
Bei einer kombinierten Strahlentherapie mit Lebertransplantation liegt laut Kasper (2015) die 5- Jahresüberlebensrate bei bis zu 65 %.
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
- Arnheim K (2022) Fortgeschrittenes Gallengangskarzinom. Onkologische Welt 13 (04) 245
- Arnheim K (2021) Metastasierende Gallengangskarzinome: Zielgerichtete Therapieansätze als neue Hoffnung. Onkologische Welt 12 (02) 108 - 109
- Chaiteerakij R, Yang J D et al. (2013) Risk factors for intrahepatic cholangiocarcinoma: association between metformin use and reduced cancer risk. Hepatology 57 (2) 648 – 655
- Hauser H, Buhr H J, Mischinger H J (2016) Akutes Abdomen: Diagnose – Differentialdiagnose – Erstversorgung – Therapie. Springer Verlag Wien 193
- Herold G et al. (2022) Innere Medizin. Herold Verlag 569 – 570
- Kasper D L, Fauci A S, Hauser S L, Longo D L, Jameson J L, Loscalzo J et al. (2015) Harrison‘s Principles of Internal Medicine. Mc Graw Hill Education 552 – 553
- Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): Diagnostik und Therapie des Hepatozellulären Karzinoms und biliärer Karzinome Langversion 3.0, 2022, AWMF-Registernummer: 032/053OL https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/hcc-und-biliaere-karzinome/; Zugriff am [28.03.2023]
- Possinger K, Regierer A, Eucker J (2017) Facharztwissen Onkologie. Elsevier Urban und Fischer Verlag Deutschland
- Preinfalk A (2018) Prognostische Faktoren bei Patienten mit Gallengangskarzinomen – eine retrospektive Analyse aus einem universitären Zentrum. Dissertation zum Erwerb des Doktorgrades der Medizin an der Medizinischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität zu München
- Starvrou G A, Donati M, Faiss S, Jenner R M, Niehaus K J, Oldhafer K J (2014) Perihilar cholangiocarcinoma (Klatskin tumor). Chirurg 85 (2) 155 - 165
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