Synonym(e)
Definition
Als dendritische Zellen (von lat. dendriticus = „verzweigt“) werden hochspezialisierte Zellen des Immunsystems bezeichnet, die sich aus gemeinsamen CD34-positiven Vorläuferzellen des Knochenmarks entwickeln und sich durch eine gemeinsame Morphologie (sternförmige Struktur mit verzweigten Zell-Ausläufern) und eine gemeinsame Funktionalität (Antigenerkennung und Antigenpräsentation) kennzeichnen. Aus dem Knochenmark wandern ihre Vorläuferzellen (Monozyten) über den Blutstrom in die peripheren Gewebe und erfahren dort eine Differenzierung zu der finalen dendritischen Zelle.
Dendritische Zellen gehören zusammen mit Monozyten, Makrophagen und B-Lymphozyten zu den so genannten „professionellen“ antigenpräsentierenden Zellen (APC) des Immunsystems und kennzeichnen sich durch den Nachweis von MHC- (major histocompatibility complex) Moleküle der Klasse I und II auf ihrer Oberfläche.
Dendritische Zellen sind als einzige Zellen in der Lage, eine primäre Immunantwort zu induzieren. Sie werden in der Epidermis (Langerhans-Zelle), aber auch in lymphatischen und anderen nichtlymphatischen Geweben nachgewiesen, so im Pharynx, im oberen Anteil des Ösophagus, in der Vagina, der äußeren Cervix uteri und im Anus. Weiterhin sind sie sehr zahlreich in den Schleimhäuten des respiratorischen und gastrointestinalen Systems vertreten.
Die Langerhans-Zellen sind die dendritischen Zellen der mehrschichtigen Plattenmepithelien. Sie wurden von dem Pathologen Paul Wilhelm Heinrichl Langerhans in der Epidermis erstbeschrieben. Langerhans-Zellen exprimieren CD1a, CD207 (Langerin) und weisen elektronenmikr0skopisch Birbeck-Granula auf.
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Einteilung
Beim Menschen sind folgende Subpopulationen dendritischer Zellen (DCs) beschrieben:
- Plasmazytoide dendritische DCs (PDC: CD1a-/CD4+/CD11c-/CD123++), die von lymphoiden Vorläuferzellen abstammen.
- Myeloide dendritische DCs (MDC), die von myeloiden Vorläuferzellen abstammen. Die MDCs lassen sich anhand von Oberflächenmarkern unterteilen in:
- MDC1 (CD1a+/CD4+/CD11c++/CD123+DCs
- MDC2 (CD1a-/CD4+/CD11c+/CD123-DCs
Weitere Spezifizierungen bei dendritischen Zellen:
- Plasmazytoide dendritische Zellen (pDC) sind ein relativ seltener Typ dendritischer Zellen im Blut und in den peripheren Lymphorganen. Sie exprimieren die OberflächenmarkerCD4+/CD123++, jedoch weder CD11c noch CD14. Als Teil des angeborenen Immunsystems exprimieren sie die Toll-like Rezeptoren TLR-7 und TLR-9. Nach Aktivierung schütten pDCs große Mengen an TypI-Interferonen (IFN-α und IFN-β) aus. Während einer HIV- oder HCV-Infektion verringert sich die Anzahl zirkulierender pDCs.
- Dermale (myeloide) dendritische Zellen exprimieren im Gegensatz zu plasmazytoiden dendritischen Zellen, CD11c und CD33 sowie größere Mengen an MHC II, nicht jedoch CD123. Der charakteristischste Marker für DDCs ist der Marker CD1c (BDCA1). Hingegen ist das auf Langerhans-Zellen stark exprimierte CD1a nur schwach vertreten. Dermale (myeloide) dendritische Zellen sind je nach Art der antigenen Stimulierung potente Produzenten von TNF-alpha und Interleukin-12 oder Interleukin-23.
- Inflammatorische dendritische Zellen leiten sich von CD14+ Monozyten und z.T. von den dendrischen Zellen des peripheren Blutes ab. Inflammatorische dendritische Zellen entstehen reaktiv bei einer akuten oder chronischen Inflammation des Gewebes. Sie wandern zunächst aus dem Blut in das läsionale Gewebe ein. Dort nehmen sie die Eigenschaften von dendritischen Zellen an. In gesundem, nicht-entzündetem Gewebe fehlen IDCs gänzlich. IDCs wandern später aus dem entzündeten Gewebe in die drainierenden lymphatischen Organe, und präsentieren dort Antigene naiven T-Zellen.
- CD141 positive dendritische Zellen: Die CD141+ dendritische Zelle, auch CD14+DC genannt, halten sich im zirkulierenden peripheren Blut auf. Sie reagieren mit dem Antikörper BDCA-3, der gegen das CD141-Antigen (= Thrombomodulin) gerichtet ist. Thrombomodulin ist ein Protein das in der Endothelzelle als transmembraner Rezeptor für Thrombin fungiert. Thrombomodulin reguliert (verhindert) die Gerinnung innerhalb eines nicht verletzten (physiologischen) Gefäßes.
- CD1c positive dendritische Zelle: Die CD1c+ dendritische Zelle, auch CD1c+DC genannt, ist vor allem in der Submukosa der leitenden Atemwege von der Alveole bis hin zur Trachea zu finden. CD1c+ dendritische Zellen sind nachweisbar auch im Lungeninterstitium und in der broncho-alveolären Lavageflüssigkeit. Das CD1c -Protein gehört, wie die anderen Mitglieder der CD1-Familie, zu den MHC-I-artigen Proteinen und weist auch strukturelle Ähnlichkeiten mit diesem Molekül auf. FormularbeginnCD1c(+) dendritische Zellen sind den Langerhans-Zellen immunologisch und auch morphologisch ähnlich. Sie exprimieren wie Langerhans-Zellen Langerin, EpCAM und E-Cadherin. Morphologisch sind ebenfalls Birbeck Granula nachweisbar (Milne P et al. 2014). Sie spielen eine wesentliche Rolle in der Pathogenese der COPD und des Asthma bronchiale (Tsoumakidou M et al. 2014).
- CD1a+ dendritische Zelle: CD1a+ dendritische Zellen (s.u. CD1a), auch CD1a+DC genannt, sind Langerin exprimierende dendritische Zellen (DCs), die neben der CD1a-Expression noch ein weiteres Spezifikum der Langerhans-Zelle, Birbeck-Granula, ausbilden. Sie sind in den leitenden Atemwegen, nicht jedoch im Lungeninterstitium, aber auch in lymphatischem Gewebe und in der Decidua (u.a. Geweben) lokalisiert. Ihre weitere topographische Verteilung wie auch ihre spezifische funktionelle Bedeutung (funktionelle Abgrenzung zu den Langerhans-Zellen der Haut) ist noch weitgehend unbekannt.
Allgemeine Information
Dendritische Zellen als Vermittler von Immunität: Dendritische Zellen können mit Hilfe ihrer sternförmig verzweigten Ausläufer größere Gewebeareale effektiv nach Antigenen der unterschiedlichsten Art abscannen. Als unreife DCs nehmen sie fortwährend Antigene aus der Umgebung über Phagozytose und Pinozytose auf (Selbstantigene und Antigene von Mikroorganismen) und prozessieren diese in lysosomalen Kompartimenten in kleine Peptidfragmente, um sie auf der Oberfläche in Kooperatioon mit MHC-Klasse-I- und MHCKlasse- II-Moleküle dem Immunsystem zu präsentieren. Im unreifen, nicht aktivierten Stadium exprimieren die dendritischen Zellen nur geringe Mengen an MHC-Klasse-I-/ MHC-Klasse-II- und kostimulatorischen Molekülen. Durch den Kontakt mit bestimmten Antigenen oder inflammatorisch wirkenden Zytokinen und Chemokinen werden dendritische Zellen zur Reifung stimuliert. Während dieses Prozesses erhöhen die dendritischen Zellen die Expressionsrate von MHC und kostimulierenden Molekülen (z.B. CD40, CD80, CD86). Weiterhin sezernieren sie proinflammatorische und antivirale Zytokine (z.B. IL-12). Diese Zytokine dienen der Aktivierung naiver T-Zellen. Nur eine einzige dendritische Zelle ist notwendig, um 100 bis 3000 Antigen-spezifische T-Zellen zu aktivieren. Dendritische Zellen sind somit deutlich effizienter als andere antigenpräsentierenden Zellen (z.B. Monozyten oder B-Lymphozyten), was auch darauf zurückzuführen ist, dass sie in der Lage sind die 10- bis 100-fache Menge an MHC-Peptid-Komplexe an ihrer Oberfläche präsentieren als diese Zellen.
Vermittler von Toleranz (s.u. Immuntoleranz): Welche Zytokine letztlich freigesetzt werden, ist davon abhängig, welche Mustererkennungsrezeptoren der dendritischen Zellen durch den Antigenkontakt aktiviert wurden. Für die Funktionalität des Organismus ist es von großer Bedeutung, dass die von den dendritischen Zellen induzierte Immunantwort reguliert bleibt (nicht außer Kontrolle gerät), sich z.B. nicht gegen Selbst-Epitope des Organismus richtet. Bei diesen Auto-Antigenen handelt es sich v.a. um Proteine von körpereigenen Zellen, die z.B. im Rahmen physiologischer Zellumbauprozesse in die Apoptose getrieben werden. Solche apoptotischen Zellen sind eine stetige und "zufällige" Resource für Selbst-Antigene. Sie sind für die Aufrechterhaltung der "Selbsttoleranz" von eminenter Bedeutung. Dendritische Zellen, die derartige körpereigene Antigene aufgenommen haben, wandern ebenfalls in die sekundären lymphatischen Organe und stimulieren dort T-Zellen. Abhängig vom Differenzierungstadium der dendritischen Zellen, resultiert diese Art der Stimulierung aber nicht in einer (Auto-) Immunreaktion, sondern in Apoptose, Anergie oder in der Entwicklung regulatorischer T-Zellen (Tregs) die keine pro-, sondern antiinflammatorische Zytokine (z.B. IL-10) produzieren.
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
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