Strophulus infantum L28.22

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

Alle Autoren dieses Artikels

Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

This article in english

Synonym(e)

Akute Prurigo; Lichen simplex acuta; LIchen simplex acuta; Lichen simplex acutus; Lichen urticatus; Lichen urticatus infantum; Papular urticara; Prurigo acuta des Kindes; Prurigo simplex acuta Brocq; Prurigo simplex acuta infantum; Strophulus infantum; Urticaria chronica infantum; Urticaria papulosa infantum

Definition

Mit urtikariellen Papeln, manchmal auch mit Bläschen einhergehende, schubweise verlaufende, heftig juckende Hauterkrankung des Kindesalters. Häufig findet man ein Nebeneinander von unterschiedlichen Effloreszenzen. Ein Pendant beim Erwachsenen ist nicht bekannt. Es sollte daraufhingewiesen, dass dieses Krankheitsbild mit der Prurigo des Erwachsenen bis auf den Juckreiz nichts gemein hat. 

Ätiopathogenese

Insektenstiche, vor allem von Arthropoden wie Milben und Flöhen, insgesamt gesteigerte Reaktivität gegenüber exogenen Faktoren. Früher wurde diskutiert: Überfütterung der Kinder (Schokolade, Konfitüren),  Nahrungsmittelallergie, unerwünschte Arzneimittelreaktion, Zahndurchbruch, Stress.

Manifestation

Im frühen Kindesalter, meist innerhalb der ersten 6 Lebensjahre auftretend, am häufigsten zwischen dem 2. und 3. Lebensmonat; saisonal gehäuft vor allem im Frühjahr und Sommer (Gipfel zwischen Mai/Juni - Fleck M 1959) .

Lokalisation

V.a. Extremitäten, Stamm und Gesäß sind befallen; das Gesicht ist eher selten betroffen, die behaarte Kopfhaut bleibt ausgespart. Ebenso frei bleiben die Schleimhäute. 

Klinisches Bild

Von einem roten, elevierten Hof umgebene, juckende, disseminiert oder gruppiert stehende kaum linsengroße, derbe, nicht konfluierte Papeln, daneben bis fingernagelgroße Quaddeln.

Ausbildung zentraler Bläschen, Erosionen und Verkrustungen.

Selten große Blasen (Strophulus bullosus).

Häufig werden die Papeln zerkratzt. Dementsprechend  läsionale Krustenbildung. Abheilung unter Hinterlassung eines de- oder hyperpigmentierten Flecks. Selten sind läsionale Närbchen. 

Da der Verlauf schubweise ist, kann ein polymorphes Bild entstehen mit älteren und frischen Effloreszenzen. 

Histologie

Intraepidermales, häufig subkorneales, spongiotisches Bläschen, Papillarkörperödem. Lymphozytäres evtl. auch eosinophiles perivaskuläres Infiltrat. 

Differentialdiagnose

Varizellen: im Gegensatz zu den Varizellen findet sich keine Beteiligung des Kapillitiums und der Mundschleimhaut

Skabies: keine Gangstrukturen nachweisbar 

Trombidiose: Befall der frei getragenen Hautpartien

Komplikation(en)

Sekundärinfektion.

Therapie allgemein

Wichtig ist die Behandlung der Haustiere, insbes. von Hunden, Katzen und Vögeln. Hunde und Katzen können gefahrlos mit Malathion (z.B. Organoderm Lösung), Pyrethroiden (z.B. Goldgeist forte) oder Pyrethrin (z.B. Spregal) behandelt werden.

Therapie in wöchentlichen Abständen insgesamt 3mal wiederholen. Ivermectin (300 μg/kg KG s.c.) ist bei Tieren erfolgreich.

Lager der Tiere entsorgen.

Raumdesinfektion.

Einsatz von Repellentien.

Externe Therapie

Lotio alba ggf. mit Zusatz von 1-5% Polidocanol R200 oder 0,5% Hydrocortison-Gel R124 1-2mal tgl. dünn auftragen. Bewährt haben sich ebenfalls Crotamiton-haltige Externa als Lotio oder Gel (z.B. Eraxil Lotio, Crotamitex Gel).

Interne Therapie

Bei starkem Juckreiz passagere Einstellung auf ein orales Antihistaminikum wie Desloratadin (z.B. Aerius Sirup): Kinder zw. 2 u. 5 Jahren: 1mal/Tag 2,5 ml p.o.; Kinder zw. 6 u. 11 Jahren: 1mal/Tag 5 ml; Erwachsene u. Jugendliche > 12 Jahre: 1mal/Tag 10 ml p.o. Alternativ: Dimetinden (z.B. Fenistil Tropfen) Kinder (1-8 J.) 3mal/Tag 10-15 Tropfen.

Verlauf/Prognose

Rezidivierender oder chronischer Verlauf sind möglich. Gewöhnlich verschwindet die Erkrankung zwischen dem 3. und 5. Lebensjahr (M. Fleck 1959). 

Hinweis(e)

Ursprünglich wurden die Effloreszenzen als "Seropapeln" beschrieben. Die exakte Definition einer Seropapel fehlt. Auf diese Begrifflichkeit kann verzichtet werden. 

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Dominguez-Amorocho O et al. (2013) Differences in systemic and skin migrating-specific CD4 T cells in papular urticaria by flea bite. Int Arch Allergy Immunol 160:165-172
  2. Fleck M (1959) Urticaria, Strophulusangioneurotisches Ödem, Dermographismus. In: Gottron HA et al. Dermatologie und Venerologie.  Georrg Thieme Verlag Stuttgart Bd. III/1 S. 265   
  3. Halpert E et al. (2017) Prevalence of papular urticaria caused by flea bites and associated factors in
    children 1-6 years of age in Bogotá, D.C. World Allergy Organ J 10:36. 
  4. Kar S et al. (2013) Epidemiological study of insect bite reactions from central India. Indian J Dermatol 58:337-341
  5. Manzotti G et al.(2011) Chronic papular urticaria due to pigeon ticks in an adult. Eur J Dermatol 21:992-993

 

Disclaimer

Bitte fragen Sie Ihren betreuenden Arzt, um eine endgültige und belastbare Diagnose zu erhalten. Diese Webseite kann Ihnen nur einen Anhaltspunkt liefern.

Abschnitt hinzufügen

Autoren

Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024