Synonym(e)
Definition
Häufigstes, primäres kutanes B-Zell-Lymphom (indolenter, niedrig-maligner Charakter), ausgehend von neoplastischen Follikel-Zentren. Das Lymphom besteht im Allgemeinen aus einem Gemisch von Zentrozyten (kleine und mittelgroße Zellen mit einem eingekerbten Kern) und Zentroblasten (große Zellen mit großen hellen, nicht-gekerbten Kernen und prominenten Kernkörperchen), die ein follikuläres, ein gemischt follikulär/diffuses oder ein diffuses Wachstumsmuster aufweisen können.
Vorkommen/Epidemiologie
Absolut gesehen sind die primär kutanen follikulären B-Zell-Lymphome (PCBCL) selten, obwohl sie unter den primär kutanen B-Zell-Lymphomen (PCBCL) die weitaus größte Gruppe bilden (40-70% dieser Gruppe).
Für die Gesamtzahl an primär kutanen und nicht-kutanen follikulären B-Zell-Lymphomen wird eine Inzidenz von 4/100.000/Jahr angegeben (s.u. Follikuläres Lymphom). Der Anteil der primär kutanen B-Zell-Lymphome liegt in größeren B-Zell-Lymphom-Kollektiven bei etwa 1% (Kim et al. 2015).
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Ätiopathogenese
Der Ursprung des follikulären Lymphom liegt in den B-Zellen der Keimzentren. Bei etwa 90% der Patienten ist eine balancierte Translokation zwischen dem Immunoglobulin-Schwerketten-Gen auf Chromosom 14 und dem Bcl-2 Gen auf Chromosom 18 nachweisbar. Die t(14;18)(q32;q21) führt zur Überexpression des intakten Bcl-2 Proteins und damit zur Hemmung der Apoptose. Diese Konstellation bedingt eine längere Überlebenszeit der transformierten Zellen und ihre langsame Akkumulation in lymphatischen Geweben.
Etwa 70% der bekannten t(14;18)(q32;q21)-Translokationen finden sich in der Major Breakpoint Region (MBR) des Bcl-2 Lokus, 10-15% in der minor breakpoint region (mbr) des Bcl-2 Lokus ((Huet S et al. 2018). Bemerkung: Die Bcl-2 Translokationen sind charakteristisch, aber nicht spezifisch für das follikuläre Lymphom. Sie können auch in niedriger Frequenz bei Gesunden (Knochenmark, Lymphknoten) nachgewiesen werden. Weiterhin ist diese Translokation ein Merkmal des diffusen großzelligen B–Zell-Lymphoms (DLBCL) in Knochenmark und lymphatischem Gewebe nachgewiesen.
Lokalisation
Rumpf, Capillitium, Gesicht (> 90%), selten an den Extremitäten (DD: kutanes Marginalzonenlymphom).
Klinisches Bild
Meist solitäre, seltener multiple, diffus angeordnete oder gruppierte, 3,0-5,0 cm (im Durchmesser) große, rote oder braun-rote, symptomlose Plaques oder Knoten mit glatter Oberfläche. Keine Tendenz zur Ulzeration.
Eine besondere Variante stellt das sog. "Crosti-Lymphom" dar. Hier kommt es zu großflächigen Plaques am Rücken.
Histologie
Dichte knotige oder diffuse Infiltration von Dermis und Subkutis. Deutliche Orientierung an den Adnexstrukturen mit subepidermal freier Zone (freie Grenzzone). Keine Epidermotropie. Ein deutliches follikuläres Muster wird v.a. bei Lokalisation am Kopf beobachtet. Zytomorphologisch finden sich kleinere Zellen mit deutlich gekerbten Kernen und zahlreichen Granula (Merkmale der Zentrozyten) sowie größere Zellen mit großen runden Kernen sowie einem oder mehreren prominenten Nukleoli (Merkmale der Zentroblasten). Das Infiltrat wird ergänzt von Immunoblasten (große Kerne mit zentralem Nukleolus), kleinen Lymphozyten, Histiozyten, selten eosinophilen Granulozyten und Plasmazellen. Insbes. bei frühen Läsionen finden sich zahlreiche reaktive T-Zellen.
Mit der Progression des Tumors werden follikuläre Strukturen seltener exprimiert, die Anzahl der reaktiven T-Zellen ist relativ vermindert. Es überwiegen eher monomorphe Populationen großer Keimzentrumzellen.
Immunhistologie: Expression B-Zell-assoziierter Antigene: CD19, CD20, CD79a. Bei follikulären Strukturen: Expression von CD10; außerdem BCL6, CD21 (dendritische Retikulumzellen).
PCR: in etwa 70% der Fälle Nachweis der klonalen Tumorzellpopulation mit monoklonalem Rearrangement der Gene für die schwere Kette der Immunglobuline.
Zytogenetisches Merkmal des systemischen follikulären Lymphoms ist in bis 90% der Fälle die chromosomale Translokation t(14;18) (q32;q21). Diese Translokation wird bei den primär kutanen follikulären Lymphomen nur in einer Minderzahl gefunden (!). Bei der chromosomalen Translokation kommt es zu einer Überexpression von Bcl-2 einem antiapoptotischen Onkogens.
Differentialdiagnose
Klinische Differenzialdiagnosen: S.u. Lymphom, kutanes B-Zell-Lymphom.
Histologische Differenzialdiagnosen:
- Lymphom, kutanes B-Zell-Lymphom, Marginalzonenlymphom: Das histopathologische Muster zeigt reaktive Keimzentren, umgeben von neoplastischen Marginalzonenzellen (Zentrozyten-artige Zellen), lymphoplasmazytoiden Zellen und Plasmazellen.
- Das nicht follikuläre noduläre (zytische) Mantelzell-Lymphom
- Pseudolymphome (Typ Lymphadenosis cutis benigna).
Therapie
Grundsätzlich werden die follikulären Lymphome als Lymphome mit exzellenter Prognose angesehen.
- Bei Patienten mit "low burden follicular lymphoma", also nur wenigen HV und fehlenden sonstigen klinischen Symptomen kann in Abstimmung mit dem Patienten eine "wait and see" Strategie verfolgt werden. Chemotherapien in diesem Stadium sind nicht empfehlenswert.
- Alternativ: In einer großen Studie an 384 Patienten (RESORT) konnte gezeigt werden, dass der frühzeitige Einsatz von Rituximab gegenüber der "wait and see"-Gruppe überlegen war (time to treatment failure).
- Alternativ: Patienten mit solitären oder wenigen (< 10) Läsionen können entweder operativ oder (lokal) strahlentherapeutisch behandelt werden.
- Rezidive sind nicht in jedem Fall ein Zeichen der Tumorprogression. Insofern können sie ebenfalls lokaltherapeutisch angegangen werden.
- Bei Patienten mit fortgeschrittenen follikulären Lymphomen empfiehlt sich eine Standardchemotherapie nach dem CHOP-Schema oder R-CHOP-Schema ( Rituximab + CHOP). Unter R-CHOP kann die Zeit bis zum Therapieversagen (TTF) laut Studien deutlich verlängert werden.
- Alternativ: CVP (Cyclophosphamid, Vincristin, Prednison) oder R-CVP (Rituximab + CVP). Auch hier ist die Kombination R-CVP überlegen, die Zeit bis zur Progression (TTP) verlängert sich laut Studien um 20 Monate.
- Bei Patienten mit multiplen Läsionen wurden gute Resultate mit systemisch oder intraläsional applizierten Anti-CD20-Ak (Rituximab) erzielt.
Verlauf/Prognose
Bei negativer Knochenmarkinfiltration ergibt sich eine exzellente Prognose mit einer 5-Jahres-Überlebensrate von 95%. Bei nachweisbarer Knochenmarkinfiltration sinkt die 5-Jahresüberlebensrate auf 63%. Bemerkenswerterweise verschlechtert sich die Prognose bei Lokalisation am Bein deutlich (5-Jahres-Überlebensrate von nur noch 40% - Senff 2007-). Die Ursache hierfür ist unklar.
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
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- Nicolay JP (2016) B-Zell-Lymphome der Haut - Pathogenese, Diagnostik und Therapie. J Dtsch Dermatol Ges 14:1207-1225.
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Verweisende Artikel (17)
Brill-Symmers Krankheit; Brill-Symmers, M.; Crosti-Lymphom; FISH-Analyse; Follikuläres B-Zell-Lymphom der Haut ; Follikuläres Lymphom der Haut; Keimzentrumslymphom; Kutanes Keimzentrumslymphom; Lymphadenopathie, dermatopathische; Lymphadenopathie, großfollikuläre; ... Alle anzeigenWeiterführende Artikel (14)
BCL6; CD10; CD19; CD20; CD21; CD79a; CHOP-Schema; Follikuläres Lymphom; Lymphadenosis cutis benigna; Onkogene; ... Alle anzeigenDisclaimer
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