Anaplastisches großzelliges Lymphom ALK-positiv (ALCL, ALK+) C84.6

Zuletzt aktualisiert am: 23.08.2024

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Erstbeschreiber

Stein H, 1985

Die Klonierung von ALK im Jahr 1994 war bahnbrechend für weitere Lymphom-Studien. Erstmals war man in der Lage Mechanismen aufzuklären, die das ALK-Onkogen in der Lymphomentstehung beisteuert. Basierend auf der ALK-Expression werden zwei Subklassen von ALCL definiert, welche signifikant unterschiedliche klinisch-pathologische Eigenschaften aufweisen.

Definition

Das anaplastische, großzellige Lymphom (ALCL) ist ein seltenes, aggressives, CD30-positives Non-Hodgkin-Lymphom, das gehäuft im Kindes- und frühen Erwachsenenalter auftritt (Hapgood G et al. 2015).

Einteilung

In der WHO-Klassifikation der peripheren T-Zell-Lymphome von 2017 werden die ALK - rearrangierten Lymphome aufgrund ihrer klinisch-pathologischen Charakteristika in einer eigenständigen Gruppe als „ALK+ ALCL“ (ALK=Anaplastisches Lymphom-Kinase) geführt und von den „ALK- ALCL“ unterschieden. Primär kutane ALCL: Weiterhin wird eine Gruppe mit primär kutanen ALCL (cALCL) abgegrenzt (Stein H et al. 2000; Onaindia A et al. 2015).

Die primär kutanen ALCLs sind in fast allen Fällen ALK-negativ und präsentieren sich als lokalisierte oder solitäre, häufig ulzerierte Hauttumoren mit zumeist günstiger Prognose (s.a. Primär kutanes CD30 positives anaplastisches großzelliges T-Zell Lymphom).

Vereinzelt können ALK-ALCL auch primär im ZNS oder intestinal auftreten (Magaki S et al. 2021).  

Eine weitere noch provisorische Entität stellt das seltene „Brustimplantat“-assoziierte ALCL (biALCL) dar (Parrilla Castellar ER et al. 2014).

Ätiopathogenese

ALCL ist mit der NPM-ALK t(2;5)-Translokation assoziiert, die in hohem Maße mit dem Nachweis des ALK-Proteins durch Immunhistochemie korreliert.

Bei Kindern zeigen > 90 % der Fälle die Translokation des ALK-Gens auf Chromosom 2p23. Der häufigste Translokationspartner, Nucleophosmin (NPM) ist auf Chromosom 5q35 lokalisiert (Benharroch D et al. 1998). Im Erwachsenenalter sind nur ca. 40–50 % der Fälle mit einem ALK-Rearrangement assoziiert.

Ätiopathogenese

ALCL zeigen typischerweise flächige Verbände von großen Tumorzellen, wobei eine sinusoidale Ausbreitung mit perivaskulärer Akzentuierung charakteristisch ist. Zytologisch weisen ALK+ ALCL eine heterogene zelluläre Zusammensetzung auf: Etwa 60 % der Fälle zeigen einen reinen „Common“-Subtyp mit kohäsiv gelagerten Tumorzellen, welche exzentrische, teils nierenförmige Zellkerne besitzen; zusätzlich zeigen sie eine typische paranukleäre eosinophile Aufhellung. Diese Zellen sind sogenannte „Hallmark Cells“ und sollten in allen morpho­logischen Varianten identifiziert werden können (Irshaid L et al. 2020).

Als morphologische Varianten finden sich als häufigste Varianten der lymphohistiozytäre und der Hodgkin-artigen Typus. In 5-10% der Fälle findet sichein kleinzelliger Typus (5–10 %), ein Kombinationstypus in 20% der Fälle.

Die kleinzellige Variante ist zumeist durch kleine, monomorphe Zellen charakterisiert. Diese Variante ist die am häufigsten als peripheres T-Zell-Lymphom (PTCL) fehldi­agnostizierte Variante. Bei 1/5  der Fälle zeigt sich eine Kombination aus mehreren unterschiedlichen Mustern.
ALK-negative ALCL sind rein morphologisch nicht von ALK+ ALCL zu unterscheiden. Jedoch kommt eine kleinzellige Variante hierbei nicht vor.

Manifestation

Im Kindes- und frühen Erwachsenenalter machen die Anaplastischen großzelligen Lymphome 10–15 % aller NHL aus; im Erwachsenenalter betreffen sie etwa 1–2 % der Non-Hodgkin-Lymphome.

Klinisches Bild

Systemische ALCLs werden klinisch oft erst in einem höheren klinischen Stadium (III und IV) diagnostiziert. Sie kennzeichnen sich klinisch durch eine häufig auftretende B-Symptomatik. Extranodale Infiltrate (Haut, Leber, Lunge, Weichteile, Knochen) sind in vielen Fällen bereits von Anfang an vorhanden. Eine Knochenmarkinfiltration ist selten (ca. 15 %). Sie ist häufig nur sehr diskret ausgeprägt und wird manchmal erst immunhistologisch detektiert.

Therapie

Standard-Erstlinientherapie für systemisches ALCLs:  Die auf Anthrazyklinen basierende Therapieschemata wie Cyclophosphamid, Doxorubicin, Vincristin und Prednison (CHOP) sind Standard-Erstlinientherapie des systemischen ALCL. In versch. Studien für jüngere (<60 Jahre) Patienten kann eine Gesamtüberlebensraten nach 5 Jahren von 90% erreicht werden.

ALK- ALCL: Bei dieser Variante ist  Bei vielen Patienten mit ALK- ALCL ist die auf Anthrazyklinen basierende Chemotheapie unwirksam (Hapgood G et al. 2015). so dass sie oft von einer konsolidierenden autologen Stammzelltransplantation ergänzt werden muss (Parrilla Castellar ER et al. 2014). Die Auswahl geeigneter Patienten für eine intensivierte Therapie bleibt jedoch eine Herausforderung, insbesondere angesichts der genetischen und klinischen Heterogenität sowie des Aufkommens neuer, wirksamer Therapien. Das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Brentuximab Vedotin ist durch eine hohe Ansprechrate (86 %) gekennzeichnet (Hapgood G et al. 2015). 

Strahlentherapie: Die Indikation für eine Strahlentherapie ist dem Einzelfall anzupassen.  

Verlauf/Prognose

ALK+ ALCL tritt typischerweise bei jüngeren Patienten auf und hat eine günstigere Prognose mit 5-Jahres-Überlebensraten von 70 % bis 90 % im Vergleich zu 40 % bis 60 % bei ALK-negativem (ALK-) ALCL (Hapgood G et al. 2015; Parrilla Castellar ER et al. 2014).

Hinweis(e)

Die prognostisch wichtige Rearrangements von ALK, DUSP22 und TP63 können mittels IHC und FISH nachgewiesen werden. Die Aufklärung genetischer Veränderungen mit Detektion von Non-ALK-Kinase-Genen in ALK-negativen ALCL, die zu einer Aktivierung von STAT3 führen, erlaubt zukünftig innovative Therapieansätze in den klinisch bisher teilweise ungünstig verlaufenden ALK-negativen ALCL.

Literatur
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  1. Benharroch D et al. (1998) ALK-positive lymphoma: a single disease with a broad spectrum of morphology. Blood 91:2076-2084.
  2. Falini B (2001). Anaplastic large cell lymphoma: pathological, molecular and clinical features. Br J Haematol114:741-60.
  3. Hapgood G et al. (2015) The biology and management of systemic anaplastic large cell lymphoma. Blood 126:17-25.
  4. Irshaid L et al. (2020) ALCL by any other name: the many facets of anaplastic large cell lymphoma. Pathology 52:100-110.
  5. Laurent C et al. (2012) Circulating t(2;5)-positive cells can be detected in cord blood of healthy newborns. Leukemia 26:188-190.
  6. Magaki S et al. (2021) Central nervous system ALK-negative anaplastic large cell lymphoma with IRF4/DUSP22 rearrangement. Brain Tumor Pathol doi: 10.1007/s10014-021-00415-0
  7. Onaindia A et al. (2015) Primary cutaneous anaplastic large cell lymphomas with 6p25.3 rearrangement exhibit particular histological features. Histopathology 66: 846-55. 
  8. Parrilla Castellar ER et al. (2014) ALK-negative anaplastic large cell lymphoma is a genetically heterogeneous disease with widely disparate clinical outcomes. Blood 124:1473-1480.
  9. Stein H et al. (2000) CD30(+) anaplastic large cell lymphoma: a review of its histopathologic, genetic, and clinical features. Blood 96:3681-3695.
  10. Xue YN et al. (2021) Primary cutaneous anaplastic large-cell lymphoma with 6p25.3 rearrangement exhibits a biphasic histopathologic pattern: Two case reports and literature review. J Cutan Pathol 48:1463-1470. 
  11. Zhang Y et al. (2021) Primary cutaneous anaplastic large-cell lymphoma with DUSP22-IRF4 rearrangement following insect bites. J Cutan Pathol doi: 10.1111/cup.14147.

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