Definition
Ausdifferenzierte Form von B-Lymphozyten und Ort der Synthese von Immunoglobulinen. Antikörper-produzierende Plasmazellen sind zusammen mit den klassischen Gedächtnis-B-Zellen der zentrale Bestandteil der humoralen Immunität. So produzieren Plasmazellen in ihrem sehr ausgeprägten und erweitertem Retikulären Endoplasmatischen Retikulum (RER) bis zu 2000 Antikörper pro Sekunde, die durch das Zytoplasma transportiert und über elektronenmikroskopisch nicht erkennbare membranständige Transportproteine aus der Zelle ausgeschleust werden. Anschließend gehen sie in Apoptose.
Allgemeine Information
Plasmazellen befinden sich überwiegend im Bindegewebe und nur sehr selten im Blut. Mit füßchenförmigen Zellfortsätzen (Pseudopodien) können sie sich als freie Bindegewebszellen durch das Bindegewebe und durch Blutgefäßwände bewegen (Diapedese). Plasmazellen haben meist Durchmesser von 10-20 µm und eine länglich ovale oder runde Form. Morphologisch imponiert insbes. der zentrale große Nucleolus mit von dort zu den Kernporen radspeichenartig angeordnetem Euchromatin und am Rand der Kernmembran angeheftetem Heterochromatin ("Radspeichenkern"). Da Plasmazellen keine membranständigen Immunglobuline exprimieren, interagieren sie nicht direkt mit anderen Immunzellen.
Pathophysiologie
Antikörper-produzierende Plasmazellen entstehen aus B-Zellen nach Aktivierung durch ein Antigen und durchlaufen dabei einen speziellen zellulären Restrukturierungsprozess, der v.a. durch das B-Lymphozyten-induzierte Reifungsprotein-1, kurz Blimp1, einen Transkriptionsfaktor gesteuert wird.
Aus diesem Prozess gehen entweder kurzlebige IgM-produzierende Plasmazellen oder langlebige Plasmazellen hervor, die z. B. IgG produzieren.
Langlebige Plasmazellen benötigen zum Überleben den Kontakt zu sogenannten „Überlebensnischen“, die durch Stromazellen und weitere zelluläre und lösliche Komponenten im Knochenmark ausgebildet werden. Zum Verständnis der Plasmazell-Reifung ist eine genaue Analyse der Differenzierungsschritte von frühen Plasmazell-Vorläufern, den sogenannten Plasmablasten, bis hin zu reifen Plasmazellen unerlässlich.
Antikörper-produzierende Plasmazellen entstehen aus B-Zellen nach Kontakt mit Antigen. B-Zellen tragen im Gegensatz zu Plasmazellen membranverankerte „Antikörper“, B-Zell-Rezeptoren (BZR). Nach Bindung eines Antigens an seinen spezifischen Rezeptor (BZR) durchläuft die aktivierte B-Zelle während ihrer Differenzierung in eine Antikörper-sezernierende Plasmazelle eine komplexe Umstrukturierung. Diese führt dazu, dass sich die B-Zelle deutlich vergrößert. Ihr Endoplasmatisches Retikulum (ER) expandiert und wird zu einer Produktionsstätte für die Generierung und Sekretion von Antikörpern umfunktioniert. Die Umwandlung einer B-Zelle in eine Plasmazelle wird durch ein komplexes Netzwerk an Transkriptionsfaktoren kontrolliert.
Ein Schlüsselfaktor ist hierbei der Transkriptionsfaktor Blimp1 (B lymphocyte-induced maturation protein 1). Blimp1 wird in aktivierten B-Zellen hochreguliert und leitet durch die Repression B-Zell-typischer Faktoren wie Bcl6, PAX5, p53 die Umleitung in den Plasmazellpfad ein (Nutt SL et al. 2015; Wilmore JR et al. 2017). Als Folge der Inhibition von PAX5 kommt es zu einer Herunterregulierung von wichtigen Oberflächenrezeptoren (z. B. CD19, CD20, CD22) und Signalmolekülen, zum Verlust der B-Zell-Identität und zur Manifestierung der Plasmazell-Identität (Tellier J et al. (2017).
Je nach Art des Antigens und der Aktivierung können kurzlebige IgM-produzierende Plasmazellen oder langlebige Plasmazellen, die entweder IgG, IgA oder IgE produzieren, gebildet werden. Erhält eine durch Antigen aktivierte B-Zelle die entsprechende T-Zell-Hilfe, beginnt sie zu proliferieren, und die klonal expandierten B-Zellen bilden ein Keimzentrum aus.
Dort kommt es zur „somatischen Hypermutation“ der Exons, die für die variablen Domänen des Antigen-BZR kodieren, und zum Wechsel der konstanten Region der schweren Kette des B-Zell-Rezeptors (BZR). Beide Prozesse werden durch das Enzym „Activation-induced-cytidine-deaminase", AID vermittelt.
Hypermutierte Keimzentrums-B-Zellen mit hochaffinen Antigen-BZR werden selektioniert und können entweder in Gedächtnis-B-Zellen oder frühe, sich teilende Plasmazell-Vorläufer (sogenannte Plasmablasten) differenzieren. Die frühen Plasmazellen können dann in sog. „Überlebensnischen“ (z. B. im Knochenmark) einwandern und sich zu langlebigen, nicht proliferierenden Plasmazellen entwickeln (Manz RA et al. 1997; Yoshida Tet al. 2010). Langlebige Plasmazellen tragen durch die kontinuierliche Produktion protektiver Antikörper zum Schutz gegen erneute Infektion maßgeblich bei und bilden somit einen wichtigen Bestandteil des humoralen Immun-Gedächtnisses. So findet man beim Menschen nach einer Vakzinierung noch jahrelang Antikörper gegen das entsprechende Immunogen im Blut (Amanna IJ et al. (2007).
Die Langlebigkeit von Plasmazellen setzt eine Interaktion mit Stromazellen und anderen Zelltypen in sogenannten „Überlebensnischen“, wie sie z. B. im Knochenmark existieren, voraus (Tokoyoda K et al. 2010). Zur Einwanderung von neu gebildeten Plasmablasten in das Knochenmark ist unter anderem der Chemokin-Rezeptor CXCR4 von entscheidender Bedeutung, dessen Ligand CXCL12 von Stromazellen im Knochenmark produziert wird (zusammengefasst in. Die Komponenten der Nische ermöglichen das Überleben von Plasmazellen einerseits durch Zell-Zell-Kontakte, die über die Expression der Integrine LFA-1 und VLA-4 auf Plasmazellen vermittelt werden (Wilmore JR et al. 2017). Andererseits werden in der Überlebensnische die Zytokine APRIL und Interleukin-6 (IL6) bereitgestellt, deren Rezeptoren TACI, BCMA (beide binden das Zytokin APRIL) und IL6R auf der Oberfläche der Plasmazelle zu finden sind. Weitere Faktoren, die für die Persistenz von Plasmazellen eine Rolle spielen, sind der Anti-Apoptose-Faktor mcl1 sowie der Transkriptionsfaktor Zbtb20 (Kometani K et al. 2015). Die Signale und die genauen Mechanismen, die zum Erhalt und zum jahrzehntelangen Überleben von Plasmazellen erforderlich sind, sind jedoch weitgehend noch ungeklärt.
Autoimmunerkrankungen: Langlebige Plasmazellen, die Antikörper gegen körpereigene Strukturen sekretieren (z. B. anti-dsDNA, anti-RNA Antikörper), sind zentrale Effektoren in Autoimmunerkrankungen wie dem systemischen Lupus erythematodes (SLE) oder der Immunthrombozytopenie (ITP). Die ineffiziente Deletion dieser autoreaktiven Plasmazellen durch therapeutische Antikörper wie Rituximab (anti-CD20) sowie durch Proteasomen-Inhibitoren machen die Entwicklung neuer Strategien zur Depletion von Plasmazellen im Kontext von Autoimmunerkrankungen notwendig. Auch wird die detaillierte Charakterisierung der molekularen Mechanismen des Plasmazell-Überlebens maßgeblich zur Entwicklung neuer Therapieansätze beitragen.
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
- Amanna IJ et al. (2007) Duration of humoral immunity to common viral and vaccine antigens. N Engl J Med 357: 1903-1915.
- Kometani K et al. (2015) Differentiation and maintenance of long-lived plasma cells. Curr Opin Immunol 33: 64-69.
- Manz RA et al. (1997) Lifetime of plasma cells in the bone marrow. Nature 388: 133-134.
- Nutt SL et al. (2015) The generation of antibody-secreting plasma cells. Nat Rev Immunol, 15: 160-171.
- Tellier J et al. (2017) Standing out from the crowd: How to identify plasma cells. Eur J Immunol 47: 1276-1279.
- Tokoyoda K et al.(2010) Organization of immunological memory by bone marrow stroma. Nat Rev Immunol 10: 193-200.
- Wilmore JR et al. (2017) Here, There, and Anywhere? Arguments for and against the Physical Plasma Cell Survival Niche. J Immunol 199: 839-845.
- Yoshida Tet al. (2010) Memory B and memory plasma cells. Immunol Rev 237:117-139.