Nokardiose A43.1

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Synonym(e)

Nocardiose; Nocardiosis

Erstbeschreiber

Nocard 1888; Eppinger 1890; 

Definition

Seltene, chronisch-granulomatöse bakterielle Infektionskrankheit durch Erreger der Gattung Nocardia (Aeroaktinomyzeten).

Erreger

Grampositive, aerobe Stäbchen (wurden früher wie die Aktinomyzeten den Pilzen zugeordnet), die im Erdboden verbreitet sind. Vor allem Nocardia asteroides, auch Nocardia brasiliensis, Nocardia madurae und Nocardia pelletieri. Entsprechend dem natürlichen Vorkommen im Erdreich sind Nokardiosen exogene Infektionen. 

Vorkommen/Epidemiologie

Weltweit, sporadisch auftretend; in den USA häufiger, in Europa sehr selten.

Ätiopathogenese

Inokulation des Erregers bei Vorliegen von Wunden (Hautnocardiose, meist Nocardia brasiliensis) oder durch Inhalation des Erregers (Lungennocardiose, meist Nocardia asteroides). Die Inokulation von kontaminiertem Material in die Haut führt zur Hautnokardiose. Eine Inhalation von kontamiertem Staub führt zur Lungennokardiose.

Eine Übertragung von Mensch zu Mensch findet nicht statt.

Etwa 85% der betroffenen Patienten sind immunsupprimiert (HIV/AIDS, Neoplasien, Kollagenosen, vorbestehende chronische Lungenerkrankungen) - (Hémar V  et al. 2018).

Manifestation

Meist bei immunsupprimierten Patienten (Z.n. Organtransplantation, HIV-Infektion) oder bei schweren Grunderkrankungen (z.B. Lupus erythematodes, systemischer) auftretend.

Klinisches Bild

Superfizielle Form: Vor allem an Füßen und Händen finden sich abszedierende Knoten in kettenförmiger Anordnung entlang des Lymphabflussgebietes (sporotrichoide Ausbreitung), gelegentlich Myzetom-Bildung.

Lymphokutane Form durch Nocardia asteroides.

Eine okuloglanduläre Form mit Konjunktivitis und Lymphadenopathie kann durch eine Schmierinfektion erfolgen. Meist verursacht durch Nocardia brasiliensis. 

Pulmonale und systemische Form vor allem bei immunologisch geschwächten Patienten (Uttamchandani RB et al. 1994).

 

Histologie

Unspezifisches Granulationsgewebe mit einschmelzenden leukozytären Abszessen. In älteren Abszessen randständig reichlich Schaumzellen. Nokardia läßt sich in HE- und Giemsa-Schnitten nicht anfärben, jedoch mittels Gram-und Grocott-Färbungen. Hierbei finden sich in den Abszessen verklumpte Bakterienhaufen, bei denen sich randständig dünne (etwa 1 µm dick) faserförmige Strukturen mit Verzweigungen darstellen, die an ein Spinnengewebe erinnern. Im Gegensatz zur Aktinomykose fehlen Drusen stets.

Diagnose

Erregernachweis im Eiter oder Sputum. Der kulturelle Nachweis gelingt auf Universalnährböden oder Medien für Tuberkulosediagnostik (z.B. Löwenstein-Jensen-Medium).   

Therapie

Rasche Diagnosestellung und kombiniertes operatives und chemotherapeutisches Vorgehen ist entscheidend für die Überlebensrate!

Interne Therapie

Antibiose nach Antibiogramm. 1. Wahl sind Sulfonamide wie Sulfadiazin (z.B. Sulfadiazin Heyl) 4-8-12g/Tag bzw. Cotrimoxazol (z.B. Cotrimox Wolff). Wichtig ist langfristige Behandlung bis mehrere Wochen nach Abheilung zur Vermeidung von Rezidiven.

Alternativ (zunehmend häufiger eingesetzt aufgrund zunehmender Resistenzen der Erreger) kommen Imipenem/Cilastatin (z.B. Zienam 4 g/Tag) in Kombination mit Amikacin (z.B. Biklin 1 g/Tag) in Höchstdosierungen in Betracht.

Gute Erfolge werden auch von Minocyclin (z.B. Klinomycin 100 Filmtbl.) 2mal/Tag 100 mg p.o. als Monotherapie oder in Kombination mit Sulfonamiden beschrieben.

Ggf. andere Antibiotika in Abhängigkeit von der Resistenzlage des Erregers.

Operative Therapie

Operative Sanierung und Drainage.

Verlauf/Prognose

Bei kutaner Form günstig. Bei pulmonaler und systemischer Form: In 50% der Fälle letaler Ausgang. Rezidivneigung.

Literatur
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  1. Dorman SE et al. (2002) Nocardia infection in chronic granulomatous disease. Clin Infect Dis 35: 390-394
  2. Eppinger H (1890) Über eine neue pathogene Cladothrix und eine durch sie hervogerufene Pseudotuberculosis (Cladothrichica). Beitr Path Anat 9: 287-328
  3. Gutiérrez C et al. (2020) Nocardia cyriacigeorgica infection in AIDS patient. Rev Chilena Infectol 37: 322-326.

  4. Hémar V  et al. (2018) Retrospective analysis of nocardiosis in a general hospital from 1998 to 2017. Med Mal Infect 48: 516–525.
  5. Kandi V (2015) Human Nocardia Infections: A Review of Pulmonary Nocardiosis. Cureus 7:e304.
  6. Maraki S et al. (2003) Lymphocutaneous nocardiosis due to Nocardia brasiliensis. Diagn Microbiol Infect Dis 47: 341-344
  7. Naka W et al. (1995) Unusually located lymphocutaneous nocardiosis caused by nocardia brasiliensis. Br J Dermatol 132: 609-613
  8. Nocard E (1888) Note sur la maladie des boeufs de la Guadaloupe. Ann Inst Pasteur 2: 293-302
  9. Pintado V et al. (2003) Nocardial infection in patients infected with the human immunodeficiency virus. Clin Microbiol Infect 9: 716-720
  10. Rees W et al. (1994) Primary cutaneus nocardia farcinica infection after cardiac transplantation. Deutsch Med Wochenschrift 119: 1276-1280
  11. Salinas-Carmona MC (2000) Nocardia brasiliensis: from microbe to human and experimental infections. Microbes Infect 2: 1373-1381
  12. Saubolle MA et al. (2003) Nocardiosis: review of clinical and laboratory experience. J Clin Microbiol 41: 4497-4501
  13. Uttamchandani RB et al. (1994) Nocardiosis in 30 patients with advanced human immunodeficiency virus infection: clinical features and outcome. Clin Infect Dis 18: 348-53

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