Hydroa-vacciniforme-artige Lymphoproliferative Erkrankung EBV-induzierte D82.

Zuletzt aktualisiert am: 30.03.2025

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Synonym(e)

Classic and severe hydroa vacciniforme; Edematous scarring vasculitic panniculitis; HV-ähnliche lymphoproliferative Störung; HVLPD; HV-LPD; Hydroa-like cutaneous T-cell lymphoma; Hydroa-vacciniforme-ähnliche lymphoproliferative Erkrankung; Hydroa vacciniforme-artige lymphoproliferative Erkrankung; Hydroa vacciniforme-like eruption; Hydroa vacciniforme-like lymphoma (HVLL); Hydroa vacciniforme-like lymphoproliferative disorder

Erstbeschreiber

Die Hydroa-vacciniforme-artige, lymphoproliferative Erkrankung (HV-LPD) ist eine kutane Form einer chronischen, Epstein-Barr-Virus-positiven (EBV+) T/NK-lymphoproliferativen, im Kindesalter auftretende, photosensiblen Erkrankung (s.u. Lichtdermatosen), die mit dem  Risiko behaftet ist, komplikativ ein systemisches Lymphom zu entwicklen (Jaffe ESösend et al. 2017).

Hinweis: Für die Beschreibung der HV-LPD wurden früher folgende Begriffe verwendet:

  • Hydroa vacciniforme-like eruption (HVLL) 
  • Edematous scarring vasculitic panniculitis
  • Severe hydroa vacciniforme

Die Nomenklatur und Definition wurde mittlerweile von "Hydroa vacciniforme-like eruption" in "Hydroa-vacciniforme-artige lymphoproliferative Erkrankung, EBV induzierte (HV-LPD)" geändert, und zwar aufgrund der eindeutigen pathogenetischen Assoziation  zu einer die Symptome auslösenden "chronisch-aktiven EBV-Infektion" (CAEBV).

Definition

Die Hydroa vacciniforme-like lymphoproliferative disorder (HV-LPD) ist eine sehr seltene, in Kindesalter auftetende, Epstein-Barr-Virus-assoziierte lymphoproliferative und photosensitive Erkrankung, die hauptsächlich bei der indigenen Bevölkerung Lateinamerikas und Asiens auftritt und mit einer hohen EBV-Víruslast verbunden ist. In Mitteleuropa und Nordamerika wird diese, schwer verlaufende Variante der Hydro vacciniforme  nur sehr selten beobachtet.  

Vorkommen/Epidemiologie

Die Hydroa-vacciniforme-ähnliche lymphoproliferative Erkrankung (HV-LPD) ist in westlichen Ländern sehr selten. Die meisten Studien beschreiben rekurrierende, solar induzierte Hautläsionen mit T-Zell- oder NK-Zell-Phänotypen bei Kindern und Jugendlichen aus asiatischen und lateinamerikanischen Ländern. 

Ätiopathogenese

HV-LPD ist mit einer chronischen EBV-Infektion (CAEBV) assoziiert und persistiert bei genetisch prädisponierten Populationen. Dies erklärt das n ahezu ausschließliche Vorkommen der Erkrankung in der asiatischen und sudamerikanischen Bevölkerung (Zhang G et al. 2013).

Manifestation

Betroffen sind hauptsächlich Kinder und junge Erwachsene (Alter: 2 -20 Jahre; median 8 Jahre). Der klinische Verlauf von HV-LPD ist variabel; charakteristisch ist ein saisonales und rekurrierendes Auftreten der Läsionen im Frühjahr oder Sommer. Die Krankheitsdauer beläuft sich bis zu 10–15 Jahre (Guo N et al. 2019).

Lokalisation

V.a. an sonnenexponierten Stellen wie Gesicht, Halsbereich, Streckseiten der oberen Extremitäten (v.a. Unterarme). Seltener sind Manifestationen an nicht solar-exponierten Hautpartien. 

Klinisches Bild

Klinisch imponieren initial hauptsächlich in sonnenexponierten Stellen (Gesicht, streckseitige obere Extremitäten), seltener auch in Bereichen, die nicht der Sonne ausgesetzt waren (z.B. Bauch und Rücken - Zeichen einer  Progression der Erkrankung), gerötete, flächige Ödeme, Bläschen, Blasen und Plaques, flächige krustige Ulzerationen und kleinere, flache hautfarbene oder pigmentierte Narben. Der Verlauf ist rezidivierend nach UV-Expositionen mit Abheilungstendenz bei strikter Sonnenprotektion . 

Einige Patienten weisen in der Anamnese schwere allergische Reaktionen gegenüber Insektenstichen auf (S.u. Schwere Insektenstich Allergie, EBV-induzierte). 

Die Hautveränderungen sind in einem unterschiedlichen Ausmaß verbunden mit systemischen Sympotmen wie Fieber, Gewichtsverlust, Asthenie, Arthralgien, Lymphadenopathien, Hepatosplenomegalie und/oder erhöhten Leberenzymen (s. DD: Hydroa vacciniforme).

Labor

LDH deutlich erhöht; charakteristisch ist eine positive EBV-DNA-Blutlast. Sowohl die LDH- als auch die EBV-DNA-Werte, ein wichtiger Index für Lymphome, spiegelen die Wirkung einer Behandlung wider (Absinken der LDH- als auch die EBV-DNA-Belastung während einer erfolgreichen Therapie).

Histologie

Histologisch findet man eine tiefreichende die Dermis und das subkutane Fettgewebe durchsetzende, perivasale und periadnexielle Infiltrate aus atypischen klein bis mittelgroßen lymphoiden Zellen mit vergrößerten unregelmäßig konfigurierten Kerne und auffälligen Nukleolen. Daneben finden sich auch kleine Lymphozyten, Plasmazellen, Histozyten und unterschiedlich ausgeprägte Infiltrate aus Eosinophilen.

Progressionen der Erkrankung werden durch  verdichtete, diffuse, atypische, mittelgroße oder große lymphoide Zellen gekennzeichnet. Die Mitoserate ist dann deutlich erhöht. Selten sind thrombotische Angioinvasionen mit Gefäßzerstörungen.

Immunhistochemische Untersuchungen und EBER: Die kutanen lymphoiden Zellen erweisen sich zu 100 % positiv für CD3 und TIA1. Sie exprimieren teilweise CD30. Bei der In-situ-Hybridisierung kann stets EBER nachgewiesen werden. EBER-tragende Zellen konzentrierten sich hauptsächlich um Blutgefäße und Adnexe in der Dermis.

  • Rund 1/3 der Patienten weist auch CD8+-T-Zellen auf, jedoch keine CD4+- oder CD56+-Zellen.
  • Rund 1/3 der Patienten weisen anfänglich CD4+-T-Zellen, aber keine CD8+-T-Zellen oder CD56+-Zellen auf.
  • Rund 1/3 der Patienten weisen CD56+-Zellen, aber keine CD4+- oder CD8+-T-Zellen auf, was auf einen NK-Zell-Phänotyp hindeutet.

Es zeigen sich somit immunhistologisch 3 unterschiedliche Phänotypen:

  • der CD4+-Phänotyp
  • der CD8+-Phänotyp und
  • der NK-Zell-Phänotyp.

Ihr klinischer Verlauf zeigt jedoch keine Unterschiede. Der NK--Phänotyps ist nicht aggressiver als der T-Zell-Phänotyp. Alle Phänotypen weisen eine ähnliche Inzidenz zur komplikativen Expression eines systemischen Lymphoms auf.

Molekulare Analysen: Molekulare Analysen zeigten, dass bei einem Großteil der Patienten mit einem T-Zell-Phänotyp monoklonale Umlagerungen in den TCR-Genen nachweisbar waren. Diese Fälle werden dann als EBV+ T/NK-Zell-Lymphom klassifiziert, basierend auf der Monoklonalität der TCR-Genumlagerungen (WHO-Klassifizierungskriterium von 2008).

 

 

Differentialdiagnose

Hydroa vacciniforme (kein Hinweis auf Systembeteiligung, betroffen sind v.a. weiße Europäer)

EBV+ T/NK-Zell-Lymphom: Schleichende Übergänge möglich. Es ist da hoc nicht immer möglich, zwischen HV-LPD und systemischem EBV+ T/NK-Zell-Lymphom zu unterscheiden, da diese Erkrankungen zum Zeitpunkt der Diagnose und/oder während des Krankheitsverlaufs oft überlappende klinische und pathologische Merkmale aufweisen.

Therapie

Wichtig ist ein adäquater Lichtschutz!

Die meisten Patienten mit einer Hydroa-vacciniforme-ähnliche lymphoproliferative Erkrankung werden im Frühstadium mit immunmodulierenden oder immunsuppressiven Therapien extern und ggf. intern behandelt. Darunter kommt es in diesem Stadium zu einer zeitweisen Besserung der Symptomatik.

Bei Progression der Erkrankung werden chemotherapeutische Regimes (Gemcitabin) ggf. in Kombination mit einer Strahlentherapie eingesetzt.

In einem fortgeschrittenen Stadium können auch allogene hämatopoetische Stammzelltransplantationen erfolgreich eingesetzt werden (Guo N et al. 2019).

Die Ergebnisse sind unterschiedlich und reichen von kompletten und partiellen Remissionen (rund 2/3 der Pat.) bis hin zu Therapieversagern mit progressivem Erkrankungsverlauf und Entwicklung eines systemischen Lymphoms mit schlechter Prognose.

Die 5-Jahres-Überlebensrate beträgt in größeren Kollektiven 45,0 % (!).

 

Verlauf/Prognose

Im Frühstadium zeigen sich rezidivierende entzündliche Vesikeln, Papulovesikeln, Krusten und schließlich, nach mehreren Wochen varioliforme Narben. Der Verlauf ist schubweise, sodass ein buntes klinisches Bild mit frischen und älteren Läsionen entstehen kann. Die Hautläsionen heilen typischerweise innerhalb von 1–2 Wochen mit varioliformer Narbenbildung ab, treten jedoch nach einer unterschiedlich langen Latenzzeit und erneuter UV-Provaktion mit dem selben Verteilungsmuster wieder auf.

Der größere Teil der Patienten zeigt diesen indolenten, chronischen Verlauf .

Eine Progression der Erkrankung wird bei den meisten Patienten (>80 %) nach einer Zeitspanne zwischen 0,2 und 7 Jahren (Median: 0,63 Jahre) beobachtet. Die Progression der Erkrankung wird durch systemische Symptome wie intermittierendes Fieber, Asthenie, Lymphadenopathien, Hepatosplenomegalie und Knochenmarkinfiltrationen angezeigt. In diesem Progressionsstadium wird die Erkrankung nicht mehr als Hydroa-vacciniforme-ähnliche lymphoproliferative Erkrankung klassifiziert, sondern als systemisches EBV+-T/NK-Zell-Lymphom (Guo N et al. 2019). Zytopenie, erhöhte Laktatdehydrogenase, destruktive Multiorganbeteiligung und höheres Alter sind schlechte prognostische Faktoren. Von Seiten der Haut zeigt sich die Progression mit Plaques und Gesichtsödemen, mit tieferen flächigen Ulzera und Nekrose.  


 

Hinweis(e)

Es gibt bisher keine sichere Methode zur Unterscheidung zwischen Hydroa-vacciniforme-ähnliche lymphoproliferative Erkrankung (HV-LPD) und der Progression zu einem systemischen NK/T-Zell-Lymphom. Das Vorhandensein einer TCR-Genumlagerung ist für die Lymphom-Diagnose nicht hilfreich, da Monoklonalität in den meisten Fällen bereits im Frühstadium nachweisbar ist. Patienten mit malignem Verlauf weisen meist tiefe Ulzera auf, atypische, mittelgroße bis große Zellen, stark erhöhte LDH, lang anhaltend hohen EBV-DNA-Belastungen (typischerweise > 1 × 105 Kopien), schwere systemischen Manifestationen, diffuser Auslöschung der normalen Knotenarchitektur durch atypische Zellinfiltration und Knochenmarkbeteiligung auf.  Ältere Patienten neigten dazu, ein Lymphom zu entwickeln.

Literatur
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  1. Chen CC et al. (2020)  Hydroa Vacciniforme and Hydroa Vacciniforme-Like Lymphoproliferative Disorder: A Spectrum of Disease Phenotypes Associated with Ultraviolet Irradiation and Chronic Epstein-Barr Virus Infection. Int J Mol Sci 21:9314. 
  2. Guo N et al. (2019) Clinicopathological categorization of hydroa vacciniforme-like lymphoproliferative disorder: an analysis of prognostic implications and treatment based on 19 cases. Diagn Pathol 14:82.
  3. Han B, Hur K, Ohn J, Kim TM, Jeon YK, Kim YC, Mun JH. Hydroa vacciniforme-like lymphoproliferative disorder in Korea. Sci Rep. 2020 Nov 9;10(1):19294.
  4. Iwatsuki Ket al. (2019) Hydroa vacciniforme: a distinctive form of Epstein-Barr virus-associated T-cell lymphoproliferative disorders. Eur J Dermatol 29: 21-28.

  5. Jaffe ES et al. (2017) Cutaneous EBV-related lymphoproliferative disorders. Semin Diagn Pathol 34:60–75.

  6. Wang Mi (2013) Hydroa vacciniforme-like lymphoma of an adult: a case report with review of the literature. Diagn Pathol 8: 72.

  7. Zhang G et al. (2013) Nk-/T-cell lymphoma resembling hydroa vacciniforme with positive CD4 marker expression: a diagnostic difficulty. Am J Dermatopathol 35:94–97. 

     

Disclaimer

Bitte fragen Sie Ihren betreuenden Arzt, um eine endgültige und belastbare Diagnose zu erhalten. Diese Webseite kann Ihnen nur einen Anhaltspunkt liefern.

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Zuletzt aktualisiert am: 30.03.2025