Synonym(e)
Definition
Die Schwere Insektenstich Allergie (Severe mosquito bite allergy - SMBA) ist eine iatrogen induzierte, chronisch aktive EBV-Infektion mit lokaler und systemischer Symptomatik (CAEBV), die vorwiegend Jugendliche und Kinder aus ostasiatischen Ländern betrifft. Sie ist in europäischen und (nicht indigenen) amerikanischen Populationen nahezu unbekannt. SMBA kennzeichnet sich durch Insektenstich-provozierte Hautläsionen mit lokalen Schwellungen, Erythemen, Blasen und torpiden Ulzera die nach längerer Zeit narbig abheilen. Die kutanen Symptome werden häufig von systemischen Entzündungsreaktionen (Fieber, Gliederschmerzen, Lymphadenopathie) begleitet, Symptome die auf den Systemcharakter der Erkrakung hinweisen.
Labor
Hinweis: In Zellkulturen können CD4+-T-Zellen, nicht jedoch CD8+-T-Zellen oder NK-Zellen auf die Speicheldrüsenextrakte von Mücken reagieren. Die Kokultivierung der durch Mückenextrakte aktivierten NK-Zellen und CD4+-T-Zellen führt zur Expression von EBV-Lysezyklusproteinen in den NK-Zellen sowie des viralen Onkogens „Latent Membrane Protein 1 (LMP1) (Asada H et al. 2003; Asada H et al. 2005). Die LMP1-Expression könnte mitursächlich für die "Pseudolymphom-artige" Proliferation nach Mücksenstichen sein.
Auch interessant
Differentialdiagnose
Die Hydroa vacciniforme - artige Lymphoproliferative Erkrankung, EBV-induzierte (HV-LPD) und die schwere Mückenstichallergie (SMBA) sind beide kutane Formen einer Epstein-Barr-Virus (EBV)-assoziierten T-/Natürliche-Killerzellen (NK)-Lymphoprolferativen Erkrankung und stehen in engem Zusammenhang mit der chronisch aktiven EBV-Erkrankung (CAEBV) und der EBV-assoziierten hämophagozytischen Lymphohistiozytose (EBV-HLH). Die überwiegende Mehrheit der Patienten mit SMBA weist eine erhöhte Anzahl von EBV-infizierten NK-Zellen im Blut auf. Die klinischen Symptome von HV-LPD und SMBA überschneiden sich häufig bei ein und demselben Patienten und können zu schwerwiegenderen Krankheitszuständen führen, die der "chronisch aktiven EBV-Erkrankung = CAEBV) entsprechen.
Komplikation(en)
In seltenen Fällen kann eine "Hämophagozytische Lymphohistiozytose" als Spätkomplikation einer EBV-NK-LPD auftreten (Dupuy E et al. 2022).
Therapie
Zu Beginn der Erkrankung können die Symptome und Anzeichen ohne lokale Behandlung spontan abklingen. Empfehlenswert ist nach Diagnosestellung die Einleitung eine antivirale Therapie.
Verlauf/Prognose
Bei unkompliziertem Verlauf heilen die Insektenstich-induzierten Ulzera ohne neue krankheitsbedingte Symptome ab, die EBV-DNA-Werte bleiben normal. Rezidive nach erneuten Mückenstichen sind jedoch möglich. Langzeitnachsorge wird empfohlen.
Es besteht bei Kindern mit "Severe mosquito bite allergy (SMBA) "ein erhöhtes Risiko für systemische lymphoproliferative Erkrankungen. Die schlechten Ergebnisse gehen in der Regel mit der Entwicklung systemischer Krankheitsbilder der Epstein-Barr-Virus (EBV)-assoziierten T-/Natürliche-Killerzellen (NK)-LPD (EBV-NK-LPD) einher.
Hinweis(e)
Epstein und Barr entdeckten das EBV 1964, als sie das Burkitt-Lymphom bei afrikanischen Kindern untersuchten. Das EBV (HHV-4) ist ein doppelsträngiges DNA-Virus, das zum gamma-Subtyp der Herpesvirus-Familie gehört und bei Erwachsenen eine weltweite Infektionsrate von über 90 % aufweist. Wird das immunologische Gleichgewicht jedoch gestört wird, kann es zu einer klonalen Proliferation EBV-infizierter Zellen, was zu EBV-bedingten lymphoproliferativen Erkrankungen führt. Diese sowohl von B-, T- und/oder NK-Zellen abgeleitete Erkrankungen sind durch ein breites klinisch-pathologisches Spektrum gekennzeichnet, das von indolenten, selbstlimitierenden und lokalisierten Erkrankungen bis hin zu systemischen hochaggressiven Lymphomen reicht.
Darüber hinaus können auch Personen mit einigen primären Immundefektsyndromen oder erworbenen immunsuppressiven Erkrankungen schwere lymphoproliferative EBV-Infektionen haben. Es wurde berichtet, dass die meisten Patienten mit SMBA einen hohen IgE-Spiegel im Serum, eine hohe EBV-Belastung und eine NK-Zell-Lymphozytose in der Biopsie aufweisen.
Asada et al. vermuteten, dass die Pathogenese von SMBA eine EBV-Reaktivierung in EBV-infizierten NK-Zellen sein könnte, die durch CD4+-T-Zellen induziert werden, die durch Speicheldrüsenextrakt von Mücken stimuliert werden und eine starke allergische Hautreaktion auslösen.
Fallbericht(e)
Wang Y et al. (2023):Eine 7-jährige japanische Patientin wurde aufgrund von wiederkehrendem Fieber, Hautallergien und multifokalen schweren ulzerativen nekrotischen Hautläsionen an beiden unteren Gliedmaßen stationär eingeliefert. Anamnestisch war 4 Jahre zuvor ein faziales Angioödem aufgetreten. Verschiedene „Hautallergien“ waren bekannt. Die Eltern berichteten, dass das Kind einen Monat zuvor, nachdem es von Mücken gestochen worden war, an Erythemen beider unteren Gliedmaßen erkrankte, die von Juckreiz und Unwohlsein begleitet waren. Während einige Flecken abheilten, breiteten sich andere allmählich aus, entwickelten sich zu Plaques mit einer Tendenz zum geschwürigen Zerfall sowie periulzerösen Schwellungen und Eiterung. Die Patientin litt an intermittierendem Fieber mit einer Höchsttemperatur von 40 °C, begleitet von Niesen und Katarrh-Symptomen, die nicht auf eine antibakterielle Therapie ansprachen.
Befund: Auffällig war eine Gesichtsschwellung, mit Lidödem sowie ein Konjunktivitis. An beiden unteren Extremitäten fanden sich mehrere Ulzera. Die größte und schwerste Läsion mit eitrigem Debritus hatte einen Durchmesser von etwa 6,0 cm. Weitere kleinere furunkeloide Infiltrate wurden am medialen linken Oberschenkel festgestellt. Am linken Knöchel der Patientin war ein frisches Ulkus mit einem Durchmesser von 2,0 cm nachweissbar. Dieses Geschwür vergrößerte sich torpide innerhalb weniger Tage was zu einem Weichteilverlust und einer Freilegung der Aponeurose führte.
Labor: Neutrophile Leukozyten: 6.950/µl (83,4 %), HB leicht vermindert, alkalische Phosphatase (132 U/l), Laktatdehydrogenase (291 U/l). Die Ultraschalluntersuchung zeigte eine Splenomegalie und einen leicht vergrößerten zervikalen Lymphknoten.
Histologie: Ausgeprägte diffuse lymphozytäre Infiltration der gesamten Dermis und des subkutanen Fettgewebes. Lymphoyztäre Zellen waren klein bis mittelgroß und wiesen leichte Atypien auf.
Immunhistologie: Diese ergab eine hohe Expression von CD3, CD4 und CD5 sowie teilweise eine Expression von CD8, Granzym B und Ki-67. Die Zellen waren negativ für CD20, CD21, CD56 und CD30. Die lymphozytären Zellen zeigten eine EBER-Positivität, was auf das Vorhandensein von EBV im Gewebe hinweist. Sowohl die immunhistochemische Analyse als auch der Genumlagerungstest zeigten, dass diese Tumorzellen eher dem T-Zell-Typ als dem NK-Zell-Typ zuzuordnen sind.
Diagnose: Nachweis von zahlreichen EBER-positiven Lymphozyten in der Biopsie. Positiver Serumtest auf EBV-Virus-Capsid-Antigen-Immunglobulin-A-Antikörper; der quantitative EBV-DNA-Wert betrug 3,55 × 103 (Kopien/mg).
Da keine Anzeichen für eine Multiorganbeteiligung, ein hämophagozytisches Syndrom oder ein EBV-induziertes Lymphom vorlagen, wurde ein Behandlungsschema mit entzündungshemmenden, antiviralen antibiotischen und symptomatischen Maßnahmen eingeleitet. In einer Nachbeobachtungszeit von mehr als zwei Jahren waren sämtliche Ulzera narbig verheilt.
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir
Kopernio

- Asada H et al. (2003) CD4+ T-lymphocyte-induced Epstein-Barr virus reactivation in a patient with severe hypersensitivity to mosquito bites and Epstein-Barr virus-infected NK cell lymphocytosis. Arch Dermatol 139:1601-1607.
- Asada H et al. (2005) Mosquito salivary gland extracts induce EBV-infected NK cell oncogenesis via CD4 T cells in patients with hypersensitivity to mosquito bites. J Invest Dermatol 125:956-961.
- Dupuy E et al. (2022) A Case of severe mosquito bite allergy complicated by fatal hemophagocytic lymphohistiocytosis. Pediatr Dermatol 39:443-446.
- Hirai Y et al. (2023) Committee for Guidelines for the Management of Chronic Active EBV Disease and Related Disorders (the MHLW Research Team in Japan). Diagnostic and disease severity determination criteria for hydroa vacciniforme lymphoproliferative disorders and severe mosquito bite allergy. J Dermatol 50:e198-e205.
- Ishihara S et al. (1997) Clonal lymphoproliferation following chronic active Epstein-Barr virus infection and hypersensitivity to mosquito bites. Am J Hematol 54:276–281
- Tsuge I et al. (1999) Characterization of Epstein-Barr virus (EBV)-infected natural killer (NK) cell proliferation in patients with severe mosquito allergy; establishment of an IL-2-dependent NK-like cell line. Clin Exp Immunol 115:385-392.
- Wang Y et al. (2023) Severe mosquito bite allergy complicated by bacterial infection in a 7-year-old child: a case report and brief review of the literature. Wounds 35:E399-E402.
- Yamada M et al. (2021) Hypersensitivity to mosquito bites: A versatile Epstein-Barr virus disease with allergy, inflammation, and malignancy. Allergol Int 70:430-438
Verweisende Artikel (3)
Hydroa vacciniforme; Hydroa-vacciniforme-ähnliches Lymphom, EBV-induziertes (HVLL); Insektenstich-Hypersensitivität bei hämatologischen Neoplasien;Weiterführende Artikel (9)
Angioödem erworbenes, Bradykin-vermitteltes ohne C1-INH-Mangel; CD3; CD4; CD5; EBER; Hämophagozytische Lymphohistiozytose (sekundäre) ; HHV-4; Hydroa-vacciniforme-ähnliche Lymphoproliferative Erkrankung EBV-induzierte ; LMP1;Disclaimer
Bitte fragen Sie Ihren betreuenden Arzt, um eine endgültige und belastbare Diagnose zu erhalten. Diese Webseite kann Ihnen nur einen Anhaltspunkt liefern.