Hydroa-vacciniforme-ähnliches Lymphom, EBV-induziertes (HVLL) C84.-

Zuletzt aktualisiert am: 01.04.2025

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Synonym(e)

Hydroa-vacciniforme-artiges Lymphom, EBV-induziertes; Hydroa vacciniformia-artiges Lymphom Primär kutanes aggressives

Erstbeschreiber

Das Hydroa-vacciniforme-ähnliche EBV-induzierte Lymphom (HVLL) und die systemische EBV-positive T-Zell-Lymphoproliferationskrankheit (LPD) im Kindesalter wurden erstmals 2008 in die Klassifikation der Tumoren hämatopoetischer und lymphoider Gewebe der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in die Untergruppe der EBV-positiven T-Zell-LPD im Kindesalter aufgenommen (Quintanilla-Martinez L et al. 2008).

Bei Kindern aus indigenen Populationen Mexikos, Perus und Asiens (Quintanilla-Martinez L et al. 2008) wurde eine besondere Gruppe von UV-induzierten, vesikopapulösen Ausschlägen festgestellt, die eine Hydroa vacciniforme (HV-like) imitieren. Diese Hydroa- vacciniforme-artigen Lymphoproliferationen zeigen sich mit ausgeprägten Gesichtsödemen, Bläschen, Krusten und großen Geschwüren, mit schweren Narben und Entstellungen in sonnenexponierten, aber auch in nicht sonnenexponierten Hautarealen. Die Patienten weisen zusätzlich i.A. systemische Symptome wie Fieber, Gewichtsverlust und Asthenie auf. In der akuten Phase werden häufig Hepatosplenomegalie und Lymphadenopathie beobachtet. Anamnestisch wird bei diesem Klientel auch eine außergewöhnliche Überempfindlichkeit gegen Mückenstiche (HMB) festgestellt (Doeden K et al. 2008) (s.u.  Schwere Insektenstichallergie, EBV-induzierte). 

Da Pannikulitis und/oder Vaskulitis die vorherrschenden histologischen Merkmale waren, wurde diese Erkrankung initial als „vernarbende, vaskulitische Pannikulitis (ESVP)“ bezeichnet, später als auch als „schwer verlaufende Hydroa vacciforme bezeichnet. Später erkannte man, dass sie mit einer EBV-Infektion assoziiert sind  und häufig monoklonale Umlagerungen der T-Zell-Rezeptor-Gene (TCR) aufwiesen. Daher wurde für diese klinsiche Symptomatik der Begriff „HV-ähnliches Lymphom“ vorgeschlagen (Iwatsuki KX et al.1999).

Definition

Das Hydroa-vacciniforme-ähnliche EBV-induzierte Lymphom (HVLL) ist definiert als ein EBV-positives kutanes T-Zell-Lymphom mit Hydroa-vacciniforme-artigen klinischem Aspekt, das bei Kindern und seltener bei jungen Erwachsenen auftritt. Nicht selten ist eine hypererge lokale und systemische Reaktion auf Insektenstiche assoziiert. 

Klinisches Bild

Klinisch zeigen sich bei den Patienten Gesichtsödeme und rezidivierende vesikulopapulöse Ausschläge, gefolgt von schweren Ulzerationen und massiver Krustenbildung. Obwohl die Hautläsionen nicht ausschließlich auf sonnenexponierte Bereiche beschränkt sind und nicht nur nach Sonneneinstrahlung auftreten, wie dies bei den Hautläsionen der Hydroa vacciniforme der Fall ist, kommt es im Sommer zu einem saisonal erhöhten Auftreten. Die Patienten weisen zusätzlich systemische Symptome wie Fieber, Gewichtsverlust und Asthenie auf sowie Hepatosplenomegalie und eine generalisierte Lymphadenopathie auf. 

Histologie

Lymphoidzeliges überwiegend C D3+ (wenige verstreute CD20+ Zellen), perivaskuläres aber auch periadnexielles dermales aber auch subkutanes Infiltrat oft mit angiodestruktiven Merkmalen. Die Intensität des Infiltrats und die Atypie der Lymphozyten variieren. Nicht selten finden sich zytologische Atypien, die durch große Zellen mit unregelmäßigen Kernen, auffälligen Nukleolen und reichlich vorhandenem klarem Zytoplasma gekennzeichnet sind, Vereinzelt auch spongiotisches Vesikel ohne Epidermotropismus.

Bei rund 50 % der Fälle ist eine Proliferation zytotoxischer TCR-αβ-T-Zellen mit Expression von CD8+, β F1+ und TIA-1+ und Negativität für CD4 und CD56 nachweisbar. Rund 10 % der Fälle können doppelt negativ für CD4/CD8 und β F1, aber positiv für TCR-γ sein. Das lymphoide Infiltrat neigt dazu, das subkutane Gewebe einzubeziehen, wodurch der Aspekt eines pannikulitisches T-Zell-Lymphoms (SPTCL) entsteht. Nicht selten ist eine Eosinophile. Die Hälfte der Infiltrate zeigen eine variable Anzahl von+ CD30-Zellen. LMP1 ist vereinzelt positiv

ISH und molekulare Analyse: Die EBER1-Sonde zeigte in allen Fällen zahlreiche EBER+-Zellen. In den meisten Fällen stellte die Menge der EBER+-Zellen jedoch nur eine Subpopulation der CD3+-infiltrierenden Zellen dar. Die Anzahl der EBER+-Zellen ist in Fällen mit T- und NK-Zell-Phänotypen ähnlich.  EBER+-Zellen sind überwiegend CD56+, seltener CD8+.

Differentialdiagnose

Der Schweregrad der Hautläsionen und das klinische Erscheinungsbild variieren zwischen den Patienten und zeigten ein breites Spektrum. Im Gegensatz zur klassischen Hydroa vacciniforme sind die Läsionen größer und tiefer und führen in einigen Fällen zu einem erheblichen Gewebeverlust und zu Entstellungen. Sie sind nicht mit einer Lichtüberempfindlichkeit verbunden. Systemische Symptome wie Fieber, Lymphadenopathie und/oder Hepatosplenomegalie sind häufig (v.a. bei Patienten mit schweren Hautläsionen und einem T-Zell-Phänotyp).

Verlauf/Prognose

Ein zentraler Aspekt der Krankheit ist der jahrelange klinische Verlauf, was die chronische Natur dieser EBV-induzierten lymphoproliferativen Erkrankung unterstreicht. Monoklonalität und klonale Persistenz sind keine sicheren Vorhersagen für eine aggressive Erkrankung bzw. einen fatalen klinischen Verlauf. Auch bei der „klassischen“ Hydroa vacciniforme"  kann Monoklonalität der TCR-gamma-Gene nachgewiesen werden (Kimura Hito et al. 2012). Dieser Befund wird auch durch andere Untersucher bestätigt, unabhängig davon, ob systemische Symptome vorliegen oder nicht. Auch die Menge der infiltrierenden EBER+-Zellen (Viruslast) gibt keinen prognostischen Hinweis.

In der Studie von Iwatsuki et al. entwickelten 5 von 11 Patienten, bei denen eine schwere HV diagnostiziert wurde, 2 bis 14 Jahre nach Ausbruch der Krankheit ein systemisches NK-/T-Zell-Lymphom. Bemerkenswert ist, dass alle Fälle mit NK-Zell-Lymphozytose und/oder Hämophagozytose in Verbindung gebracht wurden. Zwei dieser Fälle wurden ohne weitere Spezifikationen als „subkutane Lymphome“ eingestuft.

Hinweis(e)

Seit der Aufnahme von HVLL in die WHO-Lymphomklassifikation wurden mehrere kontroverse Fragen aufgeworfen, die noch geklärt werden müssen. Es ist nicht bekannt, ob das HVLL ein echtes Lymphom ab seiner ersten klinischen Manifestation ist oder ob es sich um eine präneoplastische Erkrankung handelt mit dem Risiko der Entwicklung eines systemischen Lymphoms. Es ist auch ungewiss, ob das HVLL eine De-novo-Erkrankung ist, oder ob sie sich bei Patienten mit lang bestehender Hydroa vacciniforme entwickelt.

Die klassische Hysdro vacciniforme wird in westlichen Ländern als gutartige Photodermatose mit spontaner Besserung oder Remission während der Adoleszenz angesehen. Diese Fälle werden selten biopsiert.

Asiatische Studien zeigten jedoch, dass die in den dortigen indigenen Populationen auftretende „klassische Hydroa vacciniforme" ebenfalls eine EBV-assoziierte Erkrankung ist (Iwatsuki KX et al.1999; Cohen JI et al. 2009). Letztlich ist noch nicht endgültig geklärt, ob die asiatische „klassische“ Hydroa vacciniforme, mit derselben Krankheit übereinstimmt, die in westlichen Populationen beschrieben wurde, und bei der keine Progression zu einem HVLL beobachtet wurde (Ruiz-Maldonado R et al.1995). Es wird im Allgemeinen empfohlen das Kriterium der Monoklonalität der TCR-Gene zur Differenzierung heranzuziehen (Cho KHLee et al. 2004).

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Barrionuevo C et al. (2002) Hydroa-like cutaneous T-cell lymphoma: a clinicopathologic and molecular genetic study of 16 pediatric cases from Peru., Appl Immunohistochem Mol Morphol 10: 7-14.
  2. Cho KHLee et al. (2004) Epstein-Barr virus-associated lymphoproliferative lesions presenting as a hydroa vacciniforme-like eruption: an analysis of six cases., Br J Dermatol 151: 372-380
  3. Cohen JI et al. (2009) Epstein-Barr virus-associated lymphoproliferative disease in non-immunocompromised hosts: a status report and summary of an international meeting, 8-9 September 2008. Ann Oncol 20 9: 1472-1482
  4. Doeden K et al. (2008) Hydroa-like lymphoma with CD56 expression. J Cutan Pathol 35 5: 488-494
  5. Gupta G et al. (2000) Hydroa vacciniforme: a clinical and follow-up study of 17 cases., J Am Acad Dermatol 42: 208-213)
  6. Iwatsuki KX et al.(1999) The association of latent Epstein-Barr virus infection with hydroa vacciniforme., Br J Dermatol 140: 715-721
  7. Kimura Hito et al. (2012) EBV-associated T/NK-cell lymphoproliferative diseases in nonimmunocompromised hosts: prospective analysis of 108 cases. Blood 119: 673-686.
  8. Quintanilla-Martinez L et al. (2008) EBV-positive T-cell lymphoproliferative disorders of childhood. WHO Classification of Tumours of Haematopoietic and Lymphoid Tissues. 4th ed. Lyon, France: International Agency for Research on Cancer (IARC): 278-260
  9. Ruiz-Maldonado R et al.( 1995) Edematous, scarring vasculitic panniculitis: a new multisystemic disease with malignant potential. J Am Acad Dermatol 32: 37-44)

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