Makrophage

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 21.08.2024

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Synonym(e)

GM1-Makrophage; M1-Makrophage; M2-Makrophage; Macrophage (engl.); Makrophagen; Tumor-assoziierte Makrophagen

Erstbeschreiber

Metschnikow I., 1880

Definition

Makrophagen (von griech. makros „groß“ und phagein „essen“) sind ein essentieller Teil des angeborenen Immunsystems. Sie stellen nach der epithelialen Barriere, die erste «Verteidigungslinie» zur Abwehr eindringender Erreger dar und repräsentieren phylogenetisch wahrscheinlich die ältesten Zellen der angeborenen Immunabwehr. So können Makrophagen-artige Zellen bereits in der Taufliege Drosophila nachgewiesen werden.

Makrophagen entwickeln sich im Knochenmark  aus multipotenten Vorläuferzellen. Sie zirkulieren als CD14-positive Monozyten im Blutkreislauf und invadieren,  Zytokin-gesteuert, in läsionales Gewebe.  

Die herdförmige Ansammlung von Makrophagen bezeichnet man als Granulom

In läsionalem Gewebe differenzieren sich CD14-positive periphere humane Blutmonozyten unter dem Einfluss der Zytokine  M-CSF und GM-CSF, zu CD68-positiven „reifen“  Makrophagen. Derart differenzierte Makrophagen verlieren auf diesem Aktivierungsweg das für die Monozyten charakteristische CD14-Antigen (Gordon S et al. 2005). Hingegen exprimieren alle unterschiedlichen Makrophagen-Typen den Marker CD68. CD68 ist ein Bestandteil intrazellulärer lysosomaler Membranproteine  (Becker S et al.1987; Brown BN et al. 2009). 

Folgende gemeinsame Funktionen kennzeichnen alle Makrophagenpopulationen: Phagozytose, Antigenpräsentation und Zytotoxizität.  Weiterhin beeinflussen Makrophagen die extrazelluläre Matrix (ECM), und sezernieren Arachidonsäurederivate, Wachstums- und Komplementfaktoren und verschiedene Enzyme. Die meisten Makrophagen sind zur Phagozytose pathogen veränderter Zellbestandteile befähigt. So beispielweise von Mikroorganismen, von überalterten degenerierten Zellen, von Tumorzellen, Gewebetrümmer  (z.B. aus Entzündungsreaktionen) oder von eingedrungenen Fremdkörpern.

Je nach Art eines Pathogens und der damit verbundenen Stimulierungsart verändern Makrophagen ihre Zellform. Einige verkleinern ihr Zellformat, sie werden dann als Epitheloidzellen oder epitheloide Zellen (epitheloid=Epithel-ähnlich) bezeichnet. Andere Makrophagen können zu mehrkernigen Riesenzellen (Fremdköper-Riesenzellen, Riesenzellen vom Langhans- oder Touton-Typ) transformieren (durch Fusion oder Kernteilungen) und sind dann in der Lage größere Fremdkörper zu umschließen und zu phagozytieren. Andere weisen durch phagozytiertes Material (z.B. Lipide) ein schaumiges (Schaumzellen-Xanthomzellen) oder eingefärbtes Zytoplasma (Melanophagen, Siderophagen) auf.  

Makrophagen (aber auch viele andere Zellen und sogar Epithelzellen) enthalten RNA-und DNA-editierende Enzyme, wie AID (Activation-Induced Cytidine Deaminase) und APOBEC (Apolipoprotein B mRNA-Editing Enzyme, Catalytic Polypeptide), mit denen Mutationen in Retroviren eingefügt werden können, die deren Replikation hemmen.

Einteilung

In den versch. Organen und Geweben haben sich spezielle morphologische und funktionelle Differenzierungsformen entwickelt , die als

  • ortsständige Makrophagen
  • den kurzlebigen Exsudatmakrophagen

gegenübergestellt werden. Exsudatmakrophagen entwicklen sich unter Entzündungsbedingungen aus den zirkulierenden Blutmonozyten. Sie differenziern sich im Gewebe zu wichtigen Effektorzellen der Entzündung, zerfallen dort oder wandern lymphogen in die regionären Lymphknoten ab. 

Einige der ortsständigen Makrophagen haben sich schon in der frühen Embryogenese differenziert. Hierzu gehören die Mikrogliazellen  des Gehirns, die Langerhans-Zellen der Haut und die Kupffer-Zellen der Leber.   

Zu den ortsständigen Makrophagen gehören:

  • Makrophagen des lockeren Bindegewebes (Histiozyten)
  • Makrophagen in Granulomen (Epitheloidzellen, Langhans-Riesenzelle, Touton-Riesenzelle)
  • Makrophagen der Milz, der Lymphknoten und des Knochenmarks (interstitielle Makrophagen)
  • Makrophagen  der serösen Häute (z.B. des Peritoneums, der Pleura)
  • Makrophagen der Leber (v. Kupffer'sche Sternzellen)
  • Makrophagen in den Wänden der Lungenalveolaren (Alveolarmakrophagen)
  • Makrophagen des Knochens (Osteoklasten)
  • Makrophagen des Knorpelgewebes (Chondroklasten)
  • Makrophagen der Plazenta (Hofbauer-Zellen)
  • Plasmazytoide dendritische Zellen
  • Interdigitierende Zellen des lymphatischen Gewebes
  • Spezielle Makrophagen des lymphatischen Gewebes in den Keimzentren oder der Pulpa der Milz und Lymphknoten
  • Makrophagen des Glaskörpers des Auges (Hyalozyten).

Rein deskriptiv können Makrophagen auch nach dem phagozytierten Material benannt sein:

  • Fettspeichernde Makrophagen (Lipophagen oder Schaumzellen)
  • Schleimsubstanzen-speichernde Makrophagen (Muziphagen)
  • Eisen- oder Hämosiderin-speichernde Makrophagen  (Siderophagen)  
  • Melanin-speichernde  Makrophagen (Melanophagen)
  • Fremdkörper-speichernde Makrophagen (Fremdkörperriesenzellen, Touton-Riesenzellen )

Allgemeine Information

Makrophagen erkennen und phagozytieren als Antigen-präsentierende Zellen (APCs), auf unterschiedliche Weise körperfremde Materialien oder auch pathologisch veränderte, körpereigene Proteine, Glykoproteine, Lipide. Nachdem diese (wenn möglich) intrazellulär zerkleinert und aufbereitet wurden, können sie zusammen mit MHC-I-  oder MHC-II-Komplexen anderen Immunzellen präsentiert werden. Diese derart aktivierten Immunzellen setzen je nach Antigen ein unterschiedliches Zytokinmuster (TH1-Zytokine, Th2-Zytokine) frei, wodurch weitere inflammatorische Zellen aus dem Blutstrom rekrutiert werden. Diese wiederum geben nun an die Makrophagen ein Signal zur Destruktion des zuvor phagozytierten Materials zurück. Im Gegensatz zu den ebenfalls Antigen-präsentierenden dendritischen Zellen (DCs) sind aktivierte Makrophagen nur begrenzt fähig, naive (also noch nicht mit einem Antigen in Kontakt gekommene) T-Zellen zu aktivieren (s.u. Antigen-Präsentation).

Differenzierung zu M1- / M2-Makrophagen: Weitere Differenzierungswege für Makrophagen sind einerseits der „klassische“ Aktivierungsweg der zu den M1-Makrophagen führt.  Andererseits der „alternative“ Aktivierungsweg der zu den M2-Makrophagen führt.

M1-Makrophagen: M1-Makrophagen sind Effektorzellen des Immunsystems und exprimieren Rezeptoren zur Opsonisierung (CD16) und/oder zur Antigenpräsentation (HLA-DR) bzw. zur Kostimulation (CD80, CD86). M1-Makrophagen entwickeln sich bei bakteriellen Infekten durch Aktivierung mit Interferon gamma und LPS aus naiven (nicht-aktivierten) Makrophagen. LPS ist ein Glykolipid das aus der Zellwand von Bakterien stammt. M1-Makrophagen sezernieren die Interleukine IL-1, IL-12, IL-23 sowie den Tumornekrosefaktor- alpha. Weiterhin produzieren M1-Makrophagen Stickstoff (NO) und Sauerstoffradikale. Zytotoxische M1-Makrophagen können auch Tumorzellen destruieren (Allavena P et al. 2008).

M2-Makrophagen: M2-Makrophagen wirken bevorzugt immunsuppressiv. M2-Makrophagen weisen eine ausgeprägte Phagozytose-Fähigkeit auf. Sie sind jedoch nur in geringem Umfang befähigt Antigene zu präsentieren. M2-Makrophagen fördern Wundheilung und Angiogenese. Sie sezernieren große Mengen Interleukin 10 (IL-10) sowie in geringerem Umfang Interleukin-12 (IL-12). M1-Makrophagen synthetisieren die Chemokine CCL2 und CCL18, und exprimieren Scavenger (CD163)- sowie Mannose-Rezeptoren (CD206 - Goerdt S et al 1999).

Tumorassoziierte (M2-)Makrophagen (TAM): Tumorassoziierte (M2-)Makrophagen, auch TAM genannt, bilden sich in einem Tumormilieu in Anwesenheit von IL-4 und IL-10  und M-CSF, dem Makrophagen-Kolonie-stimulierender Faktor. Den Interleukinen IL-4 und IL-10 kommt hierbei für die Differenzierung eine Schlüsselfunktion zu. Tumorassoziierte Makrophagen sind phänotypisch den M2-Makrophagen zuzuordnen. Sie sind durch eine markante Expression von CD163 und CD206 gekennzeichnet sind jedoch nicht befähigt Tumorzellen zu destruieren. Ebenso sind sie nicht befähigt Tumorantigene zu präsentieren, um eine effektive zelltoxischen Immunantwort zu induzieren.

GM1-Makrophagen: GM-CSF (Granulozyten-Monozyten-Kolonie-stimulierende Faktor ), ein T-Zell-Zytokin, induziert aus Vorläuferzellen einen nicht-aktivierten Makrophagentyp, der auch als GMCSF-Makrophage bezeichnet wird. In Gegenwart proinflammatorischer Signale werden die CD16+ GM-CSF-Makrophagen zu GM1-Makrophagen aktiviert. GM1-Makrophagen weisen nur eine geringe Fähigkeit zur Phagozytose auf. GM1-Makrophagen werden nicht zu den M2-Makrophagen zugerechnet, da ihnen die für M2-Makrophagen charakteristischen Oberflächenproteine  wie Scavenger (CD163)- und Mannose (CD206)-Rezeptoren fehlen.  Über ihre exakten Funktionen ist bisher wenig bekannt.

Literatur
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  1. Adorini L (1999) Interleukin-12, a key cytokine in Th1-mediated autoimmune diseases. Cellular and Molecular Life Sciences 55: 1610-1625.
  2. Allavena P et al. (2008) The Yin-Yang of tumor-associated macrophages in neoplastic progression and immune surveillance. Immunological Reviews  222: 155-161.
  3. Balkwill F, Mantovani A. Inflammation and Cancer: Back to Virchow? Lancet 2001; 357: 539-545.
  4. Becker S (1984). Interferons as modulators of human monocyte-macrophage differentiation. I. Interferon-gamma increases HLA-DR expression and inhibits phagocytosis of zymosan. Journal of Immunology 132: 1249-1254.
  5. Becker S et al. (1987)  Colony-Stimulating Factor-Induced Monocyte Survival and Differentiation into Macrophages in Serum-Free Cultures. The Journal of Immunology  139: 3703-3709.
  6. Bingaman AW et al. (2000) The role of CD40L in T cell-dependent nitric oxide production by murine macrophages. Transplantation Immunology 8: 195-202
  7. Bogdan C et al.(1993) Modulation of macrophage function by transforming growth factor beta, interleukin-4, and interleukin-10. Annals of the New York Academy of Sciences  685: 713-739.
  8. Braun RD et al. (1999)  Fourier analysis of fluctuations of oxygen tension and blood flow in R3230Ac tumors and muscle in rats. American Journal of Physiology (Heart Circulatory Physiology) 277: 551-568.
  9. Brown BN et al. (2009)  Macrophage phenotype and remodeling outcomes in response to biologic scaffolds with and without a cellular component. Biomaterials  30: 1482-1491.
  10. Brugger W et al. (1991)  Macrophage Colony-Stimulating Factor Is Required for Human Monocyte Survival and Acts as a Cofactor for Their Terminal Differentiation to Macrophages In Vitro. Journal of Leukocyte Biology 49: 483-488.
  11. Cao W et al. (2005)  CD83 is preformed inside monocytes, macrophages and dendritic cells, but it is only stably expressed on activated dendritic cells. Biochemical Journal 385: 85-93.
  12. Gordon S et al. (2005) Monocyte and    Macrophage Heterogenity. Nature          Reviews Immunology 5: 953-964.
  13. Hamilton JA (2008) Colony-stimulating factors in inflammation and autoimmunity. Nature Reviews8: 533-543.

Weiterführende Artikel (23)

Antigen-Präsentation; CCL18; CCL2; CD14; CD16; CD163; CD206; CD68; CD80; CD86; ... Alle anzeigen
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