Penicilline

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

Co-Autor: Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Synonym(e)

Penizilline

Definition

Penicilline, auch Penizilline (von lat. "penicillium" Pinselschimmel), bezeichnet eine Gruppe von antibiotisch wirksamen Substanzen, die sich strukturell von der 6-Aminopenicillansäure ableiten. Penicilline gehören zur Gruppe der Betalactam-Antibiotika. Die Summenformel lautet R-C9H11N2O4S, wobei „R“ für eine variable Seitenkette steht.

Neben natürlich vorkommenden Penicillinen, die als sekundäre Stoffwechselprodukte von verschiedenen Penicillium-, Aspergillus-, Trichophyton- und Streptomyces-Arten gebildet werden, werden zu der Gruppe der Penicilline gezählt, so auch die biosynthetisch der teilsynthetisch hergestellten Penicilline.

Natürlich vorkommende Penicilline

Die Ausgangssubstanz der Penicilline, die 6-Aminopenicillansäure, entsteht biologisch aus L-alpha-Aminoadipinsäure und den Aminosäuren L-Cystein und L-Valin, wobei zunächst Isopenicillin N gebildet wird. Durch den durch die Acyltransferase katalysierten Austausch des L-α-Aminoadipylrestes durch andere organische Säurereste entstehen verschiedene Penicilline. Von den natürlichen Penicillinen ist nur Penicillin G (Benzylpenicillin) therapeutisch bedeutsam, das fermentativ aus Penicillium chrysogenum gewonnen wird. Neben Penicillium-Arten als biologische Produzenten werden Penicilline auch von anderen Schimmelpilzen wie Acremonium chrysogenum (ehemals Cephalosporium acremonium) und Aspergillus nidulans gebildet, sowie von bestimmten Bakterien, die der Ordnung Actinomycetales angehören.

Bio- und teilsynthetische Penicilline

Das oral wirksame Penicillin V (Phenoxymethylpenicillin) entsteht fermentativ durch Zusatz eines synthetischen Präkursors, der Phenoxyessigsäure („Biosynthese“).  Teilsynthetische Weiterentwicklungen der natürlichen Penicilline entstehen durch Umsetzung von 6-Aminopenicillinsäure mit Carbonsäurehalogeniden. Ihr Vorteil gegenüber Penicillin G ist Säure- und/oder Stabilität gegenüber des Enzyms Penicillinase, bzw. ein erweitertes Wirkspektrum.

Pharmakodynamik (Wirkung)

Das Grundgerüst der Penicilline besteht aus 6-Aminopenicillansäure, einem bizyklischen Dipeptid aus L-Cystein und L-Valin (Betalactam-Ring). Die 6-Aminopenicillansäure wird von der D-Alanin-Transpeptidase der Bakterien gebunden. Damit ist das Enzym blockiert. Das Enzym ist für die Quervernetzung der Peptidoglykane in den Zellwänden grampositiver Bakterien zuständig. Das Enzym wird v.a. bei sich teilenden Bakterien aktiv. Indem Penicilline die Quervernetzung verhindern schwächen sie irreversibel die Stabilität der Zellwand. Weiterhin kommt es durch den ständigen Auf- und Abbau der defekten Zellwand zu toxischen Abbauprodukten.

Die Wirkung der Penicilline betrifft nur sich teilende Bakterien. Ruhende Bakterien werden durch Penicilline nicht beeinflusst, da keine Zellwand-Neusynthese stattfindet.

Penicillin G und V wirken gegen grampositive nicht jedoch gegen gramnegative Bakterien (Ausnahme gramnegative Kokken wie z.B. Neisserien), da diese über ihrer Zellmembran noch eine weitere äußere Membran besitzen. Diese verhindert den pharmakologischen Ansatz des Penicillins.

Eingeschränkte Indikation

Stillzeit, virale Erkrankungen (v.a. HIV und infektiöse Mononukleose), lymphatische Leukämien, parenterale Appl. bei Pat. mit atopischer Diathese.

Merke! In der Schwangerschaft ist eine Gabe jederzeit möglich.

Komplikation(en)

Resistenzentwicklungen bei Penicillin G sind ein großes klinisch – therapeutisches Problem. Hinzu kommt das Problem der Kreuzresistenzen. Kreuzresistenzen führen dazu, daß Penicillin-resistente Bakterien auch gegen andere Betalactam-Antibiotika (z. B. Cephalosporine) resistent werden. Besonders gefürchtet ist die Multiresistenz bei Staphylococcus aureus (MRSA). Durch den Austausch der Resistenzgene zwischen verschiedenen Bakterienarten wird eine Antibiotikaresistenz auch auf andere Arten weitergetragen.

Hoigné-Syndrom (selten bei intramuskulärer Applikation).

Unerwünschte Wirkungen

Bronchospasmus, BB-Veränderungen, Vaskulitis, Purpura, Mundtrockenheit, gastrointestinale Störungen, allergische Reaktionen, Kreuzallergie mit Cephalosporinen, RR-Abfall, CK-Erhöhung, Myokarditis, zentralnervöse Erregung mit epileptischen Anfällen, Hyperurikämie, Arthralgien, Myalgien, Hyperhidrose.

Merke! Allergische Reaktionen in 0,5-2% (6-Aminopenicillansäure, Kreuzallergie bei allen Penicillinen; s.u. Penicillinallergie). Herxheimer-Reaktion am Behandlungsbeginn der Syphilis.

Wechselwirkungen

S. Tabelle 2.

Kontraindikation

Penicillin- oder Cephalosporin-Unverträglichkeit (Kreuzallergie!).

Tabellen

Einteilung der Penicilline

Benzylpenicillin (Penicillin G)

Benzylpenicillin-Benzathin

Benzylpenicillin-Procain

Penicillin G

Phenoxypenicilline

Azidocillin

Phenoxymethylpenicillin (Penicillin V)

Phenoxymethylpenicillin-Benzathin

Propicillin

Isoxazolpenicilline

Dicloxacillin

Flucloxacillin

Oxacillin

Aminobenzylpenicilline

Amoxicillin

Ampicillin

Acylaminopenicilline

Mezlocillin

Piperacillin


Wesentliche Wechselwirkungen von Penicillinen

Antikoagulantien

Blutungskomplikationen (bei hoher Dosierung i.v.)

Betarezeptorenblocker

Risiko und schwere anaphylaktischer Reaktionen↑

Chloramphenicol

Wirkung der Penicilline↓

Famciclovir

Famciclovir-Spiegel ↑

Herzglykoside

Herzglykosid-Spiegel ↑

Indometacin

Ausscheidung der Penicilline verzögert

Kontrazeptiva, orale

Kontrazeptive Wirkung ↓ (Beeinflussung der Darmflora)

Makrolidantibiotika

Penicillin-Wirkung↓

Probenecid

Penicillin-Spiegel↑

Sulfonamide

Penicillin-Wirkung↓

Tetracycline

Penicillin-Wirkung↓

Thrombozytenaggregationshemmer

Blutungskomplikationen (bei hohen i.v.-applizierten Dosierungen)

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