Herpesviridae

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

Alle Autoren dieses Artikels

Zuletzt aktualisiert am: 04.12.2024

This article in english

Synonym(e)

CMV; Herpesviren; HHV; Humane Herpesviren; Human herpesviruses

Definition

Herpesviren (von griech. herpein=kriechen) sind komplex aufgebaute, humanpathogene, wirtsspezifische, behüllte, doppelsträngige DNA-Viren, die mit einem ikosaedrischen Kapsid (aus Dreiecksflächen bestehende Proteinhülle) ausgestattet sind, die jeweils noch von einer Hüllmembran umgeben ist. Das Genom des HSV zählt mit etwa 150kb zu den großen Genomen humanpathogener Viren. Zwischen Hülle und Kapsid sind die Tegumentproteine eingelagert, die sowohl matrixähnliche Eigenschaften besitzen, als auch regulatorische Funktionen bei der Virusvermehrung ausüben. In der Hülle finden sich 12 verschiedene Glykoproteine, die für Absorption, Penetration des Virus, aber auch für Interaktionen mit Proteinen des Immunsystems zuständig sind.

Allgemeine Definition

Herpesviren sind bei Wirbeltieren und beim Menschen weit verbreitet. Es wird davon ausgegangen, dass etwa 85% (50-95%) der Bevölkerung weltweit mit HSV-1 und 25% (5-50%) mit HSV-2 infiziert sind. Gesicherte Zahlen gibt es jedoch weder für Deutschland noch weltweit. Etwa 30% der Infizierten haben rekurrente Infektionen und ca. 1% der Virusträger erleiden häufig, d.h. 1mal/Monat ein Wiederaufflammen der latenten Herpesinfektion.

Übertragung: Alpha-Herpesviren infizieren in der Regel zuerst Epithelzellen (z.B. Haut- oder Schleimzellen).

Attachment: Dabei beginnt der Replikationszyklus mit  der Adsorption des Virus an seine zellulären Rezeptoren, ein Heparansulfat. Das für dieses Protein kodierende Gen, das HS3ST6-Gen (HS3ST6 steht für „Heparan Sulfat-Glucosamin 3-Sulfotransferase 6“) kodiert für die 3'-Phospho-5'-Adenylylsulfat (PAPS) die die Übertragung einer Sulfogruppe auf Heparansulfat katalysiert. Durch die substratspezifische O-Sulfatierung wird nicht gerinnungshemmendes Heparansulfat in gerinnungshemmendes Heparansulfat umgewandelt. Hierdurch entsteht ein enzymmodifiziertes Heparansulfat, das als Bindungsrezeptor für Herpes Simplex Virus-1 (HSV-1) fungiert und dessen Eindringen ermöglicht. Anschließend kommt es zu spezifischen Wechselwirkungen mit Proteinrezeptoren an der Zelloberfläche.

Die Virushülle adsorbiert an Rezeptoren auf der Plasmamembran der Wirtszelle. Hierbei handelt es sich beim Attachment um Heparansulfate oder modifizierte Heparansulfate (Hof H et al. 2019) an die das Virus mit seinen Glykoproteinen aus der gB-Familie binden kann. Anschließend kommt es zu spezifischen Wechselwirkungen mit Proteinrezeptoren auf der Zelloberfläche. Hierzu gehören neben den Integrinen (Integrin ITGAV:ITGB6 wirkt als Rezeptor für für das Herpes-simplex-Virus-1/HHV-1 (Gianni Tet al. 2013). und Glykoproteinen aus den gD-, gH- und gL-Familien auch MHC-Moleküle. Es folgt die Fusion der viralen Hülle mit der Zellmembran. Das DNA-haltige Kapsid wird in das Zytoplasma freigegeben. Es ist anzunehmen, dass das Kapsid mit dem mikrotubulären Transportsystem der Zelle in Wechselwirkung treten kann, sodass ein Transport bis an die Kernmembran der Zelle erfolgt. Dort kann der genomische DNA-Protein-Komplex über eine Kernpore in den Zellkern transloziert werden. Hier wird das lineare virale Genom zirkularisiert und liegt nun episomal im Zellkern vor. Die nachfolgende Replikation verläuft stufenförmig.  

Replikation: Zunächst wird die virale DNA im Zellkern transkribiert. Die aus den Transkripten erzeugten Messenger-RNAs werden im Zytoplasma translatiert.  Die ersten Translationsschritte betreffen die sogenannten „Intermediate early“ (IE)-Proteine. Die IE-Proteine bestehen v.a. aus regulatorischen Proteinen die für die nachfolgenden Transkriptionsvorgänge („Early“-E-Proteine) notwendig sind. Unter diesen E-Proteinen befindet sich auch eine DNA-Polymerase die für die Replikation des DNA-Genoms sorgt. Nach dem Beginn der DNA-Replikation setzt auch die Transkription der „Late“-L-Gene ein, unter denen sich vor allem die Strukturproteine des Virus befinden.

Reifung und Austritt: Der Zusammenbau des Kapsids einschließlich der Verpackung des linearen viralen Genoms findet im Zellkern statt. Die Fähigkeit, Zellen zu infizieren, wird erworben, wenn die Kapsiden durch Knospung durch die innere Lamelle der Kernmembran und in einigen Fällen durch andere Membranen der Zelle umhüllt werden. Viruspartikel reichern sich im Raum zwischen der inneren und äußeren Lamelle der Kernmembran und in  dem endoplasmatischen Retikulums an. Die Viruspartikel werden über das  vesikuläre Transportsystem der Zelle an die Zelloberfläche geschleust und verlassen dort die Wirtszelle nach Fusion der Transportvesikel mit der Zellmembran.

Virale Latenz: Bevor das Immunsystem die Infektion unter Kontrolle gebracht hat, infizieren die Viren auch bestimmte Nervenzellen. Im Zellkern dieser Neuronen wird die virale DNA neben der Neuronen-DNA als episomale DNA abgelegt (die im Kern angelangte virale DNA schließt sich zu einem Ring). In dieser Form verhält sich das Virus dann still und ist für das Immunsystem nicht zu entdecken (latente Infektion). Durch bestimmte Einflüsse (z.B. Immunsuppression, Stress (z.B. Ekel), Krankheit, Hormonschwankungen, UV-Strahlung) wird das Virus wieder aktiv, zerstört die Nervenzelle und befällt dann erneut Epithelzellen, so dass eine akute Herpeserkrankung auftritt. 

Erreger

Humanpathogene (den Menschen befallende) Humane Herpesviren (HHV) werden in 8 Gruppen unterteilt. Die einzelnen Arten sind jeweils Auslöser für spezifische Krankheiten. Typisch für Herpesviren ist ihre Fähigkeit , in den Zielzellen des Wirtes lebenslang zu persistieren. Bei Störungen der Immunitätslage kann es so zu späteren Reaktivierung kommen.

Klinisches Bild

Alphaherpesvirinae

  • HHV-1: Simplexvirus: Herpes simplex Typ 1 (HHV-1): Herpes simplex, Herpes simplex labialis, Herpes simplex genitalis, Stomatitis aphtosa (s.u. Herpes-simplex-Virus-Infektionen). HHV-2: Herpes simplex Typ 2 (HHV-2): Herpes simplex, Herpes simplex genitalis. 
  • Herpes B (Herpesvirus siniae/Affenherpes)
  • HHV-3: Varizellavirus (VZV): Windpocken, kongenitales Varizellensydrom, Gürtelrose (Herpes Zoster).

Betaherpesvirinae

  • HHV-5: Cytomegalovirus (CMV): CMV-Pneumonie, CMV-Sialoadenitis, CMV-Kolitis u.a.
  • HHV-6: Humanes Herpesvirus 6: Exanthema subitum (sog. Dreitagefieber); Basalzellkarzinome, Plattenepithelkarzinome (HHV-6 als mögliche Kofaktoren); offenbar besteht ein Zusammenhang zwischen der Reaktivierung von HHV-6 und dem Schweregrad medikamentös ausgelöstem DRESS-Syndrom (Drug reaction with eosinophilia and systemic symptoms). Erstinfektion mit HHV-6 in 95% der Fälle vor dem 2. Lebensjahr. Im Erwachsenenalter geht die Primärinfektion mit einem hochfieberhaften Krankheitsbild mit makulo-papulösem Exanthem, Lymphadenopathie und möglicher komplikativen Hepatitis und Meningoenzephalitis einher.
  • HHV-7: Roseolovirus: Humanes Herpesvirus 7): Pityriasis rosea (?), Lichen planus (?), gelegentlich konnte der Virus-Nachweis bei einem Exanthema subitum geführt werden.

Gammaherpesvirinae

Hinweis(e)

Antivirale Therapien von Herpeserkrankungen inhibieren die virale DNA-Polymerase und somit die eine Vermehrung des Virus. Aciclovir eine Guanosin-Analogon wird von den infizierten Zellen aufgenommen und durch eine viruskodierte Thymidin-Kinase in die aktive virale Form umgewandelt. Aciclovir hemmt die virale DNA-Synthese durch Kompetition mit Desoxyguanosintriphosphat. Die Folge ist ein Abbruch der DNA-Kette. Es kann kein funktionsfähiges Genom entstehen.   

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Hall LD et al. (2015) Epstein-Barr virus:dermatologic associations and implications: part I. Mucocutaneous manifestationsof Epstein-Barr virus and nonmalignant disorders. J Am Acad Dermatol 72:1-19
  2. Fried I et al. (2009) HHV-6-Infektion-nicht immer ein Dreitagefieber.JDDG 7: 234-236
  3. Gianni T et al. (2013) αvβ6- and αvβ8-integrins serve as interchangeable receptors for HSV gH/gL to promote endocytosis and activation of membrane fusion. PLoS Pathog 9: e1003806.
  4. Hall LD et al. (2015) Epstein-Barr virus:dermatologic associations and implications: part I. Mucocutaneous manifestationsof Epstein-Barr virus and nonmalignant disorders. J Am Acad Dermatol 72:1-19
  5. Leite S et al. (2005) Human herpesvirus type 6 and type 1 infection increases susceptibility to nonmelanoma skin tumors. Cancer Letters 224: 213-219
  6. Tohyama M et al. (2007) Association of human herpesvirus 6 reactivation with the flaring and severity of drug-induced hypersensitivity syndrome. Br J Dermatol 157: 934-940

Disclaimer

Bitte fragen Sie Ihren betreuenden Arzt, um eine endgültige und belastbare Diagnose zu erhalten. Diese Webseite kann Ihnen nur einen Anhaltspunkt liefern.

Abschnitt hinzufügen

Autoren

Zuletzt aktualisiert am: 04.12.2024