EGF-Rezeptor-Inhibitoren

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 23.08.2024

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Synonym(e)

EGFR-Inhibitoren; EGFR-Inhibitors; Inhibitoren des epidermalen Wachstumsfaktorrezeptors; Signaltransduktions-Inhibitoren

Definition

EGF-Rezeptor-Inhibitoren sind Rezeptor-blockierende Proteine die zur Behandlung unterschiedlicher EGFR-exprimierender Tumoren wie z.B. dem nicht kleinzelligen Bronchialkarzinom (NSCLC), dem Mammakarzinom und dem Kolonkarzinom eingesetzt werden (s.unten).

Allgemeine Informationen: Der humane EGF-Rezeptor (HER) ist ein transmembranärer Rezeptor, bestehend aus einem Glykoprotein, das zur HER/ErbB-Familie mit 4 nahe verwandten Rezeptor-Tyrosinkinasen: GFR1/HER1 (ErbB-1), HER2/c-neu (ErbB-2), HER3 (ErbB-3) und HER4 (ErbB-4) gehört (Singh D et al. 2016). Der EGF-Rezeptor wird ubiquitär im Gewebe des Körpers exprimiert, so auch auf den Keratinozyten der basalen Epidermis und der äußeren Haarwurzelscheide wo er eine wichtige Funktion für die epidermale Barriere, bei der antimikrobiellen Abwehr und der Regulation der Homöostase spielt. In der Zellmembran einer gesunden Zelle sitzen etwa 40.000-100.000 EGFR-Proteine.

Der humane EGF-Rezeptor sitzt wie alle Mitglieder der HER/ErbB-Familie auf der Zellmembran auf, ragt jedoch mit seinem unteren Ende ins Zellinnere (transmembranärer Rezeptor). Die Aktivierung des humanen EGF-Rezeptors erfolgt durch extrazelluläre Bindung verschiedener Liganden der EGF-Familie (u.a. Transforming Growth Factor-a (TGF-a), Heparin-binding EGF, Amphiregulin, Betacellulin, Epiregulin oder Neuregulin G2b).

Nach Bindung von Liganden an die extrazelluläre Rezeptordomäne, leitet die nunmehr aktivierte Tyrosinkinase des EGF-Rezeptors das Signal ins Zellinnere (Signaltransduktion). Die ErbB-Rezeptoren mediieren ihre proliferativen Signale über einen bedeutenden zytoprotektiven Signaltransduktionsweg, welcher Adaptor- Proteine wie GRB2 und SHC, GTP-Austauschfaktoren wie SOS, Phospholipase Cγ (PLCγ), Ras, Proteinkinase C (PKC), Raf, MAPK, und PI-3-Kinase abhängige Signalwege einbezieht. Diese Signaltransduktionswege beeinflussen direkt oder indirekt die Zellzykluskontrolle und die Transkriptionsregulation, welche die biosynthetische Maschinerie und Zellproliferation in Gang setzen. Weiterhin wird die Apoptose verhindert.

Eine Überexpression des Rezeptors ist meist ein Hinweis für die Transformation einer gesunden Zelle zur Tumorzelle (Hossam M et al. 2016). So ist bei zahlreichen Tumoren die Anzahl der EGF-Rezeptoren deutlich erhöht (bis zu 2 x106 Rezeptoren pro Zelle). Diese Überexpression ist mit einer schlechteren Prognose, geringeren Überlebensraten und vermehrter Metastasierung assoziiert. Besonders betroffen sind Bronchial-, Mamma-, Prostata-, Kolon- und Ovarialkarzinomen. Bei metastasierten, kolorektalen Karzinomen beträgt die EGFR-Überexpression über 80%. EGFR-exprimierende Karzinome sind resistenter gegenüber Chemotherapien.

 

Pharmakodynamik (Wirkung)

Um eine Rezeptoraktivierung zu verhindern, ergeben sich zwei verschiedene Ansätze:

  • Hemmung der Bindung der Liganden an den EGF-Rezeptor: Dies kann z.B. dadurch geschehen, dass ein Medikament, dessen Wirkstoff eine ähnliche Struktur wie bespielsweise EGF aufweist an dessen Stelle den Rezeptor besetzt (Rezeptorblockade).
  • Blockierung der Tyrosinkinase des EGF-Rezeptors im Zellinneren: Die EGF-Moleküle können die Rezeptoren zwar besetzen, die chemische Reaktion, die den Zellteilungsprozess auslöst, wird jedoch blockiert. Das Wirkprinzip des am weitesten entwickelten Wirkstoffs unter den EGFR-Hemmern nutzt diese Wirkmechanismen.

Unerwünschte Wirkungen

Der Einsatz von EGFR-Inhibitoren zeigt abhängig von Therapiedauer vielfältige kutane Nebenwirkungen (Tischer B et al. 2017). So entwickeln sich in einem Zeitraum von 2 Wochen EGF-Inhibitor-induzierte Hautreaktionen, v.a. im Bereich der seborrhoischen Zonen, ein follikuläres (akneiformes) papulo-pustulöses Exanthem. Auch der untere Rumpf und die Extremitäten können betroffen sein. Komedonen fehlen typischerweise. Der Schweregrad des Exanthems gilt als Gradmesser für das therapeutische Ansprechen der EGFR-Inhibitoren. Es wird angenommen, dass EGF eine Kontrollfunktion für die entzündlichen Vorgänge der Akne vulgaris ausübt (Aydingoz IE et al. 2021).  

Nicht selten klagen die Patienten über eine Xerose der Haut und der Schleimhäute. Weiterhin werden schmerzhafte Paronychien und ein verstärktes diffuses Effluvium beobachtet.

Auffällig ist weiterhin eine Trichomegalie die auch Augenbrauen und Wimpern betreffen kann.

Haut- und Haarveränderungen bilden sich in der Regel nach der Therapie spontan wieder zurück. Sie können jedoch je nach Schwere den Patienten erheblich psychisch belasten und daher therapielimitierend sein (Pfützner W 2018).

Präparate

Bereits erfolgreich getestete und zugelassene Substanzen sind:

  • Inhibitoren der EGFR-Tyrosinkinase (Tyrosinkinase-Hemmer)
    • Afatinib (Giotrif®)nicht kleinzelliges Bronchialkarzinom (NSCLC), oral verabreichbarer selektiver Inhibitor aller wachstumsrelevanter Mitglieder der EGR-Familie.  
    • Dacomitinib (Vizimpro®) nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom, EGFR-Mutation, Erstlinie;  in der EU seit 2019 als Filmtablette zugelassen.
    • Gefitinib (Iressa®) nicht-kleinzelliges Bronchialkarzinome mit aktivierenden EGFR-Mutationen
    • Erlotinib (Tarceva®) nicht-kleinzelliges Bronchialkarzinom, Indikationserweiterung zur Therapie des Pankreaskarzinoms
    • Lapatinib (Tyverb®) Patientinnen mit Brustkrebs, deren Tumore HER2 (ErbB2) überexprimieren.
    • Vandetanib (Caprelsa®) Schilddrüsenneoplasien
  • EGFR-bindende monoklonale Antikörper
    • Cetuximab (Erbitux®) kolorekatales Karzinom)
    • Panitumumab (Vectibix®) fortgeschrittenes kolorektales Karzinom (mit KRAS-Wildtyp)
    • Pertuzumab (Perjeta®) humanisierter, monoklonaler Antikörper, der spezifisch an die extrazelluläre Dimerisierungsdomäne (Subdomäne II) des Wachstumsfaktorrezeptorproteins HER2 bindet.
    • Necitumumab (Portrazza®) nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom (NSCLC) mit EGFR-Expression
    • Trastuzumab (Herceptin® ) fortgeschrittenes Mamma-/Magenkarzinom 
    • Trastuzumab Emtasin: fortgeschrittenes Mamma-/Magenkarzinom

Literatur
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  1. Bayes M et al. (2006) Gateways to clinical trials. Methods Find Exp Clin Pharmacol 28: 31-63
  2. Hossam M et al. (2016) Covalent EGFR Inhibitors: Binding Mechanisms, Synthetic Approaches, and Clinical Profiles. Arch Pharm (Weinheim). 349:573-593.
  3. Knight LA et al. (2004) The in vitro effect of gefitinib ('Iressa') alone and in combination with cytotoxic chemotherapy on human solid tumours. BMC Cancer 23: 83
  4. Pfützner W (2018) Kutane Arzneimittelreaktionen. In: Plewig G et al. (Hrsg) Braun-Falco`s  Dermatologie,Venerologie und Allergologie. Springer Verlag SS 559-624
  5. Saltz LB et al. (2004) Phase II trial of cetuximab in patients with refractory colorectal cancer that expresses the epidermal growth factor receptor. J Clin Oncol 22: 1201-1208
  6. Singh D et al. (2016) Review on EGFR Inhibitors: Critical Updates. Mini Rev Med Chem 16:1134-1166.
  7. Tischer B et al. (2017) Dermatologic events from EGFR inhibitors: the issue of the missing patient voice. Support Care Cancer 25: 651-660.
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Autoren

Zuletzt aktualisiert am: 23.08.2024