Synonym(e)
Erstbeschreiber
Bei japanischen Patienten wird diese Erkrankung am besten als Nakajo-Nishimura-Syndrom beschrieben, da sowohl Nakajo (1939) als auch Nishimura et al. (1950) zur ursprünglichen Beschreibung des Phänotyps beigetragen haben.
Das Nakajo-Nishimura-Syndrom ist eine Erbkrankheit, die viele Teile des Körpers betrifft und bisher nur in der japanischen Bevölkerung beschrieben wurde.
Definition
Das CANDLE-Syndrom (CANDLE bezeichnet das Akronym für „chronic atypical neutrophilic dermatosis with lipodystrophy and elevated temperature”) ist ein sehr seltenes, autosomal rezessiv vererbtes autoinflammatorisches Syndrom, das sich im frühen Kindesalter mit anulären, erythematösen Hautläsionen, Pannikulitis induzierter Lipodystrophie, Arthritis, Gelenkkontrakturen sowie rezidivierenden Fieberschüben manifestiert (Torrelo A et al. 2010). Einige Patienten entwickeln Verkalkungen der Basalganglien oder antinukleäre Antikörper (s.u. Fallberichte).
Auch interessant
Vorkommen/Epidemiologie
CANDLE ist eine sehr seltene Erkrankung. Bisher wurden <100 Fälle in der Literatur beschrieben.
Ätiopathogenese
CANDLE wird durch homozygote Mutationen im PSMB8 (Proteasome subunit beta 8)-Gen (177046) auf Chromosom 6p21 verursacht. PSMB8 kodiert eine Untereinheit des Proteasoms und ist an der Prozessierung von MHC-Klasse-I-Epitopen in antigenpräsentierenden Zellen beteiligt.
Mutationen in dem kodierten Protein führen zu variablen Defekten in der katalytischen Aktivität des Proteasom-Immunoproteasoms (Brehm A et al. 2015; Liu Y et al. 2012). Das Endergebnis ist eine anhaltend elevierte Produktion von Typ-1-Interferonen, die durch banale Auslöser wie Erkältung, Stress oder Virusinfektionen erheblich gesteigert werden kann.
Digenische Formen von PRAAS1 können durch eine heterozygote Mutation im PSMB8-Gen und eine heterozygote Mutation entweder im PSMA3-Gen (176843) auf Chromosom 14q23 oder im PSMB4-Gen (602177) auf Chromosom 1q21 verursacht werden.
Zusammenfassung: Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine Fehlfunktion des Immunoproteasoms (s.u. Proteasom) zu einer autoinflammatorischen Erkrankung führen kann.
Klinisches Bild
Klinische Symptome sind rekurrierendes Fieber, anuläre Erytheme (mit Neutrophilie) die einige Tage bis einige Wochen andauern können. Auch Pernnio-artige Symptome. Weiterhin persistierende violette Lidödeme und Ödeme der Lippen.
Eine fortschreitende periphere Lipodystrophie tritt v.a. im Gesicht und an den oberen Gliedmaßen auf. Die faciale Lipodystrophie verleiht den Patienten einen einzigartigen und unverwechselbaren Phänotypus.
Die Lipodystrophie ist irreversibel und geht häufig mit Wachstumsstörungen unterschiedlicher Ausprägung einher. Weitere Symptome sind Arthralgien, teilweise erhebliche Gelenkdeformitäten, Blepharitis, noduläre Episkleritis, Chondritis der Ohr- und Nasenknorpel sowie Schübe von aseptischer Meningitis.
Labor
Im Blut lässt sich eine Typ-I-Interferon-Signatur mit konstitutiver „Signal transducers and activators of transcription“ (STAT1)-Phosphorylierung nachweisen.
Interne Therapie
Versuche mit TNF-alpha-Antagonisten haben bei einigen Patienten zu einer vorübergehenden Verbesserung geführt, bei anderen Patienten jedoch Schubaktivitäten induziert. Tocilizumab (imunosuppressive Medikament) zeigte nur eine geringe Wirksamkeit gezeigt. Die Effekte von Tofacitinib und dem JAK-Hemmer Baricitinib bleiben abzuwarten.
Hinweis(e)
Das CANDLE-Syndrom wird den Typ-1-Interferonopathien zugerechnet. Diese stellen eine Gruppe seltener, genetisch und phänotypisch heterogener Krankheitsbilder dar, die durch eine Fehlfunktion des angeborenen Immunsystems hervorgerufen werden (Crow YJ 2011). Mit Ausnahme des multifaktoriellen SLE handelt sich hierbei um sehr seltene Erkrankungen. Pathogenetisch liegen den Typ-1-Interferonopathien Störungen im Metabolismus und in der immunologischen Erkennung von intrazellulären Nukleinsäuren zugrunde.
Fallbericht(e)
Kitamura et al. (2011) stellten drei japanische Patienten mit CANDle-vor, darunter die von Tanaka et al. (1993) berichteten Patienten. Die Patienten stellten sich mit rezidivierendem hohem Fieber mit knotigem Erythem im Alter von 1 Monat bis 3 Jahren vor und begannen im Alter von 6 bis 12 Jahren, eine partielle Lipodystrophie zu entwickeln. Die Lipodystrophie war besonders im Gesicht, an den Fingern und den oberen Gliedmaßen ausgeprägt. Zu den weiteren Merkmalen gehörten Muskelschwäche, Deformierungen der Hände und Erfrierungen an den Händen. Laboruntersuchungen ergaben einen Anstieg von C-reaktivem Protein, IgG und IgA im Serum. Autoantikörper fehlten.
Arima et al. (2011) berichteten über 7 Patienten mit dieser Erkrankung. Zu den klinischen Merkmalen gehörten eine schmale Gesichtsform, eine partielle lipomuskuläre Atrophie. Alle litten unter einem Pernio-artigen, heliotropen Exanthem, begleitet von periodischem Fieber und Gelenkkontrakturen. Alle wiesen Anzeichen einer chronischen Entzündung auf mit erhöhter BSG und Hypergammaglobulinämie. Die meisten hatten eine mikrozytäre Anämie, Hepatosplenomegalie und Basalganglienverkalkung. Zu den variableren Merkmalen gehörten Hyperhidrosis und Kleinwuchs; nur 1 Patient hatte einen niedrigen IQ. Etwa die Hälfte der Patienten wies verschiedene Autoantikörper auf.
Garg et al. (2010) berichteten über einen portugiesischen Mann und zwei mexikanische Geschwister mit ausgeprägter generalisierter Lipodystrophie, Progerie-artigem Aussehen, schweren Gelenkkontrakturen an Ellbogen, Händen, Fingern, Füßen und Zehen. Die Lipodystrophie begann in der Kindheit, nachdem knotige Hautläsionen aufgetreten waren (bioptisch: Pannikulitis). Alle Patienten waren kleinwüchsig und hatten Muskelschwund und -schwäche. Weitere Merkmale waren trockene, sklerosierte Haut, Hepatosplenomegalie, mikrozytäre Anämie und Hypergammaglobulinämie. HDL-Cholesterinspiegel erniedrigt. Die mexikanischen Geschwister hatten beide Krampfanfälle, aber keiner der Patienten war geistig zurückgeblieben. Weiterhin signifikant erhöhter Serumspiegel von IL6 (147620) und Gamma-Interferon (IFNG; 147570). Bei einem Pat. war IL8 (146930) erhöht.
Torrelo et al. (2010) berichteten über vier Patienten, darunter zwei Geschwister, mit rezidivierendem Fieber im Säuglingsalter, anulären erythematösen Plaques (grnaulomatöse Dermatiitis mit Neutrophilie., anhaltenden violetten Augenlidschwellungen, reduziertes Wachstum, partieller Lipodystrophie, Hepatomegalie und Arthralgien. Laboruntersuchungen: BSG, C-reaktives Protein erhöht, weiterhin: hypochrome Anämie, zeitweise erhöhte Leberenzyme, Hypertriglyceridämie, Thrombozytose, Basalganglienverkalkungen. Torrelo et al. (2010) schlugen das Akronym chronic atypical neutrophilic dermatosis with lipodystrophy and elevated temperature syndrome (CANDLE) vor. Liu et al. (2012) identifizierten bei allen Pat. eine homozygote Mutation im PSMB8-Gen (T75M; 177046.0001).
Digenische Vererbungsmodus: Brehm et al. (2015) berichteten über zwei Brüder irischer Abstammung (Familie 5) mit digenischer Vererbung. Die Patienten trugen eine heterozygote Nonsense-Mutation im PSMB4-Gen (Y222X; 602177.0001) auf einem Allel und eine Missense-Mutation im PSMB8-Gen (K105Q; 177046.0005) auf dem anderen Allel. Erste Hautveränderungen (ringförmige Plaques, violette Augenlider, hyperpigmentierte Flecken, Narben) in den ersten 3 bis 4 Lebenswochen mit Fieber und Anämie. Weitere Merkmale waren ein schlechtes Gesamtwachstum, Lymphadenopathie, Hepatosplenomegalie, Myositis, Arthritis/Arthralgien, wiederkehrende Infektionen, Gelenkkontrakturen und Lipodystrophie. Laboruntersuchungen ergaben erhöhte Akutphase-Reaktanten, mikrozytäre Anämie und Lymphopenie, Basalganglienverkalkungen. Ein Patient wies Autoantikörper auf.
Brehm et al. (2015) berichteten außerdem über zwei weitere nicht verwandte Patienten (Patienten 2 und 3) mit digenischem CANDLE-Syndrom. Bei beiden Patienten lag eine heterozygote Missense-Mutation im PRMB8-Gen (T75M; 177046.0001) sowie eine heterozygote Mutation im PSMA3-Gen (176843.0001 bzw. 176843.0002) vor. Bei den Patienten traten die Symptome in den ersten Lebensmonaten auf. Die Merkmale waren recht unterschiedlich, umfassten jedoch periorbitale Erytheme und Ödeme, violette Augenlider, Fieber, Hautläsionen, Myositis, Arthralgie, Gelenkkontrakturen, erhöhte Akutphase-Reaktanten, Lymphadenopathie, Lipodystrophie und insgesamt schlechtes Wachstum. Laboruntersuchungen ergaben Thrombozytopenie, hypochrome Anämie, Lymphopenie, Autoantikörper, Lipidanomalien, abnorme Leberenzyme, erhöhte Akute-Phase-Reaktanten und Hypergammaglobulinämie.
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
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Verweisende Artikel (8)
Immundefekte primäre (autoinflammatorische Erkrankungen); Immundefekte primäre Hautveränderungen; Keratosis linearis mit Ichthyosis congenita und sklerosierendem Keratoderm mit Mutationen in POMP; Proteasom-assoziiertes autoinflammatorisches Syndrom 1; Proteasom-assoziiertes autoinflammatorisches Syndrom 2; PSMB8-Gen; STING-associated vasculopathy with onset in infancy; Typ-1-Interferone ;Weiterführende Artikel (11)
Autoinflammatorische Syndrome (monogene) Hautveränderungen; Blepharitis; Interferon-Signatur; Lidödem; Lipodystrophien (Übersicht); Proteasom; PSMB8-Gen; TNF-alpha-Antagonisten; Tocilizumab ; Tofacitinib; ... Alle anzeigenDisclaimer
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