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Follikulitis gramnegativeL08.0
Synonym(e)
Erstbeschreiber
Fulton, 1968
Definition
Chronisch rezidivierende, vorwiegend zentrofazial lokalisierte Follikulitis ausgelöst durch gramnegative Erreger.
Erreger
Einteilung
Typ I: wird durch Enterobactericeae und Pseudomonas aeruginosa
Typ II: wird durch Proteus spp. ausgelöst.
Ätiopathogenese
Verdrängung der normalen Bakterienflora der Haut durch gramnegative Bakterien, ausgelöst durch langfristige antiseptische Lokaltherapie meist bei Acne vulgaris oder Rosazea. Das Krankheitbild kann auch komplikativ nach Epilationen auftreten.
Manifestation
Überwiegend bei Männern auftretend mit starker Seborhoe und vorausgegangener antimikrobiellen Lokal- oder Systemtherapie.
Lokalisation
Zentrofazial, Oberlippe, Umgebung der Nasenöffnung, später Kinn und Mundbereich.
Klinisches Bild
Rezidivierendes Auftreten von blass-gelben, follikulären Pusteln und roten Papeln auf entzündlich gerötetem Grund.
Häufig starke Seborrhoe; s.a. Organtransplantationen, Hautveränderungen.
Typ I: überwiegend perinasale Lokalisation der Effloreszenzen
Typ II: überwiegend nasolabiale und periorale Lokalisation der tiefsitzenden, Acne-conglobata-ähnlichen entzündlichen Knoten.
Histologie
Follikuläre Abszesse ohne Komedonen.
Diagnose
Differentialdiagnose
Acne vulgaris: Bild der typischen Akne mit pubertätsnahem Beginn der Erscheinungen wie Seborrhoe, zentrofazial akzentuierten Komedonen, Papeln und Pusteln. Meist weiterer Befall aknetypischer Lokalisationen!
Folliculitis simplex barbae: Sukkulente Erytheme mit zahlreichen, teilweise konfluierenden, follikulär gebundenen Pusteln; später honiggelbe Krusten. Schmerzhaftigkeit und Brennen, v.a. beim Rasieren. Meist großflächig verteilt, deutlich follikulär betont mit spitzkegeligen follikulären Papulo-Pusteln. Negative Pilzkultur. Eosinophile, sterile Pustulose (eosinophile, pustulöse Follikulitis): Differentialdiagnostisch ist wegen des Verteilungsmusters nur die infantile Form von Bedeutung. V.a. Knaben (5mal häufiger als Mädchen) im Alter von 5-10 Monaten betroffen. Disseminierte, stark juckende und gerötete Papeln und Plaques mit Entwicklung steriler Pusteln. Konfluenz zu größeren Herden ist möglich, auch anuläre und polyzyklische Herde mit zentraler Regression und peripherer Progression können auftreten. Histologie ist diagnostisch!
Folliculitis barbae candidamycetica (Candida-Follikulitis): Sichtbar sind kleine follikuläre Papeln und Papulo-Pusteln, auch konfluierend, eher juckend als schmerzend, Haare können im läsionalen Bereich fehlen. Kultur aus Abstrichmaterial sowie Inokulationskultur aus epilierten Haaren. Auf Reisagar entwickeln sich innerhalb von 24 h bei 22 Grad C typische Kulturen.
Tuberculosis cutis colliquativa: Selten; eminent chronische Erkrankung; Meist mehrere kugelig vorgewölbte, subkutane, von lividroter Haut bedeckte Knoten. Später Erweichung, Perforation und Fistulation bzw. Ulzeration. Abheilung unter Ausbildung trichterförmig eingezogener Narben sowie von Wulst-, Zipfel- und Brückennarben. Rezidivierende Knoteneruptionen.
Aktinomykose: Sehr selten; die Infektion breitet sich von der Tiefe des Unterkiefers zur Haut hin aus. Fieber und Lokalschmerz können Begleitsymptome sein. Es zeigen sich sehr derbe, blau-rote, infiltrierte Indurationen und Knoten mit Tendenz zu Ulzeration oder Einschmelzung mit Fistelneigung und ausgeprägter Narbenbildung. Häufig Verwachsungen im Umgebungsgewebe. In dem austretenden Eiter lassen sich bereits makroskopisch erkennbare, 0,2-0,5 cm große, unregelmäßig geformte, gelbliche, feste Körner ( Drusen) erkennen. Keine Spontanheilung.
Folliculitis decalvans (s.a. Folliculitis sycosiformis atrophicans) Eher seltene Differenzialdiagnose bei follikulären Entzündungen im Bartbereich. Eminent chronisches Krankheitsbild, das durch allmählich sich ausbreitenden, narbigen Haarverlust gekennzeichnet ist. Zunächst disseminierte, kleine, follikuläre Papeln, später pustulöse Umwandlung, Krustenbildung. Peripheres Fortschreiten der Herde, zentral narbige Abheilung. Es resultieren unregelmäßig geformte Narbenherde mit kleinfleckigem, irreversiblem Haarausfall. Ausbildung von Büschelhaaren (typisch).
Externe Therapie
Kosmetika und Hautirritationen meiden (keine Salben und Cremes).
Stattdessen desinfizierende Lösungen wie Polihexanid (Serasept, Prontoderm), verdünnte Kaliumpermanganat-Lösung (hellrosa), Chinolinol-Lösung (z.B. Chinosol 1:1000) oder keratolytische Lösungen wie 3-5% Salicylsäurespiritus (Salicylsäure-Aknespiritus 5 oder 10% (NRF 11.23.) bzw. 3-5% Benzoylperoxid-haltige Externa (z.B. Aknefug-oxid mild 3%, Akneroxid 5%). Syndets zur Reinigung verwenden.
Rasierer sollten mit Isopropanol 70% regelmäßig desinfiziert werden.
Interne Therapie
Systemische Retinoide wie Isotretinoin (z.B. Isotretinoin-ratiopharm; Aknenormin) 0,5-1 mg/kg KG/Tag über mehrere Monate.
In hartnäckigen Fällen Kombination mit Glukokortikoiden in mittlerer Dosierung, z.B. 40-60 mg/Tag Prednisolon-Äquivalent über 10-14 Tage.
Von systemischen Antibiotika wird zunehmend abgesehen, da neben unbefriedigenden Ergebnissen häufig Rezidive nach Absetzen auftreten.
Nur wenn unter Retinoidtherapie Impetigo contagiosa-artige staphylogene Infektionen auftreten, sollte das Retinoid vorübergehend abgesetzt und eine systemische bzw. externe Antibiose nach Antibiogramm vorgenommen werden.
Verlauf/Prognose
Literatur
- Boni R, Nehrhoff B (2003) Treatment of gram-negative folliculitis in patients with acne. Am J Clin Dermatol 4: 273-276
- Durdu M et al. (2013) First step in the differential diagnosis of folliculitis: cytology. Crit Rev Microbiol 39:9-25
- Jansen T et al. (1994) Gramnegative Follikulitis. Eine diagnostische und therapeutische Herausforderung. MMW 136: 93–96
- Lehrhoff S et al. (2012) Serratia marcescens folliculitis and concomitant acne vulgaris. Dermatol Online J 18:19
- Neubert U et al. (1999) Bacteriologic and immunologic aspects of gram-negative folliculitis: a study of 46 patients. Int J Dermatol 38: 270-274
- Raia DD et al. (2015) Citrobacter koseri folliculitis of the face. Infection PubMed PMID: 25630477.