Synonym(e)
Definition
Die Epidermolysis bullosa dystrophica, auch als dystrophe Epidermolysis bullosa (DEB) bezeichnet, ist eine genetisch bedingte Hauterkrankung, die Haut und Nägel, seltener auch Schleimhäute betrifft. Sie tritt meist bereits bei der Geburt klinisch in Erscheinung. Die Läsionen heilen unter, teilweiser mutilierender Narbenbildung ab. Die EBD wird je nach Vererbungsmuster in zwei Hauptgruppen unterteilt:
- Rezessive (autosomal-rezessive) Epidermolysis bullosa dystrophica (RDEB)
- Dominante(autosomal-dominante) Epidermolysis bullosa dystrophica (DDEB).
Jeder Typ wird weiter in mehrere klinische Subtypen unterteilt. Das Fehlen einer bekannten Familienanamnese für die Epidermolysis bullosa dystrophica schließt die Diagnose nicht aus (Fine JD 2016).
Klinisches Bild
Zu den klinischen Befunden bei schwerer generalisierter autosomal rezessiver EBD (REBD) gehört die Fragilität der Haut, die sich durch Blasenbildung bereits bei minimalen Traumen zeigt und die mit Milien und Narbenbildung abheilt. EB-melanozytäre Naevi treten bei allen Formen von EB dystrophica auf.
Die Blasenbildung und die Bildung von großflächigen Erosionen können bereits in der Neugeborenenperiode auftreten. Sie tendieren zu ausgesprochen schlechter Heilung, teilweise mit Ausbildung eines übschießendenGranulationsgewebes. Eine Beteiligung der Mundschleimhaut kann zur Blasenbildung führen, zu schlecht heilenden Wunden mit potenziellen Synechien und flächenhaften Verwachsung von Zunge und Mundboden, die letztlich zu einer fortschreitenden Verkleinerung der Mundhöhle führen können. Erosionen der Speiseröhre können zu Stegbildungen und Strikturen führen. Die Folge sind unterschiedlich schwer ausgeprägte Dysphagien. Diese kann zu Unterernährung sowie Vitamin- und Mineralstoffmangel bei Kleinkindern führen, die ihrerseits wiederum Wachstumsstörungen nach sich ziehen können. Hornhauterosionen mit konsekutiver Vernarbung können den Verlust des Sehvermögens bedingen. Vernarbende Blasenbildung an Händen und Füßen, führen zu Kontrakturen und Pseudosyndaktylie. Eine weitere Komplikation sind aggressive Plattenepithelkarzinome. Das Lebenszeitrisiko für ein aggressives Plattenepithelkarzinom liegt bei über 90 %.
Im Gegensatz zu der schwer und generalisiert verlaufenden REBD kann die Blasenbildung bei den weniger schwer verlaufenden Formen der REBD lokalisiert auftreten. Die mechanisch beanspruchten Hautpartien, die Hände, Füße, Knie und Ellenbogen sind bevorzugt befallen, mit oder ohne Beteiligung der Beugeseiten und des Rumpfes, aber ohne mutilierende Vernarbung.
Bei der autosomal-dominant vererbten DEBD (dominante dystrophe Epidermolyse) ist die Blasenbildung oft mild und auf Hände, Füße, Knie und Ellenbogen beschränkt. Auch bei diesem Typ kommt es (infolge der dermolytischen Blasenbildung) zur Narbenbildung. Finger- und Zehennägel sind häufig betroffen. Sie können die einzige Manifestation der DDEB sein („nails only“).
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Labor
Wenn die phänotypischen und labortechnischen Befunde die Diagnose DEB nahelegen, können molekulargenetische Testansätze Einzelgentests oder die Verwendung eines Multigen-Panels umfassen:
- Einzelgen-Tests. Bei der Sequenzanalyse von COL7A1 werden kleine intragenische Deletionen/Insertionen sowie Missense-, Nonsense- und Spleißstellen-Varianten nachgewiesen; typischerweise werden Exon- oder Ganzgen-Deletionen/Duplikationen nicht erkannt. Insofern ist es empfehlenswert zunächst eine Sequenzanalyse durchzuführen. Wenn keine pathogene Variante gefunden wird oder wenn nur eine einzige pathogene Variante bei einem Individuum identifiziert wird, bei dem eine rezessive DEB vermutet wird, führen Sie eine gezielte Gen-Deletions-/Duplikationsanalyse durch, um intragene Deletionen oder Duplikationen zu erkennen.
- Ein Epidermolysis-bullosa-Multigen-Panel, das COL7A1 und andere interessante Gene umfasst, ist am ehesten in der Lage, die genetische Ursache der Erkrankung zu vertretbaren Kosten zu identifizieren und gleichzeitig die Identifizierung von Varianten unklarer Signifikanz und pathogener Varianten in Genen, die den zugrunde liegenden Phänotyp nicht erklären, einzuschränken.
Hinweis: Die in das Panel aufgenommenen Gene und die diagnostische Sensitivität der für jedes Gen verwendeten Tests variieren je nach Labor und werden sich wahrscheinlich im Laufe der Zeit ändern. Einige Multigen-Panels können Gene enthalten, die nicht mit der in dieser GeneReview behandelten Erkrankung in Verbindung stehen. In einigen Labors können die Panel-Optionen ein vom Labor entworfenes Panel und/oder eine auf den Phänotyp fokussierte Exomanalyse umfassen, die vom Arzt spezifizierte Gene einschließt. Zu den in einem Panel verwendeten Methoden können Sequenzanalysen, Deletions-/Duplikationsanalysen und/oder andere nicht auf Sequenzierung basierende Tests gehören. Für diese Erkrankung wird ein Multigen-Panel empfohlen, das auch eine Deletions-/Duplikationsanalyse umfasst.
Histologie
Charakteristische histologische Befunde:
- Die Anfärbung von Kollagen VII mit Antikörpern ist vermindert oder nicht vorhanden.
- Bei milderen Formen von RDEB und bei DDEB kann die Anfärbung für Kollagen VII normal erscheinen, aber die Spaltungsebenen liegen unterhalb der Lamina densa.
- Eine normale Färbung für andere Antigene (z. B. Laminin 332, Kollagen XVII, Plektin, α6β4-Integrin und Keratine 5 und 14) hilft, die Diagnose DEB zu bestätigen.
Transmissions-Elektronenmikroskopie (TEM):
Bei milderen Formen der EB, reichen direkte IF-Untersuchungen häufig nicht aus, um die Diagnose zu stellen, da nahezu normale Antigenkonzentrationen nachgewiesen werden können und keine Spaltungsebene beobachtet wird. In solchen Fällen kann eine TEM-Untersuchung der Hautbiopsie hilfreich sein, um die zellulären Strukturen zu untersuchen (Eady RA et al. 2010).
Charakteristische EM-Befunde:
-Alle EBD: Die Spaltung wird unterhalb der Lamina densa der Basalmembranzone beobachtet.
-Rezessive EBD schwer generalisiert: Verankerungsfibrillen sind deutlich reduziert, fehlen oder sind in ihrer Morphologie abnormal.
-Dominante EBD, REBD-gen. und -lokalisiert: Verankerungsfibrillen können in ihrer Anzahl reduziert erscheinen und/oder eine veränderte Morphologie aufweisen. Intrazelluläre Retention von Kollagen VII kann bei einigen Personen beobachtet werden. Bei einigen Personen mit vorübergehender Blasenbildung in der Neugeborenenperiode kann Kollagen VII intrazellulär in den basalen Keratinozyten zurückgehalten werden, anstatt in die Basalmembranzone transportiert zu werden.
Diagnose
Die Diagnose basiert auf dem klinischen Befund, der Familienanamnese und auf versch. diagnostischen Tests. Hierbei ist die molekulargenetische Analyse das sicherste Testverfahren. Die direkte Immunfluoreszenz (IF) und/oder die Transmissionselektronenmikroskopie (EM) läsionaler Haut sind insbesondere bei der Klassifizierung von Subtypen hilfreich.
Bei folgenden klinischen Befunden ist der Verdacht auf dystrophe Epidermolysis bullosa gegeben:
-Brüchigkeit der Haut, manifestiert durch Blasenbildung bei minimalem Trauma, die mit Milien und Narbenbildung abheilt. Blasenbildung und Erosionen:
- sind bereits in der Neugeborenenperiode vorhanden sind
- treten generalisiert am ganzen Körper einschließlich der Schleimhäute auf (schwerste Formen) oder nur lokalisiert hauptsächlich an Händen, Füßen, Knien und Ellenbogen (mildere Formen).
- Führen zu einer verstümmelnden Pseudosyndaktylie der Hände und Füße (schwere Formen)
- Führen zu Narbenbildung und Strikturen im Mund und/oder in der Speiseröhre
- Führen zu Hornhauterosionen mit daraus resultierender Narbenbildung, die zum Verlust des Sehvermögens
- Prädisponieren für Plattenepithelkarzinome
- Fürehn zu dystrophen oder fehlende Nägel, insbesondere Zehennägel
-Familienanamnese, die entweder auf einen autosomal rezessiven oder einen autosomal dominanten Erbgang hindeutet.
-Molekulargenetische Tests: Diese können je nach Phänotyp durch eine Kombination aus gezielten Gentests (Einzelgentests, gleichzeitige oder serielle Einzelgentests, Multigen-Panel) und umfassenden Genomtests (chromosomale Microarray-Analyse, Exom-Sequenzierung, Exom-Array, Genom-Sequenzierung) sichergestellt werden. Bei den Gentests muss festgelegt werden, welche(s) Gen(e) wahrscheinlich beteiligt ist/sind (biallelische pathogene Variante (REBD) oder eine heterozygote pathogene Variante (DEBD) in COL7A1), während dies bei den Genomtests nicht erforderlich ist. Da der Phänotyp der EBD sehr variabel ist, werden Personen mit den zuvor beschriebenen Befunden wahrscheinlich mit Hilfe von gezielten Gentests diagnostiziert werden. Personen mit einem unklaren Phänotyp werden eher mit Hilfe von Genomtests diagnostiziert werden. Die Diagnose DEB wird bei einem Probanden gestellt, der charakteristische klinische und molekulargenetische Befunde aufweist. Wenn ein molekulargenetischer Test nicht diagnostisch ist, kann die Untersuchung einer Hautbiopsie mit direkter IF auf spezifische kutane Marker und/oder EM erforderlich sein. Eine routinemäßige Histologie wird nicht empfohlen.
Therapie
Neue Blasen sollten aufgestochen, entleert und in den meisten Fällen mit einem nicht haftenden Material verbunden, mit einer Polsterung für Stabilität und Schutz abgedeckt und mit einem elastischen Verband gesichert werden. Bei Säuglingen und Kindern mit schwerer generalisierter RDEB und schlechtem Wachstum muss auf den Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt geachtet werden, und es kann eine Ernährungsunterstützung erforderlich sein, einschließlich einer Gastrostomie.
Anämie: Eisenpräparate; bei Bedarf Transfusionen.
Andere Nahrungsergänzungsmittel können Kalzium, Vitamin D, Selen, Carnitin und Zink enthalten.
Eine gezielte und fachgerechte Beschäftigungstherapie ist sinnvoll um Kontrakturen der Hand zu verhindern. Operative Beseitigung der Pseudosyndaktylien. Muss gfls. wiederholt werden.
Prophylaxe
Prävention von Primärmanifestationen:
Schwangerschaft: bei einem betroffenen Föten, kann eine Entbindung per Sectio das Trauma der Haut während der Geburt verringern.
Altersgerechtes Spielen mit Aktivitäten, die ein minimales Trauma der Haut verursachen, sollte gefördert werden.
Verbände und Polsterungen sind erforderlich, um Knochenvorsprünge vor blasenbildenden Stößen zu schützen.
Überwachung: Ab dem zweiten Lebensjahrzehnt sind abnormale, schlecht heilender Wunden, auf Anzeichen von Plattenepithelkarzinomen bioptisch zu untersuchen (Mellerio JE et al. 2016).
Zu den empfohlenen regelmäßigen Untersuchungen gehört ein Screening auf Anämie und Mangel an Eisen, Zink, Vitamin D, Selen und Carnitin alle 6-12 Monate.
Jährliche Echokardiogramme zur Feststellung einer dilatativen Kardiomyopathie und Untersuchungen der Knochenmineraldichte zur Feststellung von Osteoporose werden empfohlen.
Zu vermeiden sind schlecht sitzende oder grobmaschige Kleidung und Schuhe sowie Aktivitäten/Verbände, die die Haut traumatisieren.
Beurteilung von gefährdeten Angehörigen: Es ist sinnvoll, ein gefährdetes Neugeborenes auf Anzeichen von Blasenbildung zu untersuchen, damit Traumata der Haut so weit wie möglich vermieden werden.
Genetische Beratung: Die dystrophe Epidermolysis bullosa wird entweder autosomal dominant (DEBD) oder autosomal rezessiv (REBD) vererbt. Die molekulare Charakterisierung der pathogenen Varianten ist die einzige genaue Methode zur Bestimmung des Vererbungsmodus und des Rezidivrisikos; der Schweregrad des Phänotyps und die IF/EM-Befunde allein sind nicht ausreichend.
- DEBD. Etwa 70 % der Personen, bei denen eine autosomal-dominante Form der dystrophen Epidermolysis bullosa diagnostiziert wird, haben meist ein betroffenes Elternteil. Wenn ein Elternteil betroffen ist, liegt das Risiko für die Geschwister bei 50 %. Jedes Kind einer Person mit DDEB hat eine 50%ige Chance, die pathogene Variante zu erben.
- REBD. Jedes Geschwisterkind einer betroffenen Person, deren Eltern beide Träger sind, hat bei der Zeugung eine 25 %ige Chance, betroffen zu sein, eine 50 %ige Chance, ein asymptomatischer Träger zu sein, und eine 25 %ige Chance, nicht betroffen und kein Träger zu sein.
Ordnungstherapie
Sobald die pathogene(n) COL7A1-Variante(n) gefunden wurde(n) sollte eine pränatale Diagnostik erfolgen
Hinweis(e)
Falls der Phänotyp nicht eindeutig zuzuordnen ist, ist eine umfassende genomische Untersuchung (bei der nicht festgestellt muss, welche Gene wahrscheinlich beteiligt sind) die beste Option. Am häufigsten wird die Exom-Sequenzierung verwendet; eine Genom-Sequenzierung ist ebenfalls möglich (Pfendner EG 2015).
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
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- Pfendner E et al. (2001) Epidermolysis bullosa carrier frequencies in the US population. J Invest Dermatol 116:483–484.
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Verweisende Artikel (3)
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