Definition
Spezies aus der Familie der Mycoplasmataceae in der Ordnung Mycoplasmatales. Die Ordnung der Mycoplasmatales zählt zu der Klasse der Mollicutes (der Weichhäutigen), zellwandlose Prokaryonten.
Mykoplasmen besitzen (wie fast alle Vertreter der Mollicutes) keine Zellwand, Murein ist nicht vorhanden. Mykoplasmen sind mit 0,3-0,8 μm die kleinsten in zellfreien Medien kultivierbaren Bakterien. Ihr Genom ist sehr klein, etwa 1/5 von E. coli. Mycoplasma pneumoniae ist der bedeutendste humanpathogene Vertreter der Gattung Mycoplasma. Er gehört nicht zur normalen Flora des Menschens.
Erreger
Erregercharakteristika:
- Geringe Genomgröße
- Hauptlipidkörper ist Cholesterin
- Mykoplasmen haben nicht die genetische Information für die Bildung von Cholesterin. Dieses muss von außen zugeführt werden
- Mykoplasmen haben keine starre Zellwand, somit keine charakteristische Form. Sie treten manchmal als Kugeln, Tropfen, Ringe, Scheiben oder Fäden auf.
- Mykoplasmen haben keine eigene Nukleotidsynthese
- Mykoplasmen haben keine eigene Aminosäuresynthese
- Mykoplasmen haben keinen eigenen Zitronesäurezyklus
- Mykoplasmen bilden weder Katalase noch Peroxidase
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Vorkommen
Schulkinder und junge Erwachsene werden am häufigsten betroffen. Familiäre Häufungen erklären sich durch die hohe Kontagiosität und den Infektionsmodus
Ätiologie
Der Keim wird aerogen durch Tröpfcheninfektion weitergetragen, seltenere durch eine Schmierinfektion. Die Kontagiosität ist sehr hoch. Bereits 100 Keime im Zielorgan Lunge genügen für eine Infektion.
Pathophysiologie
Mycoplasma pneumoniae ist eine wichtige Ursache für ambulant erworbene Lungenentzündungen (community-acquired pneumonia) bei Kindern und Heranwachsenden (Lee H et al. 2018).
Mycoplasma pneumoniae haftet sich über Neuraminsäurerezptoren an die Flimmerepithelien des Bronchialsystems an. Durch Produktion von H2O2 und anderen Toxinen werden die Zellen zerstört. Mykoplasmen produzieren Superantigene, welche nicht nur antigenspezifische T-Lymphozyten zur Zytokinproduktion stimulieren. Weiterhin kreuzreagieren versch. Antigene mit körpereigenen Molekülstrukturen, was Autoimmunphänome nach sich zieht. So werden häufig Kälteagglutinine nachgewiesen.
Klinisches Bild
Inkubationszeit von etwa 3 Wochen. Dann Symptome einer schweren Erkältungskrankheit mit Pharyngitis oder Tracheobronchitis. Husten ist ein dominierendes Phänomen. In 5-25% Entwicklung einer atypischen Pneumonie. Häufig Bildung von Kälteagglutininen während der akuten Infektionsphase.
Diagnostik
Kultur ist aufwändig und wird nicht routinemäßig durchgeführt. Untersuchungsmaterial ist Nasopharyngealsekret oder ein Tupferabstrich aus dem Rachen (Cave Austrocknung).
Direktnachweis mittels DNA-Hybridisierung oder PCR
Serologischer Nachweis der Antikörper (ELISA-Technik)
Komplikation(en)
Infektionen der unteren Atemwege mit M. pneumoniae gehen nicht selten mit Exazerbationen von Asthma bei Kindern einher (Kumar S et al. 2019). Bar Meir E et al. beschrieben eine “ thrombotisch thrombozytopenische Purpura (Moschcowitz-Syndrom). Weiterhin kann es zur Bildung von Kryoglobulinen während der akuten Infektionsphase kommen. Ein Zusammenhang zwischen M. pneumoniae-Infektionen und einem Tourette- Syndrom wird diskutiert (Müller N et al. 2004).
Therapie
Eine Behandlung mit Antibiotika ist in leichten Fällen aufgrund der selbstheilenden Natur der M. pneumoniae-Infektion möglicherweise nicht erforderlich (Lee H et al. 2018).
Bei entsprechender klinischer Symptomatik werden Makrolide als Erstlinientherapie empfohlen, jedoch sind die Makrolid-Resistenzraten bei M. pneumoniae bei Kindern erheblich gestiegen (Tanaka T et al. 2017).
Im Gegensatz dazu ist die antibiotische Behandlung von schweren Fällen von M. pneumoniae-Pneumonie kompliziert. Der klinische Nutzen von Tetrazyklinen und Fluorchinolonen wurde in einigen Berichten in Bezug auf die Verkürzung der Symptomdauer und die schnelle Abheilung gezeigt (Lee H et al. 2018).
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
- Atkinson TP et al. (2008) Epidemiology, clinical manifestations, pathogenesis and laboratory detection of Mycoplasma pneumoniae infections. FEMS Microbiol Rev 32:956-973.
- Bar Meir E et al. (2000) Mycoplasma-pneumoniae-induced thrombotic thrombocytopenic purpura. Acta Haematol 103:112-115.
- Hammerschlag MR (2001) Mycoplasma pneumoniae infections. Curr Opin Infect Dis 14:181-186.
- Kumar S (2018) Mycoplasma pneumoniae: A significant but underrated pathogen in paediatric community-acquired lower respiratory tract infections. Indian JMed Res 147:23-31.
- Kumar S et al. (2019) Mycoplasma pneumoniae infection and asthma in children. Trop Doct 49:117-119.
- Lee H et al. (2018) Antimicrobial therapy of macrolide-resistant Mycoplasma pneumoniae pneumonia in children. Expert Rev Anti Infect Ther 16:23-34.
- Medjo B et al. (2014) Mycoplasma pneumoniae as a causative agent of community-acquired pneumonia in children: clinical features and laboratory diagnosis. Ital J Pediatr 40:104.
- Müller N et al. (2004) Mycoplasma pneumoniae infection and Tourette's syndrome. Psychiatry Res 129:119-125.
- Tanaka T et al. (2017) Macrolide-Resistant Mycoplasma pneumoniae Infection, Japan, 2008-2015. Emerg Infect Dis 23:1703-1706.