Synonym(e)
Definition
Der Transiente Rezeptor-Potential-Kationenkanal der Unterfamilie V (für vanilloid), Subtyp 1 (kurz TRPV1, von "transient receptor potential cation channel subfamily V member 1" genannt, ist ein Ionenkanal in den sensorischen Nervenzellen des zentralen und peripheren Nervensystems der Wirbeltiere. Das kodierende Gen ist auf Chromosom 17p13.2 lokalisiert. Dieser Ionenkanal ist als "Schmerzrezeptor" für die Wahrnehmung einer Reihe gewebeschädigender, häufig schmerzhafter Reize verantwortlich. Weiterhin spielt der Rezeptor eine Rolle bei der Empfindung geschmacklicher Schärfe.
TRPV1 ist ein transmembranöses Protein in den Nervenzellen des zentralen und peripheren Nervensystems. Dieses besteht als Tetramer aus vier identischen Proteineinheiten, in deren Mitte sich ein verschließbarer Kanal befindet. Aktiviert wird TRPV1 durch Schmerzereignisse. So durch noxische Hitze (>42 bzw. 43 °C), durch ein erniedrigter pH-Wert (<5,9), durch Juckreiz-induzierende Stoffe. Bei der Aktivierung kommt es zur Öffnung des Rezeptor-gebundenen Ionenkanals mit Einstrom von Calciumionen. Dies führt zu einer Depolarisation der Zellmembran, zu einem Aktionspotential, das sich über die Nervenbahnen fortpflanzt und letztlich im Gehirn zur Schmerzwahrnehmung führt.
Allgemeine Information
TRP-Kanäle sind phylogenetisch gesehen frühzeitig angelegte Signalwege (sie können bereits in Hefezellen nachgewiesen werden). Der erste TRP-Kanal wurde 1989 im Zusammenhang mit der visuellen Wahrnehmung bei Drosophila melanogaster identifiziert. In einer Mutante von Drosophila (trp343) war nachweisbar, dass deren Photorezeptoren auf Lichtreize nur mit einem transienten, d.h. schnell inaktivierenden Membranstrom reagierten. Im nicht-mutierten Wildtyp hingegen persistierte der Stromfluss, solange Licht auf den Photorezeptor traf. Das mutierte Protein –TRP- wurde 1989 kloniert. Somit bezieht sich der Name „transient receptor potential“ – TRP- auf die Beschreibung eines Phänotyps einer Mutante der Fruchtfliege Drosophila melanogaster. TRP-Kanäle üben sowohl bei Vertebraten als auch bei Nicht-Vertebraten wichtige Funktionen in primären Signalwegen für den regulierten Einstrom von Ca2+ in eine Zelle aus. TRP-Kanäle spielen beim Menschen eine wichtige Rolle bei der Empfindung verschiedener Arten von Geschmack (süß, bitter, umami) sowie bei der Wahrnehmung von Schmerz, Wärme, Hitze oder Kälte, von Druck und Lichtes wird angenommen, dass sich einige TRP-Kanäle im Körper wie mikroskopische Thermosensoren verhalten. Bisher wurden bei Säugetieren 28 TRP-Kanal-Gene identifiziert (Nilius B et al. 2011).
Auch interessant
Pathophysiologie
TRPV1 fungiert nicht nur als Thermosensor, sondern spielt in diversen Signaltransduktionswegen eine Rolle, die nicht unbedingt mit der Nozizeption als Antwort auf Gewebeschäden zusammenhängen. So wird TRPV1 neben der Expression in sensorischen Fasern und distinkten Gehirnregionen auch in neuronalen Fasern exprimiert, die bestimmte Organe innervieren (Blase, Prostata, Lunge, gastrointestinalem Trakt und Zahnhals). Auch in nicht-neuronalen Zellen wie Keratinozyten der Epidermis, Blasenurothel- und glatten Muskelzellen, in Leberzellen, Granulozyten und Makrophagen wird TRPV1 exprimiert.
TRPV1-Agonisten: Agonisten des Rezeptors sind Capsaicin, Psalmotoxine und Vanillotoxine. Capsaicin aktiviert den Kanal bei einer halbmaximalen effektiven Konzentration von EC50 ≈ 711 nM. Resiniferatoxin (RTX), ein Inhaltsstoff einiger Wolfsmilchgewächse (Euphorbia resinifera), aktiviert TRPV1 bei EC50 ≈ 40 nM und ist somit ein noch stärkerer Agonist als Capsaicin. Beide Moleküle tragen eine 3-Methoxy-4-hydroxy-benzylamin-gruppe (Vanillyl-Struktur). Weniger potent sind endogene TRPV1-Agonisten wie Arachidonsäure (AA)-Derivate und Lipoxygenase-Produkte der AA, sie besitzen keine Vanillyl-Struktur.
Weiterhin wird die Aktivität von TRPV1 durch eine Reihe von Substanzen beeinflusst, die bei Entzündungen eine Rolle spielen, wie z.B. durch einen milden Anstieg der Protonen-Konzentration, NGF, Bradykinin, Lipide, Prostaglandine, PKA und PKC und ATP. NGF und Bradykinin potenzieren die Aktivierung von TRPV1 durch die Modulation des intrazellulären PtdIns P2 ( Phosphatidylinositol-4,5-bisphosphate).
TRPV1-Antagonisten: TRPV1 durch Capsazepin und Iodo-Resiniferatoxin sowie durch den Ionenkanalblocker Ruthenium Rot inhibiert.
Hinweis(e)
Die Bezeichnung "Capsaicin-Rezeptor" ist inzwischen zugunsten von TRPV1-Rezeptor aufgegeben worden.
Durch die dauerhafte Reizung des Rezeptors durch den Scharfstoff Capsaicin kommt es zu einer Art „Desensibilisierung“ und folglich zur verminderten Empfindlichkeit gegenüber den von TRPV1 vermittelten Schmerzreizen und Juckreiz. Gleichzeitig werden Thermorezptoren in der Haut angeregt (gesteigertes Wärmeempfinden).
Capsaicin-Antagonisten verhindern durch "Rezeptor-Blockade" die Öffnung der Rezeptorpore durch Wechselwirkungen mit dem TRPV1-Rezeptor. Hierdurch können keine Calciumionen mehr durch die Membran hindurchtreten und die Entstehung eines schmerzauslösenden Aktionspotentials wird verhindert. Die Temperaturempfindung wird herabgesetzt (Gefahr von Verbrennungen).
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
-
Gorbunov AS et al. (2019) Physiological and Pathological Role of TRPV1, TRPV2 and TRPV4 Channels in Heart. Curr Cardiol Rev 15:244-251.
- Lebonvallet N et al. (2014) Activation of primary sensory neurons by the topical application of capsaicin on the epidermis of a re-innervated organotypic human skin model. Exp Dermatol 23:73-75
- Lucaciu OC et al. (2013) Itch sensation through transient receptor potential channels: a systematic review and relevance to manual therapy. J Manipulative Physiol Ther36:385-393
- Ständer S (2007) Pruritus bei atopischer Dermatitis: Mechanismen und Therapie. Akt Dermatol 33: 131-134
- Takahashi N et al. (2014) Epithelial TRPV1 Signaling Accelerates Gingival Epithelial Cell Proliferation. J Dent Res 93:1141-1147