Leukozytenadhäsions-Defizienz-Syndrom D84.8

Zuletzt aktualisiert am: 23.08.2024

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Synonym(e)

266265; 612840; LAD; Leukozytenadhäsion-Defizienz-Syndrom; OMIM: 116920; ORPHA:2968

Definition

Als Leukozyten-Adhäsionsdefekt-Syndrome (LAD) wird eine Gruppe von seltenen primären Immundefizienzsyndromen bezeichnet (S.u.primäre Immundefekte) mit gestörter Adhäsion der Leukozyten, ausgeprägter Leukozytose und rezidivierenden Infekten.

Einteilung

Bisher wurden drei spezifische Defekte aufgeklärt, die zu drei distinkten Entitäten führen (LAD1-LAD3).

  • LAD1 ist gekennzeichnet durch lebensbedrohliche, rezidivierende Infektionen.
  • LAD2 ist gekenzeichnet durch rezidivierende Infekte, stark verzögertes Wachstum und intellektuelle Defizite.
  • LAD3 (wird auch LAD1-Variante genannt) ist gekennzeichnet durch schwere bakterielle Infektionen zusammen mit einer schweren Blutungsneigung.

Vorkommen/Epidemiologie

Prävalenz: unbekannt. Bisher wurden < 350 Fälle beschrieben.

Ätiopathogenese

LAD resultiert aus einem autosomal-rezessiv vererbten Migrationsdefekt der Leukozyten, der notwendig ist, um Leukozyten die Migration aus den Gefäßen zum Ort der Infektion zu ermöglichen. Für die normale Funktion von Leukozyten ist es unerlässlich, dass diese in der Lage sind, aus dem Blut zum Ort der Infektion zu gelangen (Chemotaxis). Für diesen Prozess sind die Adhäsionsmoleküle (Selektine und Integrine) verantwortlich, sie ermöglichen den Zellen im strömenden Blut an den Endothelzellen der postkapillären Venulen haften zu bleiben (Adhäsion) und ins Gewebe überzutreten (Transmigration). Die Beta2-Integrin-Familie der Adhäsionsmoleküle spielt hierbei eine entscheidende Rolle. Beta-Integrine sind Heterodimere aus einer gemeinsamen Beta2-Kette, CD18, die mit 3 verschiedenen Alpha- Integrinen assoziiert sein kann (CD11a-c, CD11a/CD18 = LFA1, CD11b/CD18 = MAC-1; CD11c/CD18 = gp150,95). CD18/CD11 Integrine werden selektiv auf Leukozyten exprimiert und sind außer bei Adhäsion und Transmigration noch an weiteren Funktionen, wie Phagozytose und Zytotoxizität beteiligt.

Ursache von LAD1 sind autosomalen rezessive Mutationen im ITGB2-Gen (21q22.3), das für das Beta-2-Integrin (CD18) kodiert. Da für die Granulozytenmigration vor allem LFA1 essentiell ist, wird bei einem Vorliegen von LAD1 auch von einem LFA1-Mangel gesprochen.

Ursache von LAD2 sind Mutationen im SLC35C1-Gen (11p11.2), das für den Guanosin-5'-diphosphat (GDP)-Fukose-Transporter kodiert.

Ursache von LAD3 sind Mutationen im FERMT3-Gen (11q13.1), das für Kindlin-3 hämatopoetischer Zellen kodiert.

Manifestation

Die ersten Symptome treten im Säuglingsalter oder in der frühen Kindheit auf.

Klinisches Bild

Störungen der Leukozytenadhäsion führen zu erhöhter (bakterieller) Infektanfälligkeit. Die Anzahl der neutrophilen Granulozyten im peripheren Blut ist meist mäßig bis stark erhöht, während sie im entzündeten Gewebe erniedrigt ist. Sogenannte „kalte Abszesse“ sind typisch für die Erkrankung und beschreiben eine Konstellation mit einer Entzündungsreaktion durch Bakterien, die aber frei von Granulozyten bleibt. Eiter kann nicht gebildet werden.

Klinische Kriterien sind:

  • Krankheitsbeginn im Säuglingsalter oder in der frühen Kindheit
  • ungeklärte Leukozytose
  • Infektanfälligkeit

Diagnostik

In der LAD1- und LAD2-Diagnostik sollte zum Nachweis von CD18 bzw. CD15 eine Flusszytometrie durchgeführt werden. Bei Verdacht auf LAD-III sind Plättchenaggregations-Tests erforderlich. In allen Fällen wird die Diagnose durch molekulare Analyse bestätigt.

Differentialdiagnose

Immundefekt durch Interleukin-1-Rezeptor-assoziierten Kinase-4-Mangel (IRAK4-Mangel)

Hiob-Syndrom (Hyper-IgE-Syndrom)

Septische Granulomatose (Chronische Granulomatose)

Therapie allgemein

Notwendig ist die Kontrolle von Infektionen. Die Behandlung erfolgt mit Antibiotika. Bei vielen Patienten wurde eine Knochenmarkstransplantation durchgeführt.

Verlauf/Prognose

Ohne eine Transplantation hämatopoetischer Stammzellen versterben Patienten mit schwerem LAD1 und LAD3 meist innerhalb der ersten zwei Lebensjahre im Gefolge einer schweren Infektion. Nach Knochenmarktransplantation haben Patienten mit LAD1 eine Überlebensrate von 75%. Einige Patienten mit LAD2 erreichen das Erwachsenenalter.

Literatur
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  6. Schetler D (2019) Bedeutung von Integrin β4 und E-/P-Selektin für das Tumorwachstum im Prostatakarzinom-Xenograftmodell. Dissertation zur Erlangung des Grades eines Doktors der Medizin an der Medizinischen Fakultät der Universität Hamburg.

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