Synonym(e)
Definition
Die mikroskopische Kolitis ist eine chronische Entzündung der Schleimhaut des Dickdarms, deren Ursache nach wie vor nicht geklärt ist und die klinisch mit heftiger wässriger Diarrhoe (Durchfall) einhergeht. Im Hinblick auf das klinische Leitsymptom werden diese Erkrankungsformen auch unter dem Oberbegriff des „Syndrom der wässrigen Diarrhoen“ zusammengefaßt. Die mikroskopische Kolitis führt zu keinen makroskopisch auffälligen (d. h. endoskopisch sichtbaren) Schleimhautveränderungen. Sie ist jedoch durch einen charakteristischen histologischen Befund definiert. Somit ist das Krankheitsbild ausschließlich feingeweblich nachweisbar.
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Einteilung
Entsprechend dem histologischen Bild wird unterschieden (Olesen M et al. 2004):
- die lymphozytäre Kolitis
- die kollagene Kolitis (Kollagenkolitis)
Vorkommen/Epidemiologie
In Europa wird die geringste Inzidenz (0,6/100.000) für Frankreich, die höchste (5,2/100.000) für Island (2/100.000) angegeben. Die höchsten Inzidenzraten finden sich nach schwedischen Untersuchungen mit 26,9/ 100.000 in der Gruppe von Frauen, > 60 Jahre. Olesen et al. gaben für Skandinavien die Inzidenz mit 4,4 pro 100.000 an. Für die lymphozytäre Kolitis wurden nach den Untersuchungen von Pardi et al. steigende Inzidenzraten in den vergangenen Jahren gefunden. Epidemiologische Untersuchungen aus Schweden (Olesen M et al. 2016) und USA (Pardi DS et al. 2007) zeigen übereinstimmend einen Anstieg der Inzidenzraten in den vergangenen Jahren. Es besteht eine zunehmende Tendenz.
w:m=5:1.
Ätiopathogenese
Angenommen wird eine multifaktorielle Genese; auslösend sind versch. Medikamente wie NSAR, Paroxetin, Omeprazol, Simvastatin. Bakterielle Genese (Nachweis von Yersinien Antikörper)? Autoimmunologische Genese (in 25% positive ANA-Titer)?
Weiterhin werden genetische Faktoren (HLA-Determination) diskutiert. Verschiedene Mediatoren (TGF-beta, VEGF) wurden im Rahmen der entzündlichen Reaktion beschrieben. Die Bedeutung luminaler Agenzien wird dadurch verständlich, dass die Anlage eines Ileostomas histologisch zu einer deutlichen Reduktion des Kollagenbandes führt.
Klinisches Bild
Wesentliches Leitsymptom der mikroskopischen Kolitis ist der wässrige Durchfall (in 100% der Fälle). Weiterhin:
- nächtliche Diarrhöen (27 %)
- Gewichtsverlust (42 %)
- abdominelle Schmerzen (41 %)
- Übelkeit (21 %)
- Meteorismus (12 %)
Assoziierte Erkrankungen: Beschrieben wurden das Sjögren-Syndrom, das Raynaud-Syndrom, die rheumatoide Arthritis (seropositiv/seronegativ), die Psoriasis, die Sprue, Schilddrüsenfunktionsstörungen (Hyper- bzw. Hypothyreose) und Diabetes mellitus. Bei etwa 10% der Personen handelte es sich um Verwandte ersten oder zweiten Grades von Patienten mit Colitis ulcerosa, Morbus Crohn oder Zöliakie. Insofern ist eine genetische Komponente zu diskutieren.
Histologie
Bei der kollagenen Kolitis ist ein breites subepitheliales Kollagenband (> 10 µm) charakteristisch. Weiterhin besteht ein entzündliches Infiltrat der Tunica propria aus Lymphozyten und Plasmazellen. Bei der lymphozytären Kolitis besteht eine deutliche Vermehrung der intraepithelialen T-Lymphozyten (CD8+Suppressorzellen: > 20 intraepitheliale Lymphozyten pro 100 Epithelzellen) im Deckepithel der Kolonschleimhaut. Das Deckepithel selbst ist abgeflacht und verschmälert. Pathophysiologie: Die Besonderheit der kollagenen Kolitis liegt in der übermäßigen Ausbildung einer (physiologisch bei jedem Menschen vorhandenen, aber nur wenige Mikrometer dicken) Membran, die normalerweise die Schleimhautepithelzellen von den darunterliegenden Schichten der Darmwand trennt. Diese Membran verdickt sich; sie besteht dann im Wesentlichen aus Reparaturkollagenen, wie sie etwa bei der Narbenbildung auftreten.
Differentialdiagnose
Kolitis bakterieller Genese; Laktoseintoleranz, Reizdarmsyndrom vom Diarrhötyp; Sprue.
Therapie allgemein
Probiotika: Bei 29 Patienten mit kollagener Kolitis wurde im Rahmen einer Placebokontrollierten Studie der Effekt von Lactobacillus acidophilus LA5 und Bifidobacterium animalis subspp. lactis BB12 geprüft. Ein Unterschied zwischen den beiden Behandlungsregimen fand sich jedoch nicht.
E. coli-Extrakte: Weiterhin wurde der Einfluss von E. coli-Extrakte (Bakterium Escherichia coli, Stamm Nissle 1917) bei 14 Patienten mit kollagener Kolitis untersucht. Bei 64 Prozent der behandelten Patienten konnte eine Reduktion der Stuhlhäufigkeit um mehr als 50 Prozent verzeichnet werden. Die Ergebnisse bedürfen weiterer Bestätigung.
Symptomatisch: Als symptomatische antidiarrhöische Maßnahmen: Loperamid, Aktivkohle.
Interne Therapie
Therapie der 1. Wahl ist eine Kombinationstherapie aus Glukokortikoiden und 5-Aminosalicylsäure (Budesonid oder Prednisolon und Mesalazin) empfohlen. Bei > 80 % der Patienten kommt es unter Budesonid zu einer Besserung der Symptomatik (Olesen M et al. 2004).
Alternativ: TNF-alpha-Antikörpern (Infliximab, Adalimumab)
Alternativ: Methotrexat: In Analogie zum Morbus Crohn und der Colitis ulcerosa wurden bei therapierefraktären Patienten auch Methotrexat eingesetzt. In einem kleinen Kollektiv ergab sich bei 14 von 19 behandelten Patienten in einer retrospektiven Fallsammlung ein gutes klinisches Ansprechen. Weitere Untersuchungen zu Methotrexat sind notwendig.
Verlauf/Prognose
25% der Fälle, Besserung. 75% d.F. rezidivieren, z.T. mit langjährigen symptomfreien Intervallen.
Naturheilkunde
Boswellia serrata (Weihrauch). Die Rationale zum Einsatz von Boswellia serrata ist die Hemmung der Leukotrien-Synthese. Madisch et al. (2007) konnten in einer placebokontrollierten Studie den Effekt der Weihrauch-Therapie nachweisen. Bei Gabe von 3 x 400 mg Boswellia serrata Extrakt waren nach 6 Wochen 63,3 % der Patienten in klinischer Remission. Der Unterschied zu Plazebo (26,7 %) ist statistisch hochsignifikant (p=0,04 (Madisch A et al. 2007).
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
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- Olesen M et al. (2004) Lymphocytic colitis: a retrospective clinical study of 199 Swedish patients. Gut 53: 536–541.
- Olesen M et al. (2004) Lymphocytic colitis: a retrospective study of 199 Swedish patients. Gut 53: 536-541
- Pardi DS et al. (2007) The epidemiology of microscopic colitis: a population based study in Olmsted County, MN. Gut 56: 504 - 508
- Thijs WJ et al. (2005) Microscopic colitis: prevalence and distribution throughout the colon in patients with chronic diarrhea. Neth J Med 63: 137-140
Weiterführende Artikel (12)
Colitis ulcerosa; Diabetes mellitus ; Hyperthyreose; Hypothyreose; Morbus Crohn, Hautveränderungen; Nicht steroidale Antiphlogistika; Psoriasis (Übersicht); Raynaud-Syndrom; Rheumatoide Arthritis Hauterkrankungen; Sjögren-Syndrom; ... Alle anzeigenDisclaimer
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