Divertikelkrankheit K57.32

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Guido Gerken, Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 21.08.2024

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Synonym(e)

Divertikulitis

Definition

Eine „Divertikelkrankheit“ des Kolons liegt vor, wenn eine Divertikulose zu klinisch signifikanten Symptomen und/oder Komplikationen führt. Die Divertikulose des Kolons und die Divertikelkrankheit, gehören zu den häufigsten Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts. Die besondere klinische Bedeutung der Divertikelkrankheit resultiert aus ihren möglichen Komplikationen so dem u.U. lebensbedrohlichen Auftreten von gedeckten oder offenen Perforationen sowie von Divertikelblutungen. Die Divertikelkrankheit kann mittel- bis langfristig rezidivierende schmerzhafte Schübe, Stenosen oder Fisteln zur Folge haben.

Einteilung

Die deutsche S 2k-Leitlinie Divertikelkrankheit/Divertikulitis schlägt eine neue Klassifikation vor (Classification of Diverticular Disease - CDD). Eine Sonderform stellen Divertikelblutungen dar, die die häufigste Ursache unterer gastrointestinaler Blutungen sind:

Einteilung der Divertikelkrankheiten (variiert n. Böhm SK 2020):

  • Typ 0 Asymptomatische Divertikulose , Zufallsbefund (80%)
  • Typ 1 Akute unkomplizierte Divertikelkrankheit (nicht perforierte Divertikulitis)
    • Typ 1a: Divertikulitis ohne Umgebungsreaktion (konservative Therapie)
    • Typ 1b: Divertikulitis (Peridiverdikulitis) mit phlegmonöser Umgebungsreaktion (konservativ, Verzicht auf Antibiotika bei Fehlen von Risikofaktoren)
  • Typ 2 Akute komplizierte Divertikelkrankheit (wie Typ 1b mit zusätzlichen Befunden)
    • Typ 2a: Mikroabszess;  gedeckt perforierte Divertikulitis; CT Mikroabszess < 1cm (konservativ, Antibiotika, operativ nur bei fehlender Besserung)
    • Typ 2b: Makroabszess: frei perforierte Divertikulitis; CT Makroabszess >1cm (zunächst konservativ, antibiotika, bei Abszess > 3-4cm ggf. Drainage im  Verlauf elektive laparoskopische Sigma-Konitnuitätsdurchtrennung)
    • Typ 2c: Freie Perforation, freie Luft, generalisierte Peritonitis (Notfall-OP; Sigmaresektion, Kontinuitätsresektion)
      • Typ 2c1: Eitrige Peritonitis (Notfall-Operation)
      • Typ 2c2: Fäkale Peritonitis (Notfall-Operation)
  • Typ 3 Chronisch-rezidivierende Divertikelkrankheit/rezidivierende oder anhaltende symptomatische Divertikelkrankheit (Op-Idikation abhängig vom Beschwerdebild)
    • Typ 3a: Symptomatische unkomplizierte chronisch-rezidivierende Divertikelkrankheit (SUDD) (konservativ: Rifaximin, Mesalalzin)
    • Typ 3b: Rezidivierende Divertikulitis ohne Komplikationen (rezidivierende Entzündungszeichen mit CT-Befunden bei Typ 1a/b (konservativ, Rifaximin, Mesalalzin, Probiotika, ggf. operativ = laparaskopische Sigma-Kontinuitätsdurchtrennung)
    • Typ 3c: Rezidivierende Divertikulitis mit Komplikationen (Stenosen, Fisteln, Konglomerattumor. elektive laparaskopische Sigma-Kontinuitätsdurchtrennung)
  • Typ 4: Divertikelblutungen (ursächlich ist eine Ruptur der Vasa recta, die klinisch durch Hämatochezie evident wird, in schweren Fällen mit Kreislaufreaktionen; RR-Abfall und Pulsanstieg; Therapie: Koloskopie mit Blutstillung; ggf. Resektion)

Vorkommen/Epidemiologie

Divertikulose: Es besteht eine deutliche Altersabhängigkeit hinsichtlich der Prävalenz. Bei den Inzidenzen besteht ebenso eine klare Altersabhängigkeit mit einem gewissen Anstieg bei jüngeren Patienten.

Prävalenzen:

  • 40–49 Jahre: ca. 25 %
  • 50–59 Jahre: ca. 35 %
  • 60–69 Jahre: ca. 50 %
  • 70–79 Jahre: ca. 65 %
  • > 80 Jahre: ca. 70 %

Die Inzidenz der Divertikulitis zeigt in den letzten 20 Jahren einen Anstieg um 50 %. 20% der Patienten mit sympotmloser Divertikulose entwicklen im Laufe ihres Lebens eine symptomatische Divertikulitis. Von den Patienten mit einem ersten Divertikulitis-Schub haben ca. 20 % innerhalb eines Jahres einen weiteren Schub oder mehrere weitere Schübe.  

Ätiopathogenese

Aufgrund wechselnder luminaler Füllungsstände besitzt die Kolonwand eine hohe Dehnbarkeit. Die Schleimhaut liegt als „Substrat“ für die Divertikelbildung im Überschuss vor. Im Kolon können Innendrücke bis zu 90 mmHg vorkommen. Derart hohe Drücke sind wesentliche Faktoren für die Ausstülpung der Schleimhaut entlang der transmuskulären bindegewebigen perivaskulären Septen. Weitere potenzielle Faktoren für die Entwicklung einer Divertikulitis sind:

  • Lokale Ischämie des prolabierten Gewebes
  • Vermehrte Keimexposition mit bakterieller Translokation
  • Mechanische Ulzeration durch retinierte Fäkolithen (sterkorales Trauma)
  • Mikroperforationen einer nur durch Serosa gedeckten Divertikelkuppe
  • Veränderungen des Bindegewebes, der enterischen Muskulatur, des enterischen Nervensystems und der intestinalen Motilität.

Rolle von Alter und Genetik: Gemäß einer Zwillingsstudie beträgt der Einfluss genetischer Faktoren für die Entstehung der Divertikelkrankheit 40 % gegenüber 60 % für Umweltfaktoren. Einige seltene genetische Syndrome weisen eine starke Prädisposition zur Ausbildung von Divertikeln des Kolons auf, so: Marfan-Syndrom, Ehlers-Danlos-Syndrom, Williams-Beuren-Syndrom, Coffin-Lowry-Syndrom, polyzystische Nierenerkrankung. Bei den genetisch disponierten Menschen entwickeln sich die Kolondivertikel bereits in einem jungen Lebensalter (Suster SM et al. 1984, Beighton PH et al. 1969)

Umweltfaktoren die das Risiko für die Entwicklung einer Divertikulose/ Divertikelkrankheit beeinflussen:

  • Ballaststoffe/Life-Style: Mangel an Ballaststoffen in der Diät der Bevölkerung der westlichen Industrienationen im Gegensatz zur Diät afrikanischer oder asiatischer Völker scheint ein relevanter Lifestyle-assoziierter Risikofaktor für die Entwicklung der Divertikulose und Divertikelkrankheit zu sein. Eine Risikoerhöhung für die Entwicklung einer Divertikelkrankheit besteht weiterhin für:
  • Rotes Fleisch
  • Rauchen
  • Übergewicht

Medikamente:

  • Nicht steroidale Antirheumatika (Tsuruoka N et al (2011), Azetylsalizylsäure (ASS), Paracetamol, Kortikosteroide sowie Opioide erhöhen das Risiko für das Auftreten einer Divertikelkrankheit. Das Risiko für eine Divertikelblutung bei regelmäßigem Konsum von NSAIDS allein ist 1.74-fach, für Aspirin 1.70-fach und für die Kombination von NSAIDS und Aspirin 2.02- fach erhöht (Strate L et al. 2011). Weiterhin:
  • Kortikosteroide: Das Risiko für eine Divertikelperforation durch gleichzeitiger Einnahme von Kortikosteroiden ist um das 2.74-fach erhöht.
  • Immunsuppressive Therapiemodalitäten: Verschiedene Arbeiten weisen auf einen schwereren Verlauf der Divertikelkrankheit bei Patienten unter Immunsuppression hin (Hwang SS et al. 2010).
  • Calciumantagonisten: Die Einnahme von Calciumantagonisten ist als ein unabhängiger Risikofaktor für die Divertikelblutung anerkannt (Jansen A et al. 2009).

Komorbiditäten als Risikofaktor für das Auftreten einer Divertikelkrankheit inklusive Divertikelblutung:

  • Arterielle Hypertonie
  • Hyperlipidämie
  • Hyperurikämie
  • Koronare Herzkrankheit
  • Allergische Dispositionen (von Rahden BH et al. 2012).

Keine Beeinflussung des Risikos für das Auftreten einer Divertikelkrankheit inklusive Divertikelblutung:

  • Kaffee hat keinen Einfluss auf das Risiko.  In der HPFS-Kohorte fand sich kein Zusammenhang zwischen Kaffeekonsum und dem Auftreten einer Divertikelkrankheit.
  • Coxibe (COX-2-Inhibitoren) können ohne Risiko eingesetzt werden.
  • Kalziumantagonisten und Statine haben eher einen protektiven Effekt.
  • Daten für Alkohol sind uneinheitlich.

Positivfaktoren die eine Risikoreduktion für die Entwicklung einer Divertikelkrankheit herbeiführen können:

  • Ballaststoffe
  • Nüsse
  • Körner
  • Mais, Popcorn
  • Körperliche Aktivität

Klinisches Bild

Bemerkung: Das Beschwerdebild der symptomatischen unkomplizierten Divertikelkrankheit zeigt eine Überlappung zum Reizdarmsyndrom (Jung HK et al. 2010)

Sigmadivertikulitis: Spontanschmerz evtl. Tenesmen häufig im linken unteren Quadranten, Abwehrspannung, Loslassschmerz, entzündliche Walze palpabel, evtl. Fieber „Linksappendizitis“. Stuhlunregelmäßigkeiten (Opstipation/Diarrhö) Flatulenz. Leukozytose, CRP erhöht.

Coecumdivertikulitis: Schmerzen im rechten Mittel-/Unterbauch. Divertikulitis betrifft C. ascendens oder Coecum). Sie wird dann oft als Appendizitis fehldiagnostiziert. Rektale Untersuchung (Schmerzempfindlichkeit, nur selten Blut); (Differenzialdiagnose: gynäkologische Ursachen abklären – Adnexitis, Extrauteringravidität, stielgedrehter Adnextumor). Cave: Harter Bauch, diffuse Abwehrspannung und hämodynamische Instabilität signalisieren freie Perforation und generalisierte Peritonitis.

Blutungen (bei 5% der Divertikelkrankheiten)

Diagnostik

Hinweis: Die Verdachtsdiagnose Sigmadivertikulitis wird anhand von Anamnese, klinischem Befund, Basislabor und Urinstatus gestellt.

Anamnese: meist relativ unspezifischen Symptomatik; bei einer umfangreichen Differenzialdiagnose trägt die Anamnese meist wenig entscheidend zur Primärdiagnose bei.

Körperliche Untersuchung:

  • Vitalparameter (insbesondere Temperatur, Puls, Blutdruck)
  • Abdominelle Untersuchung (Schmerz häufig im linken unteren Quadranten, Abwehrspannung, Loslassschmerz, entzündliche Walze palpabel).
  • Lokalisation der Beschwerdesymptomatik: Die Divertikulitis kann jedoch (seltener) auch rechtsseitig (C. ascendens oder Coecum) auftreten und wird dann oft als Appendizitis fehldiagnostiziert. Rektale Untersuchung (Schmerzempfindlichkeit, nur selten Blut); ggf. gynäkologische Untersuchung (Differenzialdiagnose gynäkologische Ursache der Beschwerden. Harter Bauch, diffuse Abwehrspannung und hämodynamische Instabilität signalisieren freie Perforation und generalisierte Peritonitis)

Instrumentelle Diagnostik:

  • Koloskopie bei akute Divertikulitis: Die Koloskopie hat für die Diagnose der akuten Divertikulitis keinen Stellenwert (der inflammatorische Prozess spielt sich jenseits der endoskopisch beurteilbaren Mukosa ab). Cave: Gefahr der Perforation!
  • Koloskopie bei uncharakteristischem klinischen Bild oder Verlauf: bei dieser Konstellation kann eine Koloskopie jedoch mit wahrscheinlich gering erhöhtem Risiko für eine Perforation bei akuter Divertikulitis erfolgen, wenn eine gedeckte Perforation und Abszedierung in der Schnittbildgebung ausgeschlossen ist.
  • Koloskopie bei unterschiedlicher Indikationen: 4–6 Wochen nach ausgeheilter konservativ behandelter Divertikulitis bzw. vor einer elektiven Sigmaresektion kann die Indikation zur Koloskopie großzügig gestellt werden: Erkrankungen mit ähnlicher Symptomatik sind auszuschließen z.B. Enteritis regionallis (Crohn), Reizdarmsyndrom, Adenome oder Karzinome.
  • Bei der Divertikelblutung (Typ-4-CDD) ist die früh durchgeführte Koloskopie (< 24h) die Methode der Wahl. 75–92 % der Divertikelblutungen sistieren spontan! Bei verzögerter Endoskopie ist eine Identifizierung der Blutungsquelle oft nicht mehr möglich!

Bildgebung

Nachweis einer divertikulitischen Veränderung in der Schnittbildgebung (Sonografie, CT). Nach wie vor ist das CT das genaueste und sicherste Verfahren zum Nachweis einer Divertikulitis bzw. evtl. Komplikationen (Stadieneinteilung)

MRT: Zur MRT liegen sowohl in Studien als auch in der Praxis nur limitierte Erfahrungen vor. Unter dem Gesichtspunkt der Strahlenhygiene kann die MRT insbesondere bei jüngeren Patienten eine Alternative zur CT sein.

Labor

Basislabor: Na, K, Kreatinin, GPT, LDH, Lipase, Laktat, Blutbild, CRP, BSG, PTT, INR, Urinstatus, Leukozytose, CRP, ggf. BSG: Erfassung einer entzündlichen Aktivität, in zweiter Linie Abgrenzung gegenüber SUDD (Typ 3a CCD) bzw. akuter unkomplizierter Divertikulitis Typ 1a.

Bei der akuten unkomplizierten Divertikulitis (Typ 1 CCD) findet sich nur selten eine Leukozytose, CRP und BSG sind regelhaft erhöht. Im Gegensatz hierzu sind bei der akuten komplizierten Divertikulitis alle drei Parameter erhöht und das in stärkerem Ausmaß als bei der Divertikulitis Typ 1 CCD.

CRP < 50 mg/l: Perforation unwahrscheinlich; CRP > 200 mg/l: starker Indikator für Vorliegen einer Perforation. Calprotectin im Stuhl ist für die Akutdiagnostik ungeeignet, die Wertigkeit in der Differenzialdiagnose der SUDD (Typ-3a-CDD) und des Reizdarmsyndroms ist nicht ausreichend geklärt.

Histologie

Histopathologisch zeigen sich prominente Schleimhautaufwerfungen mit gestörter Kryptenarchitektur und Kryptitis, Ulzerationen mit lymphozytären und neutrophilen Infiltraten, Fibrosierung der Lamina propria mucosae sowie eine Hyperplasie und Aufsplitterung der Lamina muscularis mucosae. Rezidivierende Entzündungsschübe können langfristig zur lokalen Fibrosierung, Wandverdickung und Stenosierung führen, ggf. mit Bildung eines sog. divertikulitischen Tumors  (Goldstein NS et al. (1997). In einigen Fällen lassen sich Überlappungen mit histopathologischen Befunden beobachten, wie sie typischerweise bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen vorliegen (z.B. Granulome, transmurale entzündliche Infiltrate, lymphoide Aggregate, Panethzell-Metaplasie).

Diagnose

Einordnung der Untersuchungsergebnisse:

Erster Schub einer Divertikelerkrankung (ohne akutes Abdomen): neben der klinischen Symptomatik können Entzündungszeichen (z.B. CRP) einen Hinweis auf den Typ der Divertikulitis geben. Sonografie und ggf. CT-Abdomen ermöglichen eine exakte Zuordnung. Koloskopie im Intervall.

Chronisch rekurrierende Divertikulitis: bei dieser Konstellation (mit bekannter Vorgeschichte) ermöglichen Sonografie und ggfl. CT-Abdomen, ggf. auch Koloskopie die Sicherung der Diagnose. Abklärung von Stenosen oder Fisteln.

Akutes Abdomen: Patienten werden nach entsprechender Bildgebung (Sonografie, Röntgen-Abdomen-Übersicht - freie Luft bei Perforationen, Spiegel bei Obstruktionen-, CT-Abdomen) chirurgisch behandelt. Patienten ohne akutes Abdomen sind sorgfältig nach den gültigen Klassifikationskriterien einzuordnen und zu therapieren.

Differentialdiagnose

Häufige entzündliche Darmerkrankungen

Seltene entzündliche Krankheitsbilder

  • Appendicitis epiploica
  • Meckel-Divertikulitis

Obstruktive Krankheitsbilder

  • Obstipation
  • Inkarzerierte Hernie
  • Invagination
  • Volvulus

Urogenitale Ursachen

Bei Mittelschmerz

  • Adnexitis
  • Torsion des Ovars
  • Hämorrhagische oder rupturierte Ovarialzyste
  • Varikosis pelvis (pelvic congestion syndrome)
  • Uterusmyome
  • Endometriose
  • Ovarialtumor
  • Ektope bzw. Tubar-Gravidität
  • Fehlgeburt

Vaskuläre Ursachen

  • Aortitis/Vaskulitis
  • Gefäßdissektion/-aneurysma

Andere Ursachen

  • Bauchwandabszess
  • Bauchwandhämatom
  • Psoasabszess
  • retroperitoneale Einblutung

Therapie

Das therapeutische Vorgehen hängt wesentlich ab von der exakten Einteilung der Erkrankungstypen ab. Die Klassifizierung nach CDD gibt das Gerüst für die indizierten therapeutischen Maßnahmen vor.

Die Mehrheit der Patienten mit unkomplizierter Divertikulitis kann unter Verzicht auf Antibiotika ambulant behandelt werden (Typ 1a, b): ballastarme Kost, dünndarmresorbierbare niedermolekulare Formeldiät.  Patienten mit komplizierter Divertikulitis (Typ 2a, b) werden stationär unter Einschluss von Antibiotika therapiert. Abszesse > 3–4 cm erfordern die Einlage einer Drainage. Patienten mit einer freien Perforation (Typ 2c) erfordern eine notfallmäßige chirurgische Therapie.

Voraussetzungen für eine ambulante Therapie (S 2k-Leitlinie): Fehlen von Fieber, Leukozytose, Abwehrspannung, Stuhlverhalt, CRP nur gering erhöht, Gewährleistung adäquater Compliance, oraler Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr, engmaschiger ärztlicher Kontrolle, Vorliegen einer unkomplizierten Divertikulitis (CDD Typ 1a, b). Diät/Ernährung: Ernährungsempfehlungen im akuten Schub können sich kaum auf Daten stützen. Häufig wird bei den Krankheitsformen Typ 1a und b sowie 2a eine Diät mit klaren Flüssigkeiten über 2–3 Tage mit Übergang auf eine ballaststoffarme Diät bei Besserung der Schmerzen empfohlen. Zumindest für die unkomplizierte Divertikulitis scheint eine ad libitum Diät keine Nachteile zu haben.

Stationäre Patienten: betreute Patienten mit einer schweren Krankheitsform sollten bis zur Stabilisierung Nahrungskarenz einhalten. Nach Ausheilung der Divertikulitis wird eine ballaststoffreiche Diät empfohlen, die arm an rotem Fleisch ist.

Schmerztherapie: Präparate der ersten Wahl sind Paracetamol und Spasmolytika wie Buscopan oder Dicyclomine. Bei refraktären Schmerzen werden trotz der Assoziation mit Perforationen Opioide eingesetzt.

Pharmakotherapie: Antibiotika: Patienten mit einer unkomplizierten Divertikulitis (Typ-1-CDD) können bei Fehlen von Fieber > 38,5 °C, Zeichen der Bakteriämie oder Septikämie, schweren Komorbiditäten, insbesondere einer Immunsuppression, in über 90 % ohne Einsatz von Antibiotika behandelt werden. Die Antibiotikatherapie beschleunigt weder die Rekonvaleszenz noch hilft sie, Komplikationen zu vermeiden. Die Auswahl der Präparate bedürfen einer individuellen Entscheidung, die Allgemeinzustand und Risikoprofil des Patienten sowie die lokale Resistenzlage berücksichtigt. Bevorzugt werden: Rifaximin, Mesalazin.

Typische Antibiotika-Schemata für die Therapie der akuten Divertikulitis unterschiedlicher Schwere. Die Dosierungen gelten für Patienten mit normaler Nieren- und Leberfunktion.

  • Ambulantes Mono-Therapieschema über 4-7 Tage:
    • Co-Amoxicillin (Clavulansäure /Amoxicillin) 625mg (500/125 mg) 3 × 1/Tag p. o.
    • Alternativ: Co-Amoxicillin 1000 (875/125 mg) 2 × 1/d p. o. Moxifloxacin 400 mg 1 × 1/d p. o.
    • Ambulantes Kombinations-Therapieschema über 4-7 Tage:
    • Ciprofloxacin 500 mg 2 × 1/Tag p. o. plus Metronidazol 500 mg 3 × 1/Tag p. o.
    • Alternativ: Levofloxacin 750 mg 1 × 1/ Tag p. o. plus Metronidazol 500 mg 3 × 1/Tag p. o.
    • Alternativ: Trimethoprim/Sulfamethoxazol 160/800 mg 2 × 1/ Tag plus Metronidazol 500 mg 3 × 1/Tag p. o.
  • Stationäres Monotherapie-Therapieschema: milde bis moderate komplizierte Divertikulitis über 4-7 Tage:

Ertapenem 1 g 1 × / Tag i. v.

Alternativ: Moxifloxacin 400 mg 1 × 1/ Tag i. v.

  • Stationäres Kombinations-Therapieschema: milde bis moderate komplizierte Divertikulitis, Peritonitis über 4-7 Tage:

Cefuroxim 1,5 g 3 × /d i. v. plus Metronidazol 500 mg 2–3 ×/die i. v.

Alternativ: Ceftriaxon 2 g 1 × /d i. v. plus Metronidazol 500 mg 2–3 ×/die i. v.

Alternativ:  Ciprofloxacin 400 mg 2 × 1/d i. v. plus Metronidazol 500 mg 2–3 ×/die i. v.

  • Stationäres Monotherapie: schwere komplizierte Divertikulitis, Peritonitis über 4-7 Tage:

Imipenem-Cilastatin 500 mg 4 × 1/d i. v. oder Imipenem-Cilastatin 1 g 3 × 1/d i. v.

Alternativ: Meropenem 1 g 3 × 1/d i. v.

Alternativ: Piperacillin-Tazobactam 4,5 g 3 × 1/d i. v.

  • Stationäres Kombinationstherapie: schwere komplizierte Divertikulitis, Peritonitis über 4-7 Tage:

Cefepim 2 g 3 × 1/d i. v. plus Metronidazol 500 mg 2–3 × /d i. v.

Alternativ: Ceftazidim 2 g 3 × 1/d i. v. plus Metronidazol 500 mg 2–3 × /d i. v.

Alternativ: Ciprofloxacin 400 mg 2 × 1/d i. v. plus Metronidazol 500 mg 2–3 × /d i. v.

Alternativ: Levofloxacin 500 mg 2 × 1/d i. v. plus Metronidazol 500 mg 2–3 × /d i. v.

Interventionelle Therapie: endovaskuläre, superselektive Embolisationsbehandlung bei akuten arteriellen Divertikelblutungen (Typ-4-CDD); sonografisch oder CT-gesteuerte Drainage von Abszessen > 3–4 cm

Verlauf/Prognose

Prognose entscheidend abhängig vom AZ und dem Stadium der Erkrankung. 

Risiko für einen erneuten Schub nach einer ersten Episode nach 10 Jahren: ca. 20 %, nach einer zweiten Episode nach 10 Jahren: ca. 55 %, nach einer dritten Episode nach 3 Jahren: ca. 40 %. Risiko für Abszess oder Perforation kurz nach einer Episode einer unkomplizierten Divertikulitis: 2 %. 40 % der Patienten mit einer Episode einer unkomplizierten Divertikulitis berichten 1 Jahr danach über milde bis moderate Bauchschmerzen.

Die Letalität der akuten komplizierten Divertikelkrankheit (Typ II) liegt zwischen 5%-15%.

Letalität ist bei Patienten unter immunsuppressiver Therapie deutlich höher.

Eine notfallmäßige operative Interventionstherapie wird bei 2 -62% der Patienten erforderlich. Je früher und schwerer der erste Divertikulitisschub auftritt umso eher stellt sich die Frage nach einer Operation.

Literatur
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