Urämische HautveränderungenN18.9 N19.-
Synonym(e)
Dialyse Hautveränderungen; Hautveränderungen urämische; Urämische Dermatopathie
Definition
Unter lang dauernder Niereininsuffizienz (v.a. bei chronischer Dialyse-Situation) auftretende Hautveränderungen.
Einteilung
Hauterscheinungen, die bei terminaler Niereninsuffizienz auftreten können:
- Generalisierter Pruritus (nephrogener oder urämischer Pruritus)
- "Voralterung":
- Elastosis actinica
- Trocken schuppende Haut (Xerose)
- Abnahme der Talg- und Schweißdrüsensekretion
- Zunahme der Vulnerabilität der Haut, Wundheilungsstörungen.
- Pigmentstörungen:
- Hellbräunliche Haut- und Schleimhautpigmentierung
- Lokale oder diffuse Hyperpigmentierungen.
- Störungen des Kollagenmetabolismus:
- Reaktive, perforierende Kollagenose
- Hyperkeratosis follicularis et parafollicularis in cutem penetrans (M. Kyrle)
- Follikulitis, perforierende
- Karpaltunnelsyndrom, Dupuytrensche Kontraktur
- Flächenhafte Fibrosierungen der Haut, Subkutis und Muskulatur
- Nephrogene systemische Fibrose
- Sonstige, Hauterkrankungen:
- Nagelveränderungen (Halb- und Halbnägel)
- Kälteempfindlichkeit, Raynaud-Phänomen
- Porphyria-cutanea-artige Hautveränderungen (Pseudoporphyrie)
- Sekundäre Oxalose
- Pseudo-Kaposi-Sarkom
- Kutane Calciphylaxie (s.a. Calcinosis cutis)
- Panniculitis calcificans.
- Dialyse: Bradykinin (BK) wurde als Hauptvermittler von Überempfindlichkeitsreaktionen bei Patienten ermittelt, die mit negativ geladenen Membranen dialysiert und gleichzeitig mit Angiotensin-Converting-Enzyme (ACE)-Hemmern behandelt werden.
Vorkommen/Epidemiologie
50-100% aller Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz leiden unter urämischen Hautveränderungen. In Deutschland sind derzeit etwa 57.000 Patienten auf die Dialyse angewiesen. Ihre Zahl ist steigend. Bei den urämischen Hauterscheinungen steht die Trockenheit des Integumentes mit ichthyosiformen Veränderungen sowie häufig ein permanenter, unterschiedlich stark ausgeprägter Pruritus im Vordergrund.
Klinisches Bild
Bei den urämischen Hauterscheinungen steht die Trockenheit des Integumentes mit ichthyosiformen Veränderungen sowie ein permanenter unterschiedlich stark ausgeprägter Pruritus im Vordergrund.
Therapie
Behandlung der Niereninsuffizienz durch Nephrologen.
- Der Dialyse-induzierte Pruritus ist äußerst quälend und von besonderer Therapieresistenz. In der Therapie des urämischen Pruritus bei dialysepflichtiger terminaler Niereninsuffizienz hat sich v.a. die Nierentransplantation bewährt. Nach erfolgreicher Transplantation sistiert der Pruritus meist schlagartig.
- Falls eine Transplantation zunächst nicht möglich ist, sind UV-Bestrahlungen (UVB oder hoch dosiert UVA1) die Therapie der 1. Wahl. Capsaicin (0,01-0,5% in einer Creme-Grundlage oder als Schüttelmixtur) ist in einigen Fällen zumindestens zeitweise hilfreich.
- Die Hauttrockenheit lässt sich mit fettenden Cremes oder Salben (z.B. Ungt. emulsif. aq., Neribas Fettsalbe, Asche Basisfettsalbe) und Ölbädern (z.B. Balneum Hermal Ölbad, Ölbad Cordes) behandeln.
- Antihistaminika haben nur geringen Wert.
- Einzelberichte existieren über Thalidomid, Morphinantagonisten wie Naltrexon (50 mg/Tag p.o.) sowie über Erythropoetin. S.a. Pruritus, renaler.
Literatur
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- Altmeyer P et al. (1982) Hautveränderungen bei Langzeitdialysepatienten. Hautarzt 33: 303-309
- Crawford GH et al. (2002) Skin signs of systemic disease: an update. Adv Dermatol 18: 1-27
- Doctoroff A et al. (2003) Protracted calciphylaxis, Part I. Cutis 71: 473-475
- Hubbard V et al. (2003) Scleromyxoedema-like changes in four renal dialysis patients. Br J Dermatol 148: 563-568
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