Perifolliculitis capitis abscedens et suffodiens 1.0L66.3

Autoren:Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

Co-Autor:Dr. Behrus Darvishan

Alle Autoren dieses Artikels

Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

This article in english

Synonym(e)

Atrophisierende Erkrankung mit Büschelhaaren; Dissecting cellulitis; Dissecting cellulitis of the scalp; Dissecting terminal hair Folliculitis; Folliculitis et Perifolliculitis capitis abscedens et suffodiens; Folliculitis et Perifolliculitis capitis abscendes et suffodiens; Follikulitis profunde dekalvitierende; Profunde dekalvitierende Follikulitis; Pyoderma fistulans significa

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Erstbeschreiber

Spitzer, 1903; Hoffmann, 1908

Definition

Seltene, fast nur bei Männern vorkommende, abszedierende, fistelnde, chronische Haarbalgentzündung. Auftreten im Rahmen der Akne-Triade. Das Krankheitsbild ist von der Folliculitis decalvans abzutrennen. Bei der Folliculitis decalvans fehlt die klinische Beziehung zur Acne conglobata sowie die Ausbildung von Fistelgängen.

Vorkommen/Epidemiologie

Gehäuft insbes. bei Angehörigen der schwarzen Bevölkerung/ Person of Color.

Ätiopathogenese

Unbekannt; begünstigend scheinen Büschelhaare mit weitem, für Infektionen anfälligem Akroinfundibulum und Irritation der Epidermis zu sein.

Manifestation

Bei Männern mit starker Seborrhoe zwischen dem 20. und 40.Lebensjahr auftretend (Scheinfeld N 2014).

Lokalisation

Kapillitium, behaarter Nacken, perianal, axillär, inguinal.

Klinisches Bild

Häufig zeigen sich mehrere follikuläre Papeln und Pusteln, schmerzlose und perforierende subkutane Knoten oder Granulome, Kolliquationsnekrosen sowie fuchsbauartig ausgebildete, epithelausgekleidete Untertunnelungen der Kopfhaut. Auf Druck Entleerung von Eiter oder eines hämorrhagischen Sekrets. Kleinfleckige Alopezie, Abheilung unter Ausbildung atrophisch spiegelnder Brücken (keine Follikel mehr nachweisbar) und hypertrophischer Zipfelnarben.

Histologie

Abszedierende, einschmelzende und granulomatöse Entzündung; Fremdkörperreaktionen. Hyperplasie des Talgdrüsenapparates.

Diagnose

Klinisches Bild mit Komplexsituation von Acne conglobata und chronisch fistulierender Entzündung der behaarten Kopfhaut.

Differentialdiagnose

Folliculitis decalvans: Klinisch kein Hinweis auf Acne conglobata. Kein Nachweis von Fistelgängen.

Acne keloidalis (Folliculitis scleroticans nuchae): Befall der Nackenregion; keine Fistelgänge. Kein Hinweis für Acne conglobata. 

Hidradenitis suppurativa: Befällt nicht das Kapilltium

Tuberculosis cutis colliquativa: Extrem seltenes Krankheitsbild in der westlichen Hemisphäre. klinischer und histologischer Nachweis der zugrunde liegenden Tuberkulose.

Aktinomykose: Lokalisation Kapilltium untypisch; kein Hinweis für Acne conglobata

Therapie

Ausschluss eines Diabetes mellitus.

Externe Therapie

Glukokortikoide in Kombination mit internen Retinoiden scheinen die besten Erfolge zu bringen. Glukokortikoid-Tinkturen, ggf. mit Salicylsäure-Zusatz wie Triamcinolon-Spiritus mit Salicylsäure R262 im Bereich entzündlicher Veränderungen über mehrere Tage anwenden. Alternativ: Betamethason-Gel (z.B. Diprosis Gel). Zudem feuchte Umschläge mit antiseptischen Zusätzen wie Kaliumpermanganat (hellrosa) oder Chinolinol (z.B. Chinosol 1:1000 oder R042 ).

Interne Therapie

Antibiotika: in einer kleineren Studie wurde die Kombination von Clindamycin/Rifampicin (jew. 200mg/2xTag p.o.) über einen Zeitraum von 10 Wochen als erfolgreich beschrieben (Scheinfeld N 2014).

Retinoide wie Isotretinoin (z.B. Aknenormin®) 0,2-0,5 mg/kg KG/Tag. Im weiteren Verlauf Reduktion der Dosis auf 10mg 2-3x/Woche. 

Mäßig gute Erfolge werden auch mit Hydroxychloroquin 150 mg/Tag p.o. gesehen (eigene Erfahrungen sind negativ).

Einzelfallberichte belegen positive Erfolge mit einer Kombinationstherapie von Dapson (100 mg/Tag) und Isotretinoin (1 mg/kg KG/Tag) sowie von monotherapeutischen TNF-alpha-Blockern.  

Operative Therapie

Bei umschriebenen Herden ggf. Epilation betroffener Haare. Ansonsten Spalten der Fistelgänge. Nach Abheilung ggf. plastisch-chirurgische Therapie und Eigen- Haartransplantation.

Verlauf/Prognose

Chronischer Verlauf über Jahre bis Jahrzehnte, evtl. Entwicklung einer sekundären Amyloidose; nach radikaler chirurgischer Exzision keine Rezidive.

Hinweis(e)

Die Erkrankung wird zusammen mit der Acne inversa, der Acne conglobata und dem Pilonidalsinus als "Tetrade der follikulären Okklusion" zusamengefasst. 

Literatur

  1. Bellew SG et al. (2003) Successful treatment of recalcitrant dissecting cellulitis of the scalp with complete scalp excision and split-thickness skin graft. Dermatol Surg 29: 1068-1070
  2. Bolz S et al. (2008) Erfolgreiche kombinierte Isotretoinoin - und Dapson -Therapie bei Perifolliculitis capitis abscedens ert suffodiens. JDDG 6: 44-47
  3. Chen W et al. (2017) Should hidradenitis suppurativa/acne inversa best be renamed as "dissecting
    terminal hair folliculitis"? Exp Dermatol 26:544-547. 
  4. Hoffman E (1908) Perifolliculitis capitis abscedens et suffodiens: case presentation. Dermatol Z (Berlin) 15: 122-123
  5. Karpouzis A et al. (2003) Perifolliculitis capitis abscedens et suffodiens successfully controlled with topical isotretinoin. Eur J Dermatol 13: 192-195
  6. Scerri L et al. (1996) Dissecting cellulitis of the scalp: response to isotretinoin. Br J Dermatol 134: 1105-1108
  7. Scheinfeld N (201) Dissecting cellulitis (Perifolliculitis Capitis Abscedens et Suffodiens): a
    comprehensive review focusing on new treatments and findings of the last decade
    with commentary comparing the therapies and causes of dissecting cellulitis to
    hidradenitis suppurativa. Dermatol Online J 20:22692.
  8. Spitzer L (1903) Dermatitis follicularis et perifollicularis conglobata. Dermatol Z (Berlin) 10: 109-120
  9. Vañó-Galván S et al. (2015) Folliculitis decalvans: a multicentre review of 82 patients.J Eur Acad Dermatol Venereol 29:1750-1757.

Autoren

Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024