Haartransplantation
Synonym(e)
Definition
Indikation
Narbige Alopezien (atrophisierende Entzündungen der Kopfhaut, Verletzungen, Verbrennungen, Dauerzug, Strahlenschäden), androgenetische Alopezie des Mannes (Norwood I-VII) und Alopecia androgenetica bei der Frau. Ersatz von Bartbehaarung (z.B. Hasenschartenkorrektur), Rekonstruktion von Augenbrauen, Wimperntransplantation nach Alopecia mechanica, Ersatz von Schamhaaren, Alopecia triangularis congenita.
Voraussetzung: ausreichend eigenes Spenderhaar vorhanden
Durchführung
Zwei Operationsmethoden sind zu unterscheiden:
- Schwenklappentechniken (z.B. Rotationslappen nach Juri; nur selten angewandt).
- Autologe Vollhauttransplantate:
Die Transplantate werden als so genannte Square grafts, Strip grafts oder Punch grafts in die Empfängerregion eingebracht.- Beim Punchgrafting (Methode nach Okuda und Orentreich) werden so genannte Standardtransplantate von 3,0-4,5 mm Durchmesser am Haarkranz okzipital entnommen und in gleich große, vorher ausgestanzte Empfangslöcher im alopezischen Bereich eingebracht. Ästhetischer Nachteil: Büschelförmiger Haarwuchs. Heute wird die Follicular-Unit-Transplantation empfohlen.
- Follicular-Unit-Transplantation - mit Verpflanzung mehrerer Tausend Follikeleinheiten = Follicular units FU a 1-4 Haarfollikel in hoher Dichte. Aktuell werden die Transplantate durch optimierte Bohrsysteme: hexagonale Hybridpunchs, atraumatisch arbeitende rotierende Bohrsysteme) deutlich kleiner: 0,8-0,9 mm Durchmesser. Hierdurch gute bis sehr gute kosmetische Resultate. Eingriff in LA. Patient aufrecht sitzend oder in Bauchlagerung. Entnahme eines schmalen Hautstreifens in der Haarkranzregion. Voraussetzung ist eine ausreichende Qualität der okzipitalen, ggf. auch parietalen Spenderregion hinsitchtlich der FU-Dichte und - Qualität, Anzeichen der Miniarisierung und Elastizität zu prüfen. Die Entnahme sollte nur in sicheren Zonen für dauerhaftes Haarwachstum entnommen werden. Für die Entnahme von 1400 FU-Transplantaten bei einer Spenderhaardichte von 70 FU/cm² ist ein Streifen von 20 x 1 cm erforderlich. Hieraus können dann 3500-4000 Haare gewonnen werden. Die Wunde wird fortlaufend atraumatisch mit monofilem Nahtmaterial verschlossen.
- Bei der Minigraftmethode (3-5 Follikel) (nach Lucas) werden Grafts von 1,6-1,8 mm Durchmesser eingesetzt. Mikrografts werden im Bereich des Haaransatzes, Minigrafts dahinter implantiert. Die Einpflanzkanäle werden durch motorgetriebene Rundmesser angelegt (Holesmethode). Alternativ: Schlitzförmige Einpflanzkanäle mit einer feinen lanzettförmigen Klinge (Slitmethode). Anordnung und Abstand der Bohrlöcher von 0,8-1,5 mm Durchmesser sollte unregelmäßig, nicht zu dicht (Nekrosegefahr) und nicht zu licht (zu geringe optische Wirkung), erfolgen. Die Einpflanzlöcher bzw. -schlitze können bei entsprechender Erfahrung auch mit einem dafür geeigneten CO2-Laser angebracht werden. In jedem Fall ist streng auf die zukünftige Haarwuchsrichtung zu achten. Das Einsetzen der Transplantate erfolgt mit Mikropinzetten. Durch Adhäsivkräfte und Wirkung des körpereigenen Fibrins werden die Grafts in ihrer Position gehalten, so dass keine besonderen Fixationsmaßnahmen erforderlich sind. Bei der Slittechnik besteht eher eine Gefahr der Graftdislokation. Pro Sitzung können über 1000 Mini- und Mikrografts verpflanzt werden. Durchschnittlich werden pro Operation 400-700 Transplantate benötigt. Die optimale Haardichte kann mittels der Trichodensitometrie berechnet werden. Postoperativ Anlegen eines sterilen Schutzverbandes (kein Druckverband!) für eine Nacht. Dabei ist streng darauf zu achten, dass die Transplantate nicht mit dem Verband verkleben können, weil sie dann bei Verbandabnahme herausgerissen werden. Bereits nach 3 Tagen kann der Patient selbst eine Haarwäsche mit einem milden Shampoo durchführen. Die Fäden im Donorgebiet sollten nach ca. 2 Wochen entfernt werden.
Die transplantierten Haare fallen postoperativ (nach ca. 3-4 Wochen) temporär aus. Nach 3-4 Monaten produzieren die Follikel kontinuierlich neue Haare.
Merke! Bei Haarverpflanzungen ist die präoperative Planung und Aufklärung des Patienten von bes. Bedeutung. Die Haarverpflanzung ist eine Umverteilung noch vorhandener Haare. Allzu große Entnahmestreifen und die zeitgleiche Transplantation zuvieler FU's sollte vermieden werden: Einerseits wegen ungünstiger Narbenbildung im Donorgebiet, andererseits um die FUs zeitnah und schonen implantieren zu können. Der Patient muss wissen, dass auch nach mehreren Behandlungen nur eine Haardichte von 40-80% der Haardichte im Donorgebiet erreicht werden kann. Verdichtungsoperationen sind frühestens nach 3 Monaten durchführbar. Der zukünftige Haaransatz darf keinesfalls zu tief, eher etwas höher angelegt werden. Die Anzeichnung und die Besprechung des Haaransatzes erfolgt gemeinsam mit dem Patienten vor der örtlichen Betäubung. Auf eine exakte Fotodokumentation ist zu achten. Durchführung in speziellen dermatologischen Kliniken.Informationen bieten der Verband deutscher Haarchirurgen (VDHC: https://www.vdhc.de/downloads/VDHC-Leitlinie_HT.pdf) und die internationale Dachgesellschaft: International Society of Hair Restoration Surgery (ISHRS. https://ishrs.org/)
Kontraindikation
Komplikation(en)
- Blutungen
- Schmerzen
- Schwellungen
- Juckreiz
Literatur
- Finner AM (2022) Haartransplantation- nachhaltige ärztliche Planung und Durchführung. Hautarzt 73:358-368
- https://www.haarerkrankungen.de/aktuelles/haarsinglenewsmeldung.php?newsid=20180222
- Neidel FG (2019) Haartransplantation - was ist aktuell? Derm 25:177-182