Demodex-Follikulitis B88.0

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Synonym(e)

Acne rosacea demodes; Demodex Folliculitis; Demodex-folliculorum-Follikulitis; Demodexfollikulitis; Demodicidosis; Demodicosis; Demodikose; Demodizitis; Pityriasis folliculorum

Erstbeschreiber

Ayres 1930

Definition

Seltenes chronisches Krankheitsbild mit gruppierten, follikulär gebundenen Papeln bei saprophytärer Besiedlung der Talgdrüsenfollikel mit den etwa 0,03 cm großen Demodex folliculorum und anderen Demodexspezies (z.B. Demodex brevis). Der Mensch ist ausschließlicher Wirt bei diesen Parasiten. Allerdings ist das Krankheitsbild auch in der Veterinärmedizin bekannt (z.B. bei bestimmten Hunderassen). Über das Auftreten von Schweinedemodikose (Demodex phylloides) wurde in Brasilien berichtet (Bersano JG et al. 2016).

Manifestation

Höheres Erwachsenenalter (50-70 Jahre)

Auch bei jüngeren HIV-Infizierten (30-40 Jahre)

Vereinzelt auch bei immunkompetenten Jugendlichen und jungen Erwachsenen

Lokalisation

V.a. Gesicht, Wangen, Lider, Lidränder.

Klinisches Bild

Chronische, über Monate persistierende, meist einseitige, rote, chronische Plaques mit meist disseminierten, 0,1-0,2cm großen, follikulären, roten oder rot-braunen Knötchen und Pusteln; oft Schuppung und Krustenbildung. Bei längerem Bestand flächige Rötung der befallenen Areale. Seltener sind furunkoloide Knoten, sodass das klnische Bild an eine Acne conglobata erinnern kann (Demodex-Folliculits conglobata).  Pityriasiforme Schuppung der befallenen Areale.

Gelegentlich begleitender Juckreiz.

Bei Befall der Augenlider (Demodex-Blepharitis, Befall der Meibomschen Drüsen): Lidrandverkrustungen und Lidrandekzeme, Photophobie und Fremdkörpergefühl.

Inwieweit das häufige Auftreten der Demodex-Milbe bei der Pathogenese oder der Verschlimmerung der Rosazea eine Rolle spielt, ist noch unklar.  

Eine Demodex-Follikulitis im Kindesalter wird bei akuter lymphatischer Leukämie beobachtet.

Histologie

3-5 oder auch mehr Milben in einem ausgeweiteten Follikel; perifollikulär angeordnetes, entzündliches, teilweise epitheloidzelliges Infiltrat, spongiotisches Follikelepithel; ggf. perifollikuläre, granulomatöse Entzündung bei Rupturierung des Follikelepithels. 

Diagnose

Histologie und Klinik. Milben sind bei allen Färbungen sehr auffällig in den Follikeln nachweisbar! 

Zum direkten Milbennachweis ist ein spezieller Hornschichtabriss mit einem Cyanoacrylat-Schnellkleber geeignet. Dieser wird auf einen Glasobjektträger gegeben und unmittelbar auf die Wangenhaut angedrückt. Nach kurzer Zeit (60 Sekunden) kann der Objektträger vorsichtig abgerollt werden. Hierdurch werden die Follikelfilamente mit den Milben aus den Talgdrüsenöffnungen gezogen. Sie können mikroskopisch beurteilt werden (Melnik B 2018).

Eine Alternative wäre eine konfokale Lasermikroskopie-Untersuchung.

Auch die 20-MHz-Sonographie ist eine geignete Methode Follikelstrukturen darzustellen.  

Differentialdiagnose

Rosazea

Bakterielle Follikulitis

Periorale Dermatitis

Tinea facialis

Merke! Bei einseitigen Hautveränderungen und bei mangelhaftem Ansprechen auf die „klassische Rosazeatherapie“ an Demodikose denken!

Therapie allgemein

Die Behandlung ist i.d.R. langwierig und schwierig; sie entspricht in vielem der Therapie der Rosazea.

Externe Therapie

Therapie mit 10% Crotamiton-Emulsionen (z.B. Eraxil Lotio). Behandlung jeweils an 2 aufeinander folgenden Tagen, dann 1 Woche Therapiepause, erneuter Behandlungszyklus.

Alternativ Permethrin-Creme, Benzylbenzoat (z.B. Antiscabiosum 10% Emulsion), Allethrin (z.B. Jacutin N Spray) oder Ivermectin (1,0-2,0%) in einer Cremegrundlage (als Fertigarzneimittel verfügbar "Soolantra®").

Ansonsten 1-2% Metronidazol-Cremes z.B. als Rezeptur -  Hydrophile Metronidazol-Creme, oder Gele (als Fertigarzneimittel z.B. Metrogel® oder als Rezeptur -  2% hydrophiles Metronidazol-Gel ) s.a. Rosazea.

  • Am Lidrand können Milben teilweise mechanisch exprimiert werden.

Merke! Externe Glukokortikoidapplikationen sind strikt zu unterlassen!

Interne Therapie

Wenn lokale Therapie nicht ausreichend ist, kann Metronidazol (z.B. Clont 3x 250-300mg/Tag über 1-2 Wochen - nicht in allen Fällen hilfreich) angewendet werden.

Alternativ: Therapieversuch mit Doxycyclin (z.B. Doxycyclin Stada) 2mal/Tag 100 mg p.o.

Alternativ: In der Vorstellung, dass durch Retinoide den Milben die Lebensgrundlage entzogen werden kann, ist in schweren Fällen Isotretinoin (z.B. Isotretinoin-ratiopharm; Aknenormin) zu diskutieren. Dosierung: Initial 0,5 mg/kg KG/Tag p.o., Erhaltungstherapie 10-20 mg/Tag p.o.

Alternativ: Ivermectin 150-200 μg/kg KG p.o. als ED. 

Fallbericht(e)

Der 42 Jahre alte Lateinlehrer bemerkt periokulär lokalisierte, entzündliche Knötchen seit über 1/2 Jahr. Wenig Juckreiz. Therapieresistenz trotz sorgfältig durchgeführter, vom Hausarzt verordneter Therapie. Bei Nachfragen auch einige Glukokortikoid-haltige Salben.

Befund: Periokulär angesiedelte, zum Auge hin verdichtete, zur Peripherie auslaufende, rote und rötlich-bräunliche, follikuläre Knötchen. Stellenweise flächige, wenig schuppende Erytheme.

Histologie: Perifollikuläres Granulom; mehrere Follikelmilben nachweisbar.  

Therapie: Behandlung mit 10% Crotamiton-Emulsion 2mal/Tag. Nach 6 Wochen komplette Abheilung der Läsionen.

Literatur
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  1. Baima B, Sticherling M et al. (2002) Demodicidosis revisited. Acta Derm Venereol 82: 3-6
  2. Bersano JG et al. (2016) Demodex phylloides infection in swine reared in a peri-urban family farm located on the outskirts of the Metropolitan Region of São Paulo, Brazil. Vet Parasitol 230: 67-73.
  3. Cotliar J et al. (2013) Demodex folliculitis mimicking acute graft-vs-host disease. JAMA Dermatol 149:1407-1409
  4. Forstinger C et al. (1999) Treatment of rosacea-like demodicidosis with oral ivermectin and topical permethrin cream. J Am Acad Dermatol 41: 775-777
  5. Forton F et al. (1993) Density of Demodex folliculorum in rosacea: a case-control study using standardized skin-surface biopsy. Br J Dermatol 128: 650-659
  6. Guerrero-González GA et al. (2014) Crusted demodicosis in an immunocompetent pediatric patient. Case Rep Dermatol Med doi: 10.1155/2014/458046
  7. Jansen T et al. (2001) Rosacea-like demodicidosis associated with acquired immunodeficiency syndrome. Br J Dermatol 144: 139-142
  8. Morras PG et al. (2003) Rosacea-like demodicidosis in an immunocompromised child. Pediatr Dermatol 20: 28-30
  9. Melnik B et al. (2018) Akne und Rosazea. In: Braun-Falco`s Dermatologie, Venerologie Allergologie G. Plewig et al. (Hrsg) Springer Verlag S 1331
  10. Vu JR et al. (2011) Demodex folliculitis. J Pediatr Adolesc Gynecol 24:320-321
  11. Weingartner JS et al. (2012)  What is your diagnosis? Demodex folliculitis. Cutis. 90:65-66
  12. Yun SH et al. (2013) Demodex folliculitis presenting as periocular vesiculopustular rash. Orbit 32:370-371

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