Impfstoffe

Zuletzt aktualisiert am: 22.08.2024

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Synonym(e)

(e) Vaccination; Impfung; Impfungen; Schutzimpfung; Vakzinierung

Erstbeschreiber

Der Name „Vakzination oder Vakzinierung“leitet sich von vacca (lat. für Kuh) her. Denn mit Flüssigkeiten, die Kuhpockenviren enthielten, wurde nach den wegweisenden Schritten von Edward Jenner, in England ab 1796 wirksam gegen die Pocken geimpft (vaccinated).

Definition

Unter Impfung, auch Vakzinierung oder Schutzimpfung genannt, versteht man lauf IfSG  die Gabe eines Impfstoffes mit dem Ziel, vor einer übertragbaren Erkrankung zu schützen. 

Impfstoffe und die damit verbundene Immunprophylaxe spielen v.a. bei viralen Infektionen, für die es noch kein größeres Gegenmittel gibt (s. SARS-Cov-2), eine entscheidende Rolle zum individuellen und kollektivalen Schutz. Nicht nur einzelne Personen profitieren von der Impfung (Individualschutz) sondern, bei entsprechend hoher Durchimpfungsrate, auch ein größeres Kollektiv (Kollektivschutz). 

Ziel einer Impfkampagne bei einer Epi- oder Pandemie ist es eine Herdimmunität zu erreichen. Über eine Herdimmunität gelingt es die epidemische Ausbreitung eines Erregers zu verhindern. Beispielsweise erkrankte 1977 im Dorf  Merka in Somalia, der Koch Ali Maow Maalin als letzter Mensch an Pocken. Heute existieren in der Natur keine infektiösen Pocken mehr, da die Infektion nur von Mensch zu Mensch weitergeben wird. Allerdings werden noch in 2 Laboratorien in der Welt lyophilisierte Pockenviren aufbewahrt.     

Einteilung

Man unterscheidet folgende Impfprinzipien:

Passive Imunisierung: Injektion von unterschiedlich aufbereiteten Gammaglobulinen-Fraktionen von Spendern. Beispiele für die Anwendung von passiver Immunsierung sind:

  • Tetanus (humanes Hyperimmunglobulin liegt vor)
  • Tollwut (humanes Hyperimmunglobulin liegt vor)
  • Cytomegalievirus-Infektion
  • Botulismus (polyvalentes Gammaglobulin vom Pferd)
  • Clostridium difficile (Rezidive)
  • Diphtherie
  • Hepatitis A (humanes Hyperimmunglobulin liegt vor)
  • Hepatitis B (humanes Hyperimmunglobulin liegt vor)
  • Masern (ein Hyperimmunglobulin des Menschen steht nicht zur Verfügung, da jedoch die meisten Menschen Maserantikörper im Blut haben, genügt ein normales Gammaglobulin)
  • Varizella-Zoster-Virus (humanes Hyperimmunglobulin)
  • RSV-Infektion (gentechnisch hergestellt)
  • Röteln

Aktive Immunisierung : Applizierung des Antigens zur Stimulierung des körpereigenen Immunsystems). Folgende Möglichkeiten einer aktiven Immunisierung sind gegeben:

Totimpfstoffe enthalten entweder inaktivierte ganze Erreger (partikuläre Impfstoffe) oder nur wichtige antigene Bestandteile (Proteine oder Polysaccharide) die aus antürlichen Erregern extrahiert wurden, oder rekombinant (mittels Gentechnik) hergestellt wurden. So werden z.B. die Partikel von Influenzaviren gespalten (Spaltimpfstoffe) um die antigenen Substanzen in der Hülle (z.B. Neuraminidase) zu extrahieren. Um eine befriedigende Immunantwort gegenüber den Totantigegen zu erhalten, ist oft eine zusätzliche Gabe von Adjuvanzien erforderlich (z.B. Aluminiumhydroxid).  Diese Impfstoffe werden auch als Adsorbatimpfstoffe bezeichnet.  

  • Subunit- und Spaltimpfstoffe (enthalten keine kompletten abgetöteten Erreger, sondern nur daraus gewonnene oder gentechnisch hergestellte Biomoleküle. Die meisten Grippeimpfstoffe sind Spaltimpfstoffe)
  • Konjugatimpfstoffe (sind Subunitimpfstoffe  bei denen die Erregermoleküle nicht direkt in den Impfstoff eingebracht, sondern zuvor an Proteine (Konjugate) gebunden werden, die eine Trägersubstanz darstellen).
  • VLP-Impfstoffe (VLP ist das Akronym für „Virus-like Particles; dies sind Viruspartikel, die jedoch keine Nukleinsäuren enthalten. Damit können sich die Partikel in den Zielzellen nicht vermehren. Sie sind auch nicht befähigt ein Transgen zu überbringen)

  • Toxoidimpfstoffe (Sonderform der Totimpfstoffe):Toxoidimpfstoffe (Formalin-inaktiviertes Toxin = Toxoid);  Die  Antikörper richten sich nicht gegen den Ereger selbst sondern gegen das Toxin des Erregers.

Lebendimpfstoffe  enthalten entweder attenuierte in ihrer Virulenz geschwächte Erreger, die aber noch vermehrungsfähig sind, oder sie basieren auf vektorisierten Viren als Träger der genetischen Pathogeninformation.

  • Attenuierte Erreger: Diese sind noch vermehrungsfähig, induzieren jedoch nur ein abgeschwächtes Krankheitsbild. Ihre genetischen Veränderungen, die denVerlust ihrer Virulenz nach sich gezogen haben, sind entweder durch spotane Mutation entstanden oder durch mehrfache Passagen der Kulturen. Der Vorteil der Lebendimpfstoffe leigt darin, dass sie ein antürliche Infektion imitieren, die humoral oder auch zellvermittelt sein kann. Nachteilig ist die die Latenzzeit bis das körpereigene Immunsystem genügend Antikörper produziert hat, bis ein Impfschutz gewährleistet ist.  
  • Vektor-Impfstoffe: hierbei wird das virale Genmaterial in harmlose Trägerviren  (z.B.  in das Modified-Vaccinia-Ankara-Virus) eingebaut und als Impfstoff injiziert. Diese Trägerviren können zwar in menschliche Zellen eindringen und sich eventuell dort auch vermehren, führen aber nicht zum Krankheitsausbruch. Die befallene Zelle produziert daraufhin eine Zeit lang auf Basis des transgenen Gens das Erregerprotein, der Organimsus den gewollten protektiven Antikörper. 

Genbasierte Impfstoffe: Bei diesen Vakzinen produziert der Organimsus wie eine Kopiermaschine das Antigen selbst. Der Ansatz der genbasierten Impfstoffe gilt als vielversprechend, da diese relativ schnell und in großen Mengen produziert und – sollte der Erreger mutieren – abgewandelt werden können.

  • RNA-Impfstoffe: diese bestehen wie bspw. BNT162/BioNTech/Fosun/Pfizer und mRNA-1273/Moderna/NIAID, in der Regel aus einzelsträngiger messenger Ribonukleinsäure (mRNA). Diese enthält die genetische Information für den Aufbau eines Proteins. Im Zytosol wird die mRNA von Ribosomen gebunden und ein Peptid katalysiert. Die RNA in den Impfstoffen ist meist in Liposomen oder Lipid-Nanopartikeln (LNP) verpackt. Da das Antigen in den Zellen des Organismus und in großen Mengen produziert wird, ist die Immunreaktion i. A. stark.
  • DNA-Impfstoffe: diese bestehen aus einem in ein Bakterienplasmid inserierten virales DNA-Stück. Dieses  wird in die Zielzelle aufgenommen, generiert eine mRNA, die im Zytosol der Zelle von Ribosomen gebunden abgelesen und in das virale Antigen umgesetzt wird (Ghaffarifar F 2018). Ein in der Corona-Impfstoff-Entwicklung befindlicher DNA-Impfstoff ist INO-4800 - Inovio Pharmaceuticals).

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Beispiele für Erkrankungen für die Totimpfstoffe (T) zur Verfügung stehen :

  • Cholera (T)
  • FSME = Frühsommer-Meningoenzephalitis (T)
  • Genitalwarzen durch humane Papillomviren (HPV) (T))
  • Haemophilus-influenzae-b-Infektion (Hib-Infektion) (T)
  • Hepatitis A (T)
  • Hepatitis B (T)
  • Herpes zoster (Gürtelrose) (L, T)
  • Hirnhautentzündung oder Sepsis durch Meningokokken der Serogruppen A, B, C, W135 und Y (T)
  • Influenza (saisonale echte Grippe) (L, T)
  • Krebsarten im genitalen / analen Bereich durch humane Papillomviren (HPV) (T)
  • Japanische Enzephalitis (T)
  • Lungen- und Mittelohrentzündung durch Pneumokokken (T)
  • Pertussis (Keuchhusten) (T)
  • Polio (T)
  • Tetanus = Wundstarrkrampf (T)
  • Tollwut (T)
  • Typhus (L, T)
  • Humane Papillomaviren (HPV) (T)

Beispiele für Erkrankungen für die Lebendimpfstoffe (L)zur Verfügung stehen:

  • Cholera (L)
  • Gelbfieber (L)
  • Herpes zoster (Gürtelrose) (L, T)
  • Influenza (saisonale echte Grippe) (L, T)
  • Masern (L)
  • Mumps (L)
  • Pocken (L)
  • Poliomyelitis (L)
  • Rotaviren (Brechdurchfall) (L)
  • Röteln (L)
  • Salmonellen (L)
  • Tuberkulose (L)
  • Typhus (L, T)
  • Varizellen (Windpocken) (L)

Vektor-Impfstoffe:  

  • Diphtherie (V)
  • Ebola (V)
  • Corona-Viren (SARS/MERS)
  • Flaviviren (z. B. Zika-Virus)
  • Dengue-Virus

Genbasierte Impfstoffe: Bei diesen Vakzinen produziert der Organimsus wie eine Kopiermaschine das Antigen selbst. Der Ansatz der genbasierten Impfstoffe gilt als vielversprechend, da diese relativ schnell und in großen Mengen produziert und – sollte der Erreger mutieren – abgewandelt werden können.

RNA-ImpfstoffemRNA wird in Lipid-Nanopartikel eingepackt und gelangt in den Zellkern. Die Translation der mRNA führt zur Bildung des viralen Allergens, gegen das das Immunsystem protektive Antikörper bildet. Beispile für RNA-Vakzine sind:

  • BNT162/BioNTech/Fosun/Pfizer (SARS-CoV-2)
  • und
  • mRNA-1273/Moderna/NIAID (SARS-CoV-2)

DNA-Impfstoffe

  • INO-4800 - Inovio Pharmaceuticals (INO-4800 ist ein DNA-Impfstoffkandidat, der auf das Coronavirus SARS-CoV-2 abgestimmt ist. Der Impfstoff auf Nukleinsäurebasis ist bei Raumtemperatur mehr als ein Jahr lang stabil und muss nicht eingefroren transportiert oder gelagert werden. Der INO-4800-Impfstoff enthält das Plasmid pGX9501, das für die volle Länge des Spike-Glykoproteins von SARS-CoV-2 kodiert. Bei der Applikation wird ein kurzer elektrischen Impuls verwendet, um kleine Poren in der Zelle reversibel zu öffnen, damit die Plasmide eindringen können).

Komplikation(en)

Schwerwiegende sogenannte unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) nach Impfungen sind sehr selten. Nach § 6 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) ist der Verdacht einer über das übliche Maß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung namentlich meldepflichtig. Die Meldung erfolgt vom Arzt an das Gesundheitsamt. Die Gesundheitsämter sind nach § 11 Abs. 4 IfSG verpflichtet, die gemeldeten Verdachtsfälle der zuständigen Landesbehörde und der zuständigen Bundesoberbehörde, dem Paul-Ehrlich-Institut, im Einklang mit den Bestimmungen des Datenschutzes in pseudonymisierter Form (personenbezogene Angaben sind unkenntlich zu machen) zu melden. Die Meldepflicht nach IfSG gilt in jedem Fall (Robert Koch-Institut 2020). 

Hinweis(e)

Neuerdings werden auch Tumorvakzine propagiert, wobei keine mikrobiellen Antigene sondern Tunorantigene appliziert werden.

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Agnandji S T et al. (2016)  Phase 1 Trials of rVSV Ebola Vaccine in Africa and Europe. The New England journal of medicine 374: 1647-1660.
  2. Afrough B et al. (2019) Emerging viruses and current strategies for vaccine intervention. Clin Exp Immunol 196: 157-166.
  3. Ghaffarifar F (2018) Plasmid DNA vaccines: where are we now? Drugs Today (Barc) 54: 315-333.
  4. Hirao LA et al. (2008) Combined effects of IL-12 and electroporation enhances the potency of DNA vaccination in macaques. Vaccine 26:3112-3120.
  5. Hof H (2019) Impfungen. In: Hof H, Schlüter D, Dörries R, Hrsg. Duale Reihe Medizinische Mikrobiologie. 7., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Thieme S.736-748
  6. Li L et al. (2016) Molecular mechanisms for enhanced DNA vaccine immunogenicity. Expert Rev Vaccines 15:313-329.
  7. Mitteilung des Robert Koch-Instituts (abgerufen am 25.1.2020)
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