Synonym(e)
Definition
Propranolol ist ein nicht-kardioselektiver Beta-Adrenozeptor-Antagonisten. Diese werden auch als „Betablocker/Betarezptorenblocker“ bezeichnet (die Bezeichnung „Betablocker“ ist insofern nicht korrekt, da durch diese Substanzgruppe nur Kanäle oder Transporter blockiert werden, nicht aber die Rezeptoren).
Alle Beta-Adrenozeptor-Antagonisten sind kompetitive Antagonisten und sind (bis auf Timolol und Sotalol) auf eine gemeinsame Grundstruktur zurückzuführen (s. Abb.).
Propanolol wird bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Hypertonie, Herzrhythmusstörungen und bei koronarer Herzkrankheit (KHK) eingesetzt.
Weitere Indikationen von Propranolol sind primäres Angstsyndrom, Migräneprophylaxe, essenzieller Tremor und Hyperthyreose als symptomatische Therapie.
Schwangerschaft/Stillzeit
Propranolol darf in der Schwangerschaft nur nach strenger Indikationsstellung und Abwägen des Nutzen-Risiko-Verhältnisses gegeben werden. Es muss dabei auf eine mögliche Wehenauslösung und auf unerwünschte Wirkungen auf den Fötus (intrauterine Wachstumsretardierung, Bradykardie) geachtet werden. Deshalb ist die Therapie mindestens 48 – 72 Stunden vor dem errechneten Geburtstermin zu beenden. Ist dies nicht möglich, müssen die Neugeborenen in den ersten 48 – 72 Stunden nach der Geburt sorgfältig zu überwachen.
Stillzeit: Da Propranolol zu den lipophilen Betablockern gehört, kann es in die Muttermilch gelangen. Das Stillen wird daher nicht empfohlen.
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Dosierung und Art der Anwendung
Propranolol kann oral wie auch parenteral verabreicht werden. Die Filmtabletten sind vor den Mahlzeiten und die Retardtabletten (morgens) unzerkaut mit ausreichend Flüssigkeit einzunehmen. Die intravenöse Injektion sollte langsam, entsprechend 1 ml Injektionslösung pro Minute, unter fortlaufender Kontrolle von Puls, Blutdruck und EKG erfolgen. Sie darf nur so lange angewendet werden, bis die Herzrhythmusstörungen unter Kontrolle sind.
Orale Applikationsform:
Arterielle Hypertonie: Initial werden 80 – 120 mg Propranololhydrochlorid pro Tag, aufgeteilt in 2-3 EDs empfohlen. Die Tagesdosis kann auf 160 – 240 mg Propranololhydrochlorid erhöht werden. Falls erforderlich kann die Dosierung auf 320 mg Propranololhydrochlorid, aufgeteilt in 2 Einzeldosen als Filmtablette oder eine Einzeldosis morgens als Retardkapsel, gesteigert werden.
Koronare Herzkrankheit, tachykarde Herzrhythmusstörungen: Die Anfangsdosis beträgt 120 mg Propranololhydrochlorid, aufgeteilt in 3 EDs. Falls notwendig kann die Tagesdosis auf 160 – 240 mg Propranololhydrochlorid, aufgeteilt in 2-3 EDs bzw. 1x morgens oder abends 160 mg Propranololhydrochlorid Retardkapseln, erhöht werden.
Reinfarktprophylaxe: Die Behandlung sollte zwischen dem 5. und 21. Tag nach dem Myokardinfarkt begonnen werden: Dosierung: zunächst 120 mg Propranololhydrochlorid, aufgeteilt in 3 EDs, über 2 – 3 Tage. Danach 80 – 160 mg Propranololhydrochlorid, aufgeteilt in 2-3EDs als Filmtablette oder in 1 ED als Retardkapsel.
Hyperkinetisches Herzsyndrom : 30 – 120 mg Propranololhydrochlorid, aufgeteilt in 3 EDs.
Migräneprophylaxe, essentieller Tremor, symptomatische Therapie des primären Angstsyndroms: Anfangsdosis 80 – 120 mg Propranololhydrochlorid (aufgeteilt in 2-3 Eds).
Hyperthyreose (symptomatische Therapie als Ergänzung oder bis zum Wirksamwerden spezifischer Maßnahmen): Die empfohlene Dosis liegt bei 30 – 160 mg Propranololhydrochlorid, aufgeteilt in 3-4 EDs.
Arrhythmien bei Kindern und Jugendlichen: Individuelle Dosierung. Die Orientierungsdosis liegt bei 0,25 – 0,5 mg/kg Körpergewicht 3-4x/Tag.
Eingeschränkte Leber- oder Nierenfunktion: Bei stark eingeschränkter Leber- oder Nierenfunktion ist die Elimination von Propranolol reduziert. Eine Reduzierung der Dosis kann erforderlich sein.
Proliferative infantile Hämangiome (Orale Lösung): Die Therapie ist bei Säuglingen im Alter zwischen 5 Wochen und 5 Monaten zu beginnen. Die Initialdosis beträgt in der ersten Woche zweimal täglich 0,5 mg/kg Propranolol (Base). Dabei sollten zwischen den einzelnen Dosierungen mindestens 9 Stunden Abstand eingehalten werden. Eine Dosiserhöhung (bis zur therapeutischen Dosis) sollte nur unter ärztlicher Aufsicht erfolgen:
- Woche 2: 2x/Tag 1 mg/kg
- Woche 3: 2x/Tag 1,5 mg/kg als Erhaltungsdosis
- Die Behandlungsdauer: =/> 6 Monate.
Intravenöse Applikation (Akut bedrohliche supraventrikuläre und ventrikuläre Arrhythmien):
Erwachsene: Initial werden in der Regel 1 mg Propranololhydrochlorid (entspricht 1 ml Injektionslösung, also 1 Ampulle) langsam intravenös über 1 Minute injiziert. Falls erforderlich kann die Injektion mit der gleichen Dosis in Intervallen von 2 Minuten bis zum Wirkungseintritt bzw. bis zum Erreichen der Maximaldosis wiederholt werden. Die Maximaldosis liegt bei Erwachsenen mit erhaltenem Bewusstsein bei 10 mg und bei Erwachsenen in Narkose bei 5 mg.
Kinder und Jugendliche: Die intravenöse Injektion ist ausschließlich für die Notfallbehandlung kardialer Arrhythmien vorgesehen. Die empfohlene Dosierung beträgt 0,025 – 0,05 mg/kg. Falls erforderlich kann die Dosis alle 6 – 8 Stunden wiederholt werden.
Unerwünschte Wirkungen
Die häufigsten Nebenwirkungen von Propranolol gehen von der Wirkung auf das vegetative Nervensystem aus. Kopfschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden mit Durchfall, Erbrechen, Übelkeit oder Verstopfung sowie Müdigkeit, Schwindel und Schwitzen .
Weiterhin: Unruhe, Nervosität, Verwirrtheit oder Schlafstörungen, Blutdruckabfall, Herzrhythmusstörungen, verstärkte Herzinsuffizienz. Selten sind juckende Exantheme, diffuse Alopezie.
Wechselwirkungen
MAO-Hemmer: überschießender Blutdruckabfall
Calcium-Antagonisten vom Verapamil- oder Diltiazemtyp: Hypotonie, Bradykardie oder andere Herzrhythmusstörungen
Amiodaron: Verstärkte kardiodepressive Wirkungen
Insulin und orale Antidiabetika: Verstärkte und verlängerte Hypoglykämien
Andere blutdrucksenkende Arzeimittel: Verstärkte Blutdrucksenkung
Alphamethyldopa, Guanfacin, Herzglykosiden, Clonidin: Stärkeres Absinken der Herzfrequenz bzw. Verzögerung der Überleitung Überschießender Blutdruckanstieg
Cimetidin: Verstärkung der Propranolol-Wirkung
Kontraindikation
Überempfindlichkeit gegenüber Propranolol
AV-Block II. und III. Grades und Sick-Sinus-Syndrom bei Patienten ohne Herzschrittmacher
Höhergradiger sinuatrialer Block
Bradykardie
Nicht behandelte Herzinsuffizienz (NYHA III und IV)
Schock
Hypotonie
Pulmonale Hypertonie
Asthma bronchiale oder Bronchospasmus
Psoriasis: Bei Psoriatiker sollte die Anwendung von Betarezeptorenblockern nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen.
Allergien: Betarezeptorenblocker können die Empfindlichkeit gegenüber Allergenen und die Schwere anaphylaktischer Reaktionen, d.h. akuter allergischer Allgemeinreaktionen, erhöhen. Deshalb ist eine strenge Indikationsstellung geboten bei Patienten mit schweren Überempfindlichkeitsreaktionen in der Vorgeschichte und bei Patienten, die sich einer Therapie zur Schwächung bzw. Aufhebung der allergischen Reaktionsbereitschaft unterziehen (Desensibilisierungstherapie; Vorsicht: Überschießende anaphylaktische Reaktionen)
Chronisch obstruktive Atemwegserkrankungen
Gleichzeitige Behandlung mit MAO-Hemmern und anderen adrenerge Impulse verstärkenden Medikamenten
Gleichzeitige Behandlung mit Calciumantagonisten mit negativ inotroper Wirkung wie Verapamil und Diltiazem
Nach langer Nahrungskarenz
Urämie
Metabolische Azidose
Schwere periphere Durchblutungsstörungen (pAVK)
Patienten mit Hypoglykämieneigung oder Patienten, die längere Zeit gefastet haben
Unbehandeltes Phäochromozytom.
Säuglinge unter 5 Wochen
Hinweis(e)
Die Einnahme des Arzneimittels Propranolol kann bei Dopingkontrollen zu positiven Ergebnissen führen.
Patienteninformation(en)
Insbesondere zu Behandlungsbeginn kann durch individuell auftretende unterschiedliche Reaktionen das Reaktionsvermögen soweit verändert sein, dass die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr, zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt wird.
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
- Al-Majed AA et al. (2017) Propranolol. Profiles Drug Subst Excip Relat Methodol 42:287-338.