Kaposi Sarkom iatrogenesC46.-

Zuletzt aktualisiert am: 23.08.2024

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Synonym(e)

Iatrogenes disseminiertes Kaposi-Sarkom; Iatrogenes Kaposi Sarkom; Iatrogenic Kaposi's sarcoma; Immunsuppressions-assoziiertes KS; Kaposi sarcoma iatrogenic subtype; Medikamenten-induzierte Kaposi Sarkom; Non-AIDS associated Kaposi's sarcoma

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Definition

Das iatrogene Kaposi-Sarkom (KS), auch Medikamenten-induziertes KS oder Immunsuppression-assoziiertes Kaposi Sarkom genannt, ist eine durch das humane Herpesvirus 8 (HHV-8) ausgelöste vaskuläre Neoplasie, die sich an der Haut und an Schleimhäuten von Menschen mit artifiziell eingeschränkter Immunabwehr manifestiert.

Einteilung

Das Kaposi-Sarkom wird wie folgt eingeteilt:

  • Klassische indolente Kaposi-Sarkom: Dieses tritt bei Männern in der 6. bis 7. Lebensdekade auf; häufig ist die Initialläsion ein blau-roter Knoten der Haut, der mit einem Ödem der betroffenen Extremität einhergeht; in der Folge kommt es zu einer langsamen Zunahme der Größe sowie der Anzahl der Läsionen, auch Ulzerationen können entstehen. In einem zufälligen türkischen Kollektiv von KS-Patienten (n=137) war die klassische Variante die häufigste (64%).
  • Endemische Kaposi-Sarkom: betrifft HIV-negative Erwachsene und Kinder in Afrika.
  • AIDS-assoziiertes Kaposi-Sarkom: aggressivste Form des Kaposi-Sarkoms bei Patienten mit AIDS; häufig Hautläsionen im Gesicht, den Genitalien und der unteren Extremität; häufig auch Beteiligung der Mundschleimhaut, des Gastrointestinaltraktes, der Lymphknoten oder der Lunge.
  • Iatrogenes Kaposi-Sarkom: betroffen sind Patienten nach Organtransplantationen und unter immunsuppressiver Therapie; sehr selten; entwickelt sich nach wenigen Monaten bis Jahren nach einer Transplantation oder immunsuppressiven Therapie. In einem zufälligen türkischen Kollektiv von KS-Patienten (n=137) war die iatrogenen Variante mit 27 % die zweithäufigste Variante. Etwa 30% dieser Patienten waren Transplantationsempfänger. 16 iatrogene KS-Patienten wurden systemisch mit einem Kortikosteroid therapiert. 4 Patienten litten unter einer Myasthenia gravis, 3 unter rheumatoider Arthritis (Baykal C et al. 2019).

Grundsätzlich kann man beim iatrogenen Kaposi-Sarkom aus klinischer Sicht zwischen 2 Kollektiven unterscheiden:

  • Iatrogenes KS, nach Organtransplantation (0,5-5,3% der Organ-transplantierten Patienten)
  • Iatrogenes KS bei unterschiedlichen Grunderkrankungen bei denen eine längerzeitige oder dauerhafte immusuppressive Therapie notwendig war.

Vorkommen/Epidemiologie

Die iatrogene Variante wird hauptsächlich mit dem Einsatz einer immunsuppressiven Therapie in Verbindung gebracht.

Bei folgenden Grunderkrankungen wurde über ein assoziiertes KS berichtet:

Folgende (immusuppressiv wirkende) Medikamente wurden mit einem Kaposi-Sarkom in Verbindung gebracht:

  • Azathioprin/versch. Erkrankungen (Shahbazian H 2004).
  • Kortikosteroide/ Bullöses Pemphigoid/Systemischer Lupus erythematodes/ M. Crohn/Dermatomyositis/ Asthma bronchiale/ Membranproliferative Glomerulonephritis (Chen SA et al. 2021/ Weiss VCet al. 1982/ Hoshaw RA et al. 1980/ Agbaht K et al. 2007)
  • Cyclophosphamid/Wegener Granulomatose (Erban SB et al. 1988)
  • Abatacept/Rheumatoide Arthritis (Olivo D et al. 2017)
  • Infliximab/Psoriasisarthritis (Ursini Fet al. 2010)
  • Adalimumab/Rheumatoide Arthritis (Amadu Vet al. 2012)
  • Golimumab/ Rheumatoide Arthritis (Vural Set al. (2018)
  • Leflunomide/Rheumatoide Arthritis. Haut und systemischer Organbefall (Lee SY et al. 2012)
  • Mercaptopurin (Li J 2020)
  • Methotrexat/Bullöses Pemphigoid (Li J 2020/ Binois R et al. 2017)
  • Mycophenolate mofetil/Eosinophilic Granulomatosis with Polyangiitis (Berti A et al. 2015)
  • Mycophenolate mofetil+Prednisolon/Pemphigus vulgaris (Avalos-Peralta P et al 2006)
  • Rituximab/Thrombotisch-thrombocytopenische Purpura (Jerdan K et al. 2017)
  • Fingolimod/ Multiple Sklerose (Walker S et al. 2016)

Ätiopathogenese

Während es sich bei vielen Betroffenen um organtransplantierte Patienten handelt, muss bedacht werden, dass auch andere Formen der Immunsuppression zur Ausbildung eines Kaposi-Sarkoms führen können. Bei Transplantationspatienten kann ein iatrogenes KS aufgrund der notwendigen Applikation von systemischen Immunsuppressiva beobachtet werden.

Grundsätzlich ist HHV-8 für die Entwicklung eines Kaposi-Sarkoms notwendig. Eine Ko-Infektion mit dem humanen Cytomegalovirus (HCMV) führt zur Pathogenitätssteigerung von HHV-8 (Wells R et al. 2009). Weiterhin spielen für das iatrogene KS die Art und Dauer der immunsupressiven Therapie, das Alter sowie hormonelle, geografische, ethnische, genetische und umweltbedingte Faktoren eine Rolle.

Histologie

Das histologische Bild der vier Subtypen unterscheidet sich jedoch nicht. Während die frühen Läsionen der Haut uncharakteristisch sind, erkennt man im sog. Patchstadium eine gesteigerte Anzahl von Gefäßspalten. Diese werden von flachen bis ovalen, endothelialen Zellen ausgekleidet und zeigen nur geringe oder keine Atypien. Begleitend kann ein lymphoplasmazelluläres Infiltrat vorhanden sein. Extravaskulär sind Erythrozyten und Hämosiderin nachweisbar.

Im Plaquestadium sind alle Zeichen des Patchstadiums etwas ausgeprägter vorhanden. Zusätzlich können hyaline Globuli gefunden werden.

Es folgt das knotige Stadium, in dem die Läsionen sehr scharf begrenzt sind. Sie bestehen aus Spindelzellen mit nur geringen zytologischen Atypien und zahlreichen schlitzartigen Hohlräumen, die mit Erythrozyten gefüllt sind. Auch hier können hyaline Ablagerungen sowohl innerhalb als auch außerhalb der Spindelzellen auffallen.

Immunhistochemisch sind die Zellen des KS sowohl positiv für die endothelialen Marker CD31, CD34 und ERG als auch für den lymphatischen Marker D2-40. Ebenso zeigen sie eine nukleäre Expression von HHV8.

Therapie

Die erste Option ist das Absetzen oder eine Dosisreduktion der verantwortlichen immunsuppressiven Medikamente. Hiervon erhofft man sich eine Abheilung oder eine weitgehende Rückbildung der Läsionen.

Darüber hinaus werden:

  • Strahlentherapie für orale und kutane Läsionen
  • Chemotherapie (lokal oder systemisch)
  • Chirurgie (Haut und Darm)
  • Immuntherapie (lokal oder systemisch mit Interferon)
  • Retinsäure
  • Imiquimod und
  • Kryochirurgie als Therapieoptionen genannt.

Die klinische Stadieneinteilung ist für die Behandlung von grundlegender Bedeutung. Eine lokal begrenzte Erkrankung kann mit verschiedenen lokalen Therapien behandelt werden, auch wenn es keine randomisierten Studien gibt, die diese verschiedenen Modalitäten vergleichen. Aggressive, disseminierte KS und Fälle mit viszeraler Beteiligung erfordern in der Regel eine systemische Chemotherapie, meist mit Vinblastin, Bleomycin oder Paclitaxel.

Das KS nach Transplantation sollte nach Möglichkeit auf m-TOR-Inhibitoren umgestellt werden.

Colitis ulcerosa: Bei kologenem Befall ist eine Proktokolektomie die Therapie der Wahl, da diese Therapiemaßnahme zur Heilung von KS und Colitis ulcerosa führen kann (Li J et al. 2020; Svrcek M et al. 2009). 

Verlauf/Prognose

Das iatrogene KS, das sich bei chronisch rheumatischen Erkrankungen durch dauerhafte Einnahme (bewusst oder unbewusst) von Steroiden entwickelt, hat in der Regel einen günstigen Verlauf und bildet sich häufig mit dem Absetzen und Reduzieren der Dosis des Medikaments zurück. Bei Patienten, die eine immunsuppressive Behandlung aus Nichttransplantationsgründen erhalten, entwickelt sich das KS 2- bis 4-mal seltener und deutlich langsamer (Baykal C et al. 2019).

Literatur

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