IkterusR17
Synonym(e)
Definition
Ikterus (von griech. íkterus = Gelbsucht), bezeichnet ganz allgemein die Verfärbung (Dyschromie) von sichtbaren Geweben durch die Einlagerung von Bilirubin in Haut, Skleren und innere Organe (wahrnehmbare Verfärbung der Haut bei Bilirubin >3 mg/dl, wahrnehmbare Verfärbung der Skleren bei Bilirubin > 2 mg/dl). Die Skleren sind frühzeitig betroffen, da Bilirubin bevorzugt die elastischen Fasern anfärbt. Der Sklerenikterus ist damit ein frühzeitiges und wichtiges diagnostisches Leitsymptom zur Abklärung des Symptoms.
Als Pseudoikterus wird eine Farbstoffablagerung von Haut und/oder Skleren bezeichnet, z.B. durch wiederholten, übermäßigen Karotingenuss (Karotingelbsucht z.B. bei Säuglingen durch gefütterten Karottenbrei) bei normalen Bilirubinwerten.
Als Xanthodermie wird eine Gelbfärbung der Haut durch Medikamente (z.B. Qinacrin) bezeichnet.
Einteilung
Nach dem Ort der ursächlichen Störung:
- Prähepatisch
- Intrahepatisch
- Posthepatisch.
Bei einem prähepatischen Ikterus kommt es zu einem Bilirubin-Anstieg, dessen Ursache „vor der Leber“ liegt (z.B. durch Hämolyse).
Beim intra- und posthepatischen Ikterus kommt es zu einem Bilirubin-Anstieg in der Leber bzw. hinter der Leber. Hierbei handelt es sich immer um eine obstruktive oder nicht-obstruktive Cholestase.
Nach der Ursache des Ikterus:
- Hämolytischer Ikterus (prähepatischer Ikterus)
- Hämolytische Anämien
- Hepatozellulärer Ikterus (hepatischer oder Parenchymikterus)
- Familiäre Hyperbilirubinämiesyndrome (Z.B: Icterus intermittens juvenilis; Crigler-Najjar-Syndrom, Dubin-Johnson-Syndrom, Rotor-Syndrom, Idiopathische rezidivierende Cholestase)
- Infektiöse Hepatitis (Viren, Bakterien, Malaria)
- Chronische Hepatitis und Leberzirrhose
- Medikamentös oder toxisch induzierte Hepatitiden (Phenprocoumon, Paracetamol, Ajmalin, Amiodaron; Phenothiazine, Sexualhormone, Alkohol, Tetrachlorkohlenstoff, Vergiftung durch Knollenblätterpilze)
- Stauungsleber bei Rechtsherzversagen
- Cholestatischer (Verschluss-)Ikterus: Gestörter Gallenfluss; ursächlich sind Stauungen die vom Leberparenchym (intrahepatische Cholestase) bis hin zu Papilla Vateri reichen.
- Intrahepatische Cholestase (Störung der Gallesekretion in der Leber)
- Hepatitis, Leberzirrhose
- Virushepatitis (A-E), hepatotrope Viren (CMV, EBV)
- Autoimmunhepatitis
- Speicherkrankheiten (Hämochromatose, M. Wilson)
- „Fat overloading syndrome“ bei parenteraler Ernährung
- Progressive Destruktion oder Hypoplasie der Gallenwege
- Primär biliäre Zirrhose
- Primär sklerosierende Cholangitis
- „Vanishing bile duct syndrome“ nach Lebertransplantationen
- Idiopathische Ductopenie des Erwachsenen
- Angeborene Störungen der Leberfunktion mit Cholestase
- Vaskuläre Lebererkrankungen (selten)
- Ischämische Cholangitis nach Infusion von FU oder nach Lebertransplantation
- Budd-Chiari-Syndrom
Idiopathische funktionelle Cholestase (selten)
-
Schwangerschaftscholestase
-
Idiopathischer postoperativer Ikterus
- Cholestase durch Mangel an Transportern in der kanalikulären Membran
- Cholestase bei Zystischer Fibrose (Störungen des CFT-Regulators)
- Dubin-Johnson-Syndrom (Mutation vonMRP2 mit Störung der Bilirubinsekretion)
- Byler-Syndrom (Mangel des MDR-Transporters)
- Gallensäuren-Synthesestörungen
- Zellweger-Syndrom (Schädigung der Peroxisomen)
- Extrahepatische Cholestase (Abflussstörungen der Galle in den extrahepatischen großen Gallengängen)
- Intrakanalikulärer Verschluss (Choledochussteine, Mirizzi-Syndrom, Papillenstenose, Cholangitis, Tumor, Striktur, Parasiten, Askariden, Bilharziose, Fasciola hepatica, Clonorchis sinensis)
- Etrakanalikuläre Gangkompression (Pericholezystitis, Pankreatitis, Tumoren wie Pankreaskarzinom, cholangiozelluläres Karzinom, Gallenblasenkarzinom, Pankreaspseudozysten, Leberechinokokkus, Leberabszess)
- Familiäre Hyperbilirubinämie-Syndrome
- Mit erhöhtem konjungierten (indirekten) Bilirubin
- Icterus intermittens juvenilis (M. Meulengracht bzw. Gilbert-Syndrom) Mutation der UDPGT
-
Crigler-Najjar-Syndrom
- Typ I: Fehlen der UDPGT
- Typ II: Starke Verminderung der UDPGT (=Arias-Syndrom)
- Mit erhöhtem konjungierten (indirekten) Bilirubin
- Mit erhöhtem direktem Bilirubin (sehr selten)
- Dubin-Johnson-Syndrom (Mutation des Multidrug Resistance Protein MRP2)
- Rotor-Syndrom (Ausscheidungsstörung mit erhöhtem direkten Bilirubin)
- Idiopathische rezidivierende Cholestase (Summerskill Tygstrup)
Klinisches Bild
Klinisch zeigen sich neben der unterschiedlichen Gelbfärbung der Haut und der Skleren, typischerweise ein starker Juckreiz sowie bei cholestatischer (stauungsbedingter) Ursache oftmals eine Entfärbung des Stuhls mit Dunkelfärbung des Urins.
Literatur
- Ebrahimi A et al. (2018) Crigler-Najjar Syndrome: Current Perspectives and the Application of Clinical Genetics. Endocr Metab Immune Disord Drug Targets 18:201-211.
- Maruo Y et al. (2016) Genotype of UGT1A1 and phenotype correlation between Crigler-Najjar syndrome type II and Gilbert syndrome. J Gastroenterol Hepatol 31:403-408.
- Rowland A et al. (2013) The UDP-glucuronosyltransferases: their role in drug metabolism and detoxification. Int J Biochem Cell Biol 45:1121-1132.