Biliäre AtresieQ44.2
Synonym(e)
Definition
Die Gallengangatresie ist eine idiopathische neonatale Cholangiopathie, die durch eine fortschreitende entzündliche Obliteration der intrahepatischen oder extrahepatischen Gallenwege gekennzeichnet ist. Die Erkrankung tritt ausschließlich im Neugeborenenalter (Neonatalperiode) auf.
Vorkommen/Epidemiologie
Die Prävalenz bei Geburt variiert weltweit zwischen 1-9: 100 000 Lebendgeborenen. Eine Häufung der Erkrankung in Asien und im Pazifikraum wurde beobachtet. In Westeuropa erkrankt etwa ein Kind von 18.000 innerhalb der Neonatalperiode. Deutschland rechnet man mit etwa 35 Fälle pro Jahr (Mysore KR et al. 2019).
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Ätiopathogenese
Die Ursache ist noch ungeklärt. Diese Aussage betrifft sowohl der syndromale biliäre Atresie (BASM), die zystische From sowie die Fälle die mit CMV IgM-Antikörpern assoziiert sind (Lakshminarayanan B et al. 2016).
Klinisches Bild
Bei etwa 10% der Fälle ist die Atresie der Gallengänge mit weiteren angeborenen 1Fehlbildungen (z. B. Herzfehler, Polysplenie) vergesellschaftet und wird als syndromale Form (BASM) zusammengefasst.
Nach der Geburt entwickeln die Kinder einen prolongierten Ikterus, der im Gegensatz zur normalen Neugeborenengelbsucht überwiegend durch wasserlösliches „direktes“ Bilirubin verursacht wird. Betroffene Säuglinge setzen acholischen Stuhl ab; der Urin färbt sich braun. Als drittes Leitsymptom kann eine Vergrößerung der Leber (Hepatomegalie) beobachtet werden (Mysore KR et al. 2019). Es findet sich sehr häufig eine Assoziation mit fazialen Dysmorphien, Augenfehlbildungen, Herzvitien und Skelettfehlbildungen.
Der Allgemeinzustand der Kinder ist dabei zunächst gut. Nicht einmal das Gedeihen ist in den ersten Monaten beeinträchtigt. Erst später setzt ein Gewichtsverlust und eine zunehmende Übererregbarkeit ein. Als Zeichen eines Druckanstiegs in der Pfortader der Leber (Portale Hypertension) kommen schließlich eine Splenomegalie und Aszites hinzu. Die Fettverdauung und damit auch die Aufnahme fettlöslicher Vitamine, insbesondere des Vitamin K gestört (Gefahr der Blutungsneigung).
Diagnose
Klinik; endoskopisch retrograde Cholangiopankreatikographie bzw. ERCP.
Differentialdiagnose
Abzugrenzen ist die Biliäre Atresie zur Progressiven familiären intrahepatischen Cholestase vom Typ 3 (s.u. Byler-Syndrom - Zhang BP et al. 2019).
Therapie
Der prophylaktische Einsatz von Antibiotika zur Verhinderung einer Cholangitis ist umstritten (Decharun K et al. 2016).
Operative Therapie
Kasai-Operation (Hepatoporto-Enterostomie): Ziel des Eingriffs ist es, die Leberpforte so zu präparieren, dass möglichst viele Gallenwege eröffnet werden. Über diese Schnittstelle kann sich die von der Leber gebildete Galle in den Darm entleeren. Um diese "abtropfende" Galle aufzufangen, wird eine Darmschlinge trichterförmig in die Leberpforte eingenäht. Diese Op Technik hat die Ergebnisse bei Kindern mit BA dramatisch verbessert. Letztlich benötigen die meisten Patienten mit BA eine Lebertransplantation (LT), selbst nachdem sie eine erfolgreiche Kasai-Operation durchlaufen haben.
Hinweis(e)
In den Industrieländern stellt die Gallengangatresie die häufigste Ursache für die Indikation Lebertransplantation im Säuglingsalter dar.
Das isolierte Auftreten der Atresie der Gallengänge wird als nicht-syndromale Form bezeichnet.
Literatur
- Decharun K et al. (2016) Prophylactic Antibiotics for Prevention of Cholangitis in Patients With Biliary Atresia Status Post-Kasai Portoenterostomy: A Systematic Review. Clin Pediatr (Phila) 55: 66-72.
- Kasahara M et al. (2017) Liver transplantation for biliary atresia: a systematic review. Pediatr Surg Int 33:1289-1295.
- Lakshminarayanan B et al. (2016) Biliary atresia: A comprehensive review. J Autoimmun 73:1-9.
- Mysore KR et al. (2019) Biliary Atresia as a Disease Starting In Utero: Implications for Treatment, Diagnosis, and Pathogenesis. J Pediatr Gastroenterol Nutr doi: 10.1097/MPG.
- Zhang BP et al. (2019) Biliary atresia combined with progressive familial intrahepatic cholestasis type 3: A case report and review of the literature. Medicine (Baltimore) 98 :e15593.