Howell-Jolly-Körperchen

Autor: Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 14.11.2024

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Synonym(e)

Jolly- Körperchen

Erstbeschreiber

Der Amerikaner William Howell und der Franzose Justin Jolly beschrieben als Erste Ende des späten 19. bzw. Anfang des 20. Jahrhunderts die nach ihnen benannten Howell- Jolly- Körperchen. Aber erst nach Mitte des 20. Jahrhunderts konnten die Mechanismen der Entstehung zur Howell- Jolly- Körperchen verstanden werden und die Körperchen von basophilen Punktierungen unterschieden werden (Fakoya 2024 / Sears 2012).

Definition

Bei den Howell- Jolly- Körperchen handelt es sich um Kernreste in Erythrozyten, sog. Chromatinreste, die typischerweise bei einer Asplenie auftreten (Herold 2020).

Allgemeine Information

Bei Howell- Jolly- Körperchen handelt es sich um Kernfragmente. Sie stellen mittelgroße, zytoplasmatische, runde Einschlüsse in Erythrozyten dar und bestehen aus DNA. Sie zeigen dieselben Färbeeigenschaften wie ein Kern. (Bain 2015).

Normalerweise werden sie von der Milz entfernt und erscheinen nicht im peripheren Blut. Erst bei einer Asplenie oder einer Reifungs- bzw. Dysplasie- Störung sind diese im peripheren Ausstrich sichtbar (Kasper 2015). Lediglich bei Neugeborenen stellen sie durch die funktionelle Unreife der Milz einen Normalbefund dar (Bain 2015).

Sollten Howell- Jolly- Körperchen nach einer Splenektomie nicht zu finden sein, so spricht das für Nebenmilzen (Herold 2020).

Ätiologie

  • Howell- Jolly- Körperchen finden sich in peripheren Blutausstrichen bei Patienten mit mangelhafter Milzfunktion oder Asplenie (Adekbenro 2024). Darüber hinaus können sie außerdem gefunden werden bei:
  • Z. n. Splenektomie
  • Angeborener Asplenie
  • Funktioneller Asplenie mit Sichelzellen- Hämoglobinopathien
  • Sepsis
  • Alkoholismus
  • Lupus und weiteren Autoimmunerkrankungen
  • Nach Transplantation des Knochenmarks
  • Bei Erkrankungen des Knochenmarks wie z. B. myelodysplastischem Syndrom oder malignen Erkrankungen mit Infiltration des Knochenmarks
  • Schwerer postpartaler Blutung
  • Herditärer Sphärozytose
  • unter Chemotherapie
  • Strahlentherapie (Adekbenro 2024)
  • Hämolytische oder megaloblastäre Anämie
  • Funktionsstörungen der Milz (Bain 2015)

 

Erkrankungen, die nur selten mit Howell- Jolly- Körperchen in Verbindung gebracht werden, sind z. B.:

  • Neoplastische Erkrankungen
  • Bestimmte Magen- Darm- Erkrankungen wie z. B. Zöliakie, aber auch bei entzündlichen Darmerkrankungen
  • Hochdosierte Kortikosteroidtherapie
  • Milzgefäßthrombose
  • Postmethyldopa- Behandlung
  • Fortgeschrittene Amyloidose (Adekbenro 2024)

Pathophysiologie

Die Erythropoese wird durch hämatopoetische Stammzellen im Knochenmark eingeleitet und umfasst folgende Reifestadien:

  • Proerythroblast
  • Basophiler Erythroblast
  • Polychromatischer Erythroblast
  • Orthochromatischer Erythroblast, auch als Normoblast bezeichnet
  • Retikulozyt

Der Retikulozyt schließlich verliert seinen Kern und gelangt in den Blutkreislauf. Dort reift er innerhalb von 2 – 3 Tagen zu einem funktionstüchtigen Erythrozyten heran. Defekte Erythrozyten oder Kernreste werden von der Milz durch ein sog. „Pitting“ entfernt. Beim Pitting enthält die rote Pulpa der Milz Makrophagen. Diese entfernen Einschlüsse wie z. B. Howell- Jolly- Körperchen aus den Erythrozyten ohne die Erythrozyten selbst zu zerstören. Das Pitting stellt somit sicher, dass nur reife, defektfreie Erythrozyten im Blutkreislauf verbleiben (Adekbenro 2024).

Histologie

Howell- Jolly- Körperchen finden sich intraerythrozytär gelegen nach z. B. einer Splenektomie (Herold 2020).

Differentialdiagnose

  • Sog. Howell- Jolly- ähnliche Körperchen in Neutrophilen (Rowe 2015)
  • Basophile Tüpfelung (Baum 2015)

Literatur
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  1. Adekbenro O F, Amraei R (2024) Histology, Howell Jolly Bodies. StatPearls Treasure Island Bookshelf ID: NBK557489
  2. Bain  B J, Kreuzer K A (2015) Das Blutbild: Diagnostische Methoden und klinische Interpretation. Walter de Gruyter Verlag Berlin / Boston 136
  3. Baum H (2018) Basophile Tüpfelung. Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik. eMedipedia doi: https://www.springermedizin.de/emedpedia/detail/lexikon-der-medizinischen-laboratoriumsdiagnostik/basophile-tuepfelung?epediaDoi=10.1007%2F978-3-662-49054-9_494
  4. Fakoya A O, Amraei R (2024) Histology, Howell Jolly Bodies. StatPearls Treasure Island. Bookshelf ID: NBK557489
  5. Herold G et al. (2020) Innere Medizin. Herold Verlag 32, 46, 135
  6. Kasper D L, Fauci A S, Hauser S L, Longo D L, Jameson J L, Loscalzo J et al. (2015) Harrison‘s Principles of Internal Medicine. Mc Graw Hill Education 81e- 5
  7. Rowe R G, Esrick E (2015) Howell- Jolly- like bodies in neutrophils. Blood. 125 (17) 2729  doi: 10.1182/blood-2015-02-626796
  8. Sears D A, Udden M M (2012) Howell- Jolly bodies: a brief historiacal review. Am J Med Sci. 343 (5) 407 - 409
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