Hemiblock I44.6

Autor: Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 21.08.2024

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Synonym(e)

Faszikelblock; Schenkelblock; Schenkelblockierung; unifaszikulärer Block

Erstbeschreiber

Rosenbaum et al. beschrieben im Jahre 1968 als Erste die verschiedenen Formen eines Hemiblocks (Schmidt- Voigt 1982).  

Die Möglichkeit zur Aufzeichnung eines Langzeit- EKGs stellte der amerikanische Physiker Norman J Holter erstmals 1961 vor (Apitz 2002).

Der erste Loop- Rekorder war der in den Niederlanden seit 1998 im Handel befindliche „Reveal“ (Pezawas 2004).

Definition

Unter einem Hemiblock versteht man die Blockierung der Reizleitung unterhalb des His- Bündels (Herold 2022) im linken Tawara- Schenkel (Abdulla 2021). Es handelt sich dabei um eine intraventrikuläre Leitungsstörung (Schuster 2005).

Der linke Tawara- Schenkel wird unterteilt in ein vorderes Bündel (der sog. linksanteriore Faszikel) und ein hinteres Bündel (der sog. linksposteriore Faszikel). Besteht eine Blockierung in einem dieser Faszikel, so spricht man von einem (mono-) faszikulären Block. Die linke Leitungsbahn ist in einem solchen Fall somit nicht vollkommen blockiert, wie es z. B. beim kompletten Linksschenkelblock der Fall ist, sondern nur zum Teil und man spricht deshalb von einem Hemiblock (Schuster 2005).

Einteilung

Unterhalb des His- Bündels teilt sich die Erregungsleitung des Herzens in einen rechten Bündelast (RBB = rechter Tawara- Schenkel) und einen komplexen, sich teilenden linken Bündelast (LBB = linker Tawara- Schenkel) auf (Fisher 2018).

Durch die trifaszikuläre Struktur des ventrikulären Reizleitungssystems differenziert man zwischen folgenden Blockierungen:

- unifaszikulärem Block = Hemiblock

- bifaszikulärem Block

- trifaszikulärem Block (Herold 2023)

 

Der Hemiblock betrifft ausschließlich Teile des LBB (Weber 2022) und wird entsprechend der Lokalisation unterteilt in einen:

- linksanterioren Hemiblock (LAH)

- linksposterioren Hemiblock (LPH)

Treten sowohl LAH als auch LPH gemeinsam auf, spricht man von einem kompletten Linksschenkelblock bzw. einem bifaszikulären (Links-) Schenkelblock (Schuster 2005).

Neuere Untersuchungen legen den Verdacht auf einen weiteren zusätzlichen Faszikel des linken Bündelastes nahe. Dieser versorgt das Septum (Fisher 2018).

Vorkommen/Epidemiologie

Der linksanteriore Hemiblock fand sich als Zufallsbefund bei 2 – 5 % der Personen über 40 Jahre (Hombach 2001).

Der LAH ist häufiger als der LPH, da der linksanteriore Faszikel schmaler und kleiner ist (Schuster 2005). Der LAH stellt die häufigste Form der intraventrikulären Blockierungen dar (Herold 2022).

Beim akuten Koronarsyndrom (ACS) tritt ein LAH bei ca. 5 % der Patienten auf, ein LPH bei lediglich 0,5 % (Trappe 2016).

Ätiopathogenese

Zahlreiche Erkrankungen können einen Hemiblock hervorrufen. Dazu zählen u. a.:

- Arterielle Hypertonie

- KHK

- Myokardinfarkt

- Klappendefekte (insbesondere Trikuspidal- und Aortenklappendefekte)

- Ventrikelseptumdefekte

- Kardiomyopathie (Elizari 2021)

- Septum primum- Defekt (Weber 2022)

Klinisches Bild

Der Hemiblock verursacht nur selten klinische Symptome. Es handelt sich i. d. R. um einen Zufallsbefund (Weber 2022).

Diagnostik

Die Diagnose eines Hemiblocks wird gestellt durch ein Ruhe- EKG, Langzeit- EKG, Belastungs- EKG, Echokardiographie (Herold 2022).

Ausgeschlossen werden sollten:

- KHK

- Kardiomyopathie

- Arterielle Hypertonie

- Speichererkrankungen (Weber 2022).

Bildgebung

12- Kanal- EKG

- Linksanteriorer Hemiblock (LAH):

Hierbei findet sich ein überdrehter Linkstyp mit tiefen S- Zacken in den Brustwandableitungen V5 – V6 und nur träge ansteigenden R- Zacken. In den Ableitungen I und aVL zeigt sich eine kleine Q- Zacke (Schuster 2005). Die QRS- Dauer ist jedoch nicht wesentlich verändert, lediglich die QRS- Achse verschoben (Kasper 2015).

Der LAH ist nicht selten mit einem Rechtsschenkelblock (RSB) vergesellschaftet. Es entsteht dadurch ein bilateraler Schenkelblock (auch als „Bailey- Block“ bezeichnet). Diese Patienten neigen in ca. 10 % der Fälle zur Ausbildung eines kompletten Herzblocks, dem sog. trifaszikulären Block (Abdulla 2021).

 

- Linksposteriorer Hemiblock (LPH):

Der Lagetyp ist hierbei ein Rechtstyp oder überdrehter Rechtstyp. Es zeigen sich kleine Q- Zacken in II, III, aVF.  Die R- Zacken in den Brustwandableitungen zeigen lediglich einen trägen Anstieg (Schuster 2005). Auch hierbei ist die QRS- Dauer nicht wesentlich verändert, sondern lediglich die QRS- Achse verschoben (Kasper 2015).

Die Diagnose eines LPH ist bisweilen schwierig zu stellen. Man spricht von einem LPH, wenn sich bei einem zuvor vorhandenen Linkstyp der Lagetyp in einen Rechtstyp oder überdrehten Rechtstyp verändert (Abdulla 2021).

Differentialdiagnose

LPH

Ein LPH ist im EKG insbesondere von einer Rechtsherzbelastung oder einem Rechtstyp auf Grund eines Myokardinfarktes im Bereich der Seitenwand zu differenzieren (Schuster 2005).

Therapie allgemein

Beim Hemiblock wird die den Block auslösende Erkrankung therapiert (Weber 2022). Ein isolierter linksanteriorer Hemiblock bedarf keiner Behandlung (Krehan 2017).

Verlauf/Prognose

Die Prognose ist abhängig von der Grunderkrankung, in den meisten Fällen ist die Prognose gut (Weber 2022).

Hinweis(e)

Patienten mit nachgewiesenem Hemiblock dürfen laut Straßenverkehrsordnung weiterhin ein Fahrzeug steuern (Madea 2012).

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Abdulla W, Vogt S (2021) Praxisbuch Interdisziplinäre Intensivmedizin. Elsevier Urban und Fischer Verlag 389
  2. Apitz J (2002) Pädiatrische Kardiologie: Erkrankungen des Herzens bei Neugeborenen, Säuglingen, Kindern und Heranwachsenden. Steinkopff- Springer Verlag Berlin / Heidelberg 80
  3. Elizari M V (2021) Fascicular Blocks: Update 2019. Curr Cardiol Rev. 17 (1) 31 – 40
  4. Fisher J D (2018) Hemiblocks and the fascicular system: myths and implications. J Interv Card Electrophysiol. 52 (3) 281 - 285
  5. Herold G et al. (2022) Innere Medizin. Herold Verlag 280
  6. Hombach v (2001) Interventionelle Kardiologie, Angiologie und Kardiovaskularchirurgie: Technik – Klinik – Therapie. Schattauer Verlag GmbH Stuttgart / New York 492
  7. Kasper D L, Fauci A S, Hauser S L, Longo D L, Jameson J L, Loscalzo J et al. (2015) Harrison‘s Principles of Internal Medicine. Mc Graw Hill Education 1455
  8. Schmidt- Voigt J (1982) Die ambulante Herzuntersuchung: Kardiologische Basisdiagnostik für die Praxis. Springer Verlag Berlin / Heidelberg / New York 74
  9. Krehan l, Heidt M C (2017) Herzrhythmusstörungen: Kitteltaschenbuch zur Diagnostik und Therapie der rhythmogenen klinischen Notfälle. Lehmanns Media GmbH Köln 164
  10. Madea B, Mußhoff F, Berghaus G (2012) Verkehrsmedizin: Fahreignung, Fahrsicherheit, Unfallrekonstruktion. Deutscher Ärzteverlag GmbH Köln 337
  11. Pezawas T, Schmidinger H (2004) Effektive Synkopenabklärung: Wann soll der implantierbare Loop- Rekorder verwendet werden? J Kardiol Austrian (9) 353 - 358
  12. Schuster H P, Trappe H J (2005) EKG- Kurs für Isabel.  Georg Thieme Verlag Stuttgart / New York 42 – 45
  13. Trappe H J (2016) Bewusstseinsstörung aus kardiologischer Sicht. Dtsch Med Wochenschr. 1361 – 1369
  14. Weber S (2022) Hemiblock. aus: Pschyrembel online

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