Glomerulonephritis, mesangioproliferative

Autor: Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 22.08.2024

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Synonym(e)

Lobuläre Glomerulonephritis; MesP; MesPGN; MESPGN

Erstbeschreiber

Die häufigste Form der mesangioproliferativen Glomerulonephritis, die IgA- Nephritis, wurde erstmals im Jahre 1968 von J. Berger beschrieben (Schweisfurth 2010).

Definition

Bei der mesangioproliferativen Glomerulonephritis (MESPGN [Escher 2022] bzw. MesPGN [Mokhtar 2014]) oder MesP (Axelsen 2014) handelt es sich um eine immunvermittelte Läsion der Nieren (Kasper 2015).

 

Einteilung

Die MESPGN zählt zu den sekundären Glomerulonephritiden und wird laut WHO- Klassifikation in 6 Untergruppen eingeteilt:

- I. minimale bis fehlende glomeruläre Veränderungen

- II. mesangioproliferative Glomerulonephritis

- III. fokale segmentale Glomerulonephritis

- IV. diffuse segmentale oder globale Glomerulonephritis

- V. membranöse Glomerulonephritis

- VI. fortgeschrittene sklerosierende Glomerulonephritis (Renz 2009)

 

Die MESPGN stellt ein häufiges morphologisches Muster dar und umfasst eine ganze Gruppe von Nierenerkrankungen wie z. B. die IgA- Nephropathie, IgM- Nephropathie, Lupusnephritis, C1q- Nephropathie etc. (Mokhtar 2014).

 

Vorkommen

Die Inzidenz der MESPGN liegt in Dänemark bei ca. 10,8 Millionen Erkrankungen pro Jahr und ist damit die am häufigsten diagnostizierte Glomerulonephritis (Axelsen 2014).

Bei Nierenbiopsien wird die MESPGN weltweit in ca. 10 – 25 % aller Nierenbiopsien gefunden. Betroffen sind bei der Studie von Mokhtar (2014) in erster Linie junge Menschen mit einem Durchschnittsalter von 19 Jahren. Eine Geschlechterprävalenz fand sich hierbei nicht. In anderen Studien hingegen befand sich die Mehrzahl der Patienten im mittleren Alter mit männlicher Dominanz (Mokhtar 2014).

Ätiologie

Die MESPGN tritt am häufigsten idiopathisch auf. Ansonsten kann sie als sekundäre Form bei Lebererkrankungen, chronisch- entzündlichen Darmerkrankungen und Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis auftreten (Benzing 2022).

 

Im Rahmen einer IgA- Vaskulitis (Purpura- Schönlein- Henoch) findet man sie klinisch bei 30 % und bioptisch bei bis zu 80 % (Herold 2022).

Sie kann außerdem auftreten bei einem

- Plasmodium falciparum Malaria

- einer postinfektiösen Glomerulonephritis im abklingenden Stadium

- einer Lupus- Nephritis der Klasse II (Kasper 2015).

vermutlich auch durch folgende Viren:

- Parvo

- Mumps

- Lepra

- Malaria durch Plasmodium falciparum, Plasmodium vivax oder Plasmodium ovale (Kasper 2015)

Pathophysiologie

Bei der MESPGN kommt es zu einer Ausdehnung des Mesangiums, bisweilen in Verbindung mit mesangialen Hyperzellularität, dünnen, einfach konturierten Wänden der Kapillaren und mesangialen Immunablagerungen (Kasper 2015).

Klinisches Bild

Der klinische Verlauf ist variabel (Kasper 2015).

Es finden sich eine Mikro- oder Makrohämaturie (Herold 2022), sowie eine Proteinurie (Kasper 2015).

Am häufigsten treten auf:

- nephrotisches Syndrom, definiert als eine Proteinurie von 3,5 g / 24 h (findet sich bei 71 % - 82 %)

- Hämaturie

- kombinierte Proteinurie und Hämaturie (Mokhtar 2014).

Diagnostik

Die Diagnose der MESPGN erfolgt durch die histologische Untersuchung eine Biopsie (Mokhtar 2014).

 

Histologie

Gemeinsame Merkmale der verschiedenen glomerulären Erkrankungen sind Mesangialzell- Proliferation und mesangiale Matrixakkumulation. Es finden sich ein diffuser oder fokaler Anstieg der Anzahl mesangialer Zellen und im glomerulären Mesangium eine Expansion der extrazellulären Matrix mit oder ohne Immunglobulin- oder Komplementablagerung (Mokhtar 2014).

Histologisch sind bei der MESPGN am häufigsten (Mokhtar 2014) mesangiale IgA- Ablagerungen nachweisbar (Herold 2022).

Therapie allgemein

Über die Form der Therapie gibt es bislang wenig Übereinstimmung. Einige klinische Berichte deuten darauf hin, dass folgende Wirkstoffe von Vorteil sind:

- Hemmstoffe des Renin- Angiotensin- Systems

- Steroide

- zytotoxische Wirkstoffe (Kasper 2015)

Angesichts des prognostisch günstigen Verlaufes sollten bei einer MESPGN zunächst alle supportiven Maßnahmen ausgeschöpft werden. Falls sich dadurch die Proteinurie nicht < 0,5 – 1 g / d reduzieren lassen sollte bzw. ein progredienter Verlust an Nierenfunktion nachweisbar ist, empfiehlt sich eine Steroidbehandlung. Immunsuppressiva sind erst als letzte Therapieoption zu sehen, wenn alle supportiven Maßnahmen erfolglos geblieben sind (Benzing 2022). Näheres s. u. „Interne Therapie“.

Interne Therapie

Prednisolon

Sofern die GFR noch > 30 ml / min beträgt, hat sich folgendes Schema einer Steroidtherapie bewährt:

Dosierungsempfehlung: 0,8 – 1 mg / kg KG / d Prednisolon p. o. für 2 Monate. Anschließende Reduktion der Dosis monatlich um 0,2 mg / kg KG / d (Benzing 2022).

oder

eine Kombination mit Methylprednisolon- Pulsen in einer Dosierung von 1 g für 3 Tage im Monat (1, 3, 5) plus Prednison an den restlichen Tagen in einer Dosierung von 0,5 mg / kg KG jeden 2. Tag für einen Zeitraum von 6 Monaten.

Bei einer GFR < 30 min / min sollte keine Kortikosteroidtherapie mehr erfolgen (Benzing 2022).

 

Immunsuppressiva

Immunsuppressiva wie z. B. Azathioprin, Cyclophosphamid, Mycophenolat- Mofetil oder Rituximab werden für kaukasische Patienten nicht empfohlen, außer es liegt ein rapid progressiver Verlauf mit glomerulären Halbmonden vor. Ab einer GFR < 30 ml / min sind Immunsuppressiva nicht mehr angezeigt (Benzing 2022).

Ab einer GFR < 30 min / min sollte keine Therapie mit Immunsuppressiva mehr erfolgen (Benzing 2022).

Prognose

Insgesamt gesehen ist die Prognose einer MESPGN gut (Axelsen 2014).

Bei Patienten mit starker Proteinurie kommt es gelegentlich zu einem Nierenversagen, bei den Patienten mit isolierter Hämaturie ist der Verlauf i. d. R. gutartig (Kasper 2015).

 

Eine durch Plasmodium vivax oder Plasmodium ovale ausgelöste MESPGN zeigt meistens einen gutartigen Verlauf (Kasper 2015).

 

Die 3- Jahres- Nierenüberlebensrate wurde in mehreren Studien mit bis zu 93 % bezeichnet (Mokhtar 2014). Insgesamt ist die Nierenüberlebensrate nach 30 Jahren für Frauen mit 70 % deutlich besser als für Männer mit 40 % (Axelsen 2014).

Hinweis(e)

Falls es einen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Auftreten einer Makrohämaturie und einer Infektion geben sollte, ist eventuell eine Tonsillektomie indiziert. Diese sollte jedoch keineswegs routinemäßig erfolgen (Benzing 2022).

 

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Axelsen M, Pedersen R S, Heaf J G, Ellingsen T (2014) Mesangioproliferative glomerulonephritis: a 30-year prognosis study. Nephron Extra. 4 (1) 26 – 32
  2. Benzing T (2022) Therapie- Handbuch Nephrologie. Elsevier Urban und Fischer Verlag 8
  3. Escher (2022) Mesangioproliferative Glomerulonephritis. Pschyrembel online DOI: https://www.pschyrembel.de/Mesangioproliferative%20Glomerulonephritis/K0RAK
  4. Herold G et al. (2022) Innere Medizin. Herold Verlag 694
  5. Kasper D L, Fauci A S, Hauser S L, Longo D L, Jameson J L, Loscalzo J et al. (2015) Harrison‘s Principles of Internal Medicine. Mc Graw Hill Education 1841, 1849
  6. Mokhtar G A, Jalalah S, Sultana S (2014) Pathological patterns of mesangioproliferative glomerulonephritis seen at a tertiary care center. J Nephropharmacol. 3 (1) 33 – 37
  7. Renz H (2009) Praktische Labordiagnostik. Walter de Gruyter Verlag Berlin 266
  8. Schweisfurth A (2010) Epidemiologie und Prognose der Glomerulonephritis unter evidenzbasierter Therapie in Westmecklenburg. Inauguraldissertation zur Erlangung des akademischen Grades Doktor der Medizin der Medizinischen Fakultät der Universität Rostock.
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