Definition
Als Proteinurie wird die Ausscheidung von > 150mg Eiweiß/24h Tag mit dem Urin definiert oder eine Abweichung vom physiologischen Proteinmuster. Eine Proteinurie ist keine eigenständige Erkrankung, sondern ein klinisches Symptom, ausgelöst durch eine Schädigung der Nieren bzw. des Kapillarsystems. Aus klinischer Sicht muss eine Proteinurie als bedeutsamer Risikofaktor sowohl für eine Niereninsuffizienz als auch für kardiovaskuläre Ereignisse bewertet werden. Daher ist sie hinsichtlich einer auslösenden Grunderkrankung stets abzuklären.
Hinweis. Eine geringe Proteinauscheidung im Urin ist physiologisch.
Einteilung
Je nach Zusammensetzung und Menge der Urinproteine unterscheidet man
- Benigne Proteinurie: Benigne Proteinurien kommen insbesondere bei jungen Menschen nach körperlicher Anstrengung, emotionalem Stress und Unterkühlung vor. Auch rund 20% der Schwangeren haben im Laufe der Schwangerschaft eine passagere Proteinurie. Diese benignen Proteinurien sind physiologisch und grenzen sich von pathologischen Formen durch eine normale Proteinkonzentration im Morgenharn (< 300 mg/l) ab.
- Pathologische Proteinurie: Pathologische Proteinurien werden nach ihrer zugrundeliegenden Störung weiter differenziert:
- Prärenale Proteinurie
- Glomeruläre Proteinurie
- Glomerulär unselektive Proteinurie
- Glomerulär selektive Proteinurie
- Tubuläre Proteinurie
- Postrenale Proteinurie
Verschiedene Formen der Proteinurie:
Funktionelle Proteinurie: Auftreten z.B. bei Stress, körperlicher Belastung, Kälte, Fieber. Meist nur leichte Proteinurie (<1g/24h)
Orthostatische Proteinurie (lageabhängige Proteinurie): Auftreten nur in aufrechter Position
Intermittierende Proteinurie: Idiopathisch transiente Proteinurie (Bei Frauen geringe Proteinurie durch Fluor möglich)
Labor
Um eine Proteinurie festzustellen, wird die Eiweißmenge im Sammelurin bestimmt. Die normale Proteinausscheidung im Urin liegt zwischen 60 und 150 mg innerhalb von 24 Stunden. Eine Ausscheidung von > 150 mg Eiweiß/ Tag wird somit definitionsgemäß als Proteinurie bezeichnet.
- Mikroalbuminurie = Albuminausscheidung von 30–300 mg/24 h oder 20–200 mg/L (Urin). Aufgrund variierender Albuminausscheidungen werden zur Bestätigung 3 Kontrolluntersuchungen im Verlauf von 6–8 Wochen empfohlen
- Makroalbuminurie = Albuminausscheidung >300 mg/24 h oder >200 mg/L (Urin)
Albumin-Kreatinin-Ratio: Als Suchtest kann der Albumin-Kreatinin-Ratio (normal <30mg/g) im Urin bestimmt werden.
Urin-Teststreifen: Ein negatives Testfeld für Proteine auf dem Urin-Teststreifen schließt eine Proteinurie dagegen nicht aus (erfassen nur den Makroalbuminberich > 200mg/l). Weiterhin werden L-Ketten bei monoklonaler Proteinurie nicht erfasst (Bence-Jones-Protein). Bei Harnwegsinfektionen ist die Diagnostik ebenfalls nicht sicher bewertbar.
Elektrophoretische Auftrennung der Urinproteine (Disk-Elektrophorese): Die Molekulargewichtsbezogene Auftrennung der Urinproteine erlaubt eine differenzierte, quantitiave und qualitative Bestimmung der Leitproteine im Urin. Folgende Proteinmuster lassen sich unterscheiden:
- Glomeruläre Proteinurie : Proteinausscheidung aufgrund einer pathologischen Funktion der Glomeruli. Charakteristisch ist das Auftreten von großmolekularen Proteinen
- Selektiv-glomeruläre Proteinurie: Es finden sich nur bestimmte große Proteine im Urin, wie Albumin und Transferrin.Vorkommen bei Erkrankungen mit Selektionsverlust des glomerulären Filters (z.B. Minimal-Change-Glomerulonephritis)
- Unselektiv-glomeruläre Proteinurie: Nachweisbar sind alle Arten von Proteinen im Urin (Marker sind Albumin und IgG). Vorkommen bei Erkrankungen mit schwerer Beschädigung des Glomerulus, sodass eine Durchlässigkeit für alle Blutbestandteile besteht (z.B. Rapid-progressive Glomerulonephritis)
- Tubuläre Proteinurie: Proteinausscheidung aufgrund einer Beeinträchtigung der Nierentubuli: gestörte Rückresorption physiologisch vorkommender kleinmolekularer Proteine (Leitprotein ist das niedermolekulare beta2-Protein, dies wird glomerulär filtriert und tubulär rückresorbiert; bei Störungen der tubulären Rückresorption erscheint es überhöht im Urin auch ohne den gleichzeitigen Nachweis großer Proteine).
- Glomerulär-tubuläre Mischproteinurie: Bei Erkrankungen, die Glomeruli +Nierentubuli betreffen, sind Anzeichen einer tubulären wie auch einer glomerulären Proteinurie nachweisbar.
- Prärenale Proteinurie (Überlaufproteinurie) : Auftreten von Proteinen im Urin, die prärenalen Ursprungs sind. Fallen diese Proteine vermehrt an, so wird die tubuläre Rückresorptionskapazität überschritten. Sie erscheinen im Urin.
- Bence-Jones-Proteinurie (z.B. Leichtketten- bzw. Bence-Jones-Proteine bei Multiplem Myelom).
- Hämoglobinurie (bei Hämolyse)
- Myoglobinurie (bei Rhabdomyolyse)
- Postrenale Proteinurie : Auftreten von Proteinen, die im Tubulussystem (z.B. Tamm-Horsfall-Protein) oder im weiteren Verlauf entstehen bzw. in den Harn gelangen. Diese Situation ergibt sich bei bei Verletzungen oder Entzündungen (Zystitis, Urethritis) der ableitenden Harnwege
Hinweis(e)
Nach den Empfehlungen zur Klassifizierung und Graduierung der Toxizitäten wird eine Proteinurie wie folgt graduiert:
- Grad 0 : keine
- Grad 1 : >3 g/l
- Grad 2 :3,1-10g/l
- Grad 3 :>10g/l
- Grad 4: nephrotisches Syndrom
Verweisende Artikel (9)
Akute tubulointerstitielle Nephritis; Endokarditis, infektiöse; Gestationshypertonie; Glomeruläre Herdnephritis (Löhlein); Glomerulonephritis; Glomerulonephritis, chronische; Glomerulonephritis, mesangioproliferative; HELLP-Syndrom; Präeklampsie;Disclaimer
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