Synonym(e)
Definition
Diltiazem, ein Benzothiazepin-Derivat mit der Summenformel C22H26N2O4S, gehört zur Gruppe der Ca2+-Kanalblocker (Kalziumkanal-Antagonist) und ist ein kationisch amphiphiler Wirkstoff, dessen positiv geladener Stickstoff für die Bindung an das Kanalprotein von essenzieller Bedeutung ist. Diltiazem wird zur Behandlung von Herzerkrankungen angewendet. In den Arzneimitteln liegt es als Diltiazemhydrochlorid vor.
Halbwertzeit
Diltiazem unterliegt einem ausgeprägten first pass Metabolismus, so dass die systemische Verfügbarkeit nur bei etwa 40% liegt. Diltiazem wird nahezu vollständig in der Leber metabolisiert. Bei Vorliegen von Leberfunktionsstörungen ist mit einer verzögerten Metabolisierung zu rechnen. Die Eliminationshalbwertszeit beträgt durchschnittlich 6 Stunden und kann v.a. bei Patienten > 70 Jahren sowie bei Patienten mit Leberfunktionsstörungen verlängert sein.
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Pharmakodynamik (Wirkung)
Als Calciumkanalblocker hemmt die Substanz den Einstrom von Calciumionen durch den spannungsabhängigen L-Typ-Calciumkanal. Dies führt zu einer Abnahme des peripheren Gefäßwiderstandes und zu einer Vasodilatation und zur Blutdrucksenkung. Weiterhin reduziert Diltiazem die Herzfrequenz, die AV-Überleitung und die Kontraktionskraft der Herzmuskulatur. Diltiazem hat antiarrhythmische Effekte. Es wirkt am AV-Knoten negativ dromotrop und am Sinusknoten negativ chronotrop. Diltiazem wird durch CYP3A4 metabolisiert. Insofern kann es bei gleichzeitiger Anwendung mit einem stärkeren CYP3A4-Inhibitor zu einer Erhöhung der Diltiazem-Plasmaspiegel kommen. Diltiazem wird bei lokaler Applikation in relevantem Umfang resorbiert (Limpongsa E et al. 2008).
Indikation
KHK: Diltiazem kommt zum Einsatz bei Patienten mit stabiler Angina pectoris, bei instabiler Angina pectoris und insbesondere bei vasospastischer Angina pectoris (Prinzmetal-Angina).
Antiarrhythmikum: Diltiazem kann vorbeugend zur Behandlung von paroxysmalen supraventrikulären Tachykardien eingesetzt werden. Weiterhin bei Vorhofflimmern und Vorhofflattern bei Patienten ohne WPW-Syndrom (zur Verlangsamung des Pulsfrequenz).
Hypertonus: Bei der Behandlung eines Hypertonus wird Diltiazem zur Senkung des Blutdrucks verwendet.
Analfissuren: Hierbei wird Diltiazem lokal, in Salben- oder Cremeform angewandt.
Ösophagusspasmen: Auch in der Therapie von diffusen Ösophagusspasmen kommt Diltiazem zum Einsatz. Hier führt es zu einer Relaxation der glatten Ösophagusmuskulatur.
Calcinosis cutis: Seltene Indikationen sind die Calcinosis cutis (Jiménez-Gallo D et al. 2015) sowie die Erythromelagie (Ljubojević S et al. 2004).
Schwangerschaft/Stillzeit
Während der Schwangerschaft und Stillzeit darf Diltiazem nicht eingenommen werden.
Unerwünschte Wirkungen
Sehr häufig (≥1/10): periphere Ödeme
Häufig (≥ 1/100 - < 1/10) sind: Kopfschmerzen, Schwindel, Müdigkeit, Schwächegefühl
AV-Block, Knöchel- bzw. Beinödeme, Flush
Magen-Darm: Obstipation, Dyspepsie, Magenschmerzen, Übelkeit
Allergische Hautreaktionen mit Juckreiz und Flush-artigen Erythemen. Beschrieben sind auch schwere Hautreaktionen wie das „Drug hypersensitivity syndrome“ s.u. DRESS (Kumari R et al. 2011)
Allgemein: Schlaflosigkeit, Halluzinationen, depressive Verstimmungen sowie Potenzstörungen. Bei Diabetikern können Hyperglykämien auftreten.
Labor: Leberenzyme Gamma-GT und LDH↑
Wechselwirkungen
Diltiazem wird durch CYP3A4 metabolisiert. In Fällen einer gemeinsamen Anwendung mit einem stärkeren CYP3A4-Inhibitor kann es zu einer Erhöhung der Diltiazem-Plasmaspiegel kommen sowie von Nebenwirkungen wie Rhabdomyolyse, Myositis oder Hepatitis.
Glukokortikoide (Methylprednisolon): Hemmung des Methylprednisolon-Metabolismus (CYP3A4) und Hemmung von P-Glykoprotein
Lithium: Risiko einer verstärkten Lithiumtoxizität
Nitratderivate: Verstärkte blutdrucksenkende Wirkung und Schwächegefühl
Alpha-Antagonisten: Hypotonie
Amiodaron und Digoxin: erhöhtes Bradykardie-Risiko
Beta-Rezeptorenblocker, Antiarrhythmika oder Herzglykoside: Wirkungsverstärkung möglich
Kontraindikation
Diltiazem soll nicht angewendet werden bei:
- Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
- AV-Block II. oder III. Grades
- SA-Block II. und III. Grades
- Sinusknotensyndrom, außer bei Patienten mit Herzschrittmacher
- Akuter Herzinfarkt mit Komplikationen (Bradykardie, ausgeprägte Hypotonie, Linksherzinsuffizienz)
- Manifeste Herzinsuffizienz
- Schwere Bradykardie (Ruhepuls unter 40 Schlägen pro Minute)
- Gleichzeitige intravenöse Gabe von Dantrolen
- Gleichzeitige intravenöse Gabe von Betarezeptorenblockern
- Kombination mit Ivabradin
- Linksherzinsuffizienz mit Lungenstauung
Hinweis(e)
Bei der Bewertung von Nebenwirkungen werden folgende Häufigkeitsangaben zugrunde gelegt:
- Sehr häufig: mehr als 1 Behandelter von 10
- Häufig: 1 bis 10 Behandelte von 100
- Gelegentlich: 1 bis 10 Behandelte von 1.000
- Selten: 1 bis 10 Behandelte von 10.000
- Sehr selten: weniger als 1 Behandelter von 10.000
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
- Jiménez-Gallo D et al. (2015) Calcinosis Cutis and Calciphylaxis. Actas Dermosifiliogr 106:785‐794.
- Kumari R et al. (2011) Drug hypersensitivity syndrome. Indian J Dermatol Venereol Leprol 77:7-15.
- Limpongsa E et al. (2008) Preparation and evaluation of diltiazem hydrochloride diffusion-controlled transdermal delivery system. AAPS PharmSciTech 9:464-470.
- Ljubojević S et al. (2004) Erythromelalgia. Acta Dermatovenerol Croat 12:99‐105.