Synonym(e)
Definition
Für Ca2+-Ionen selektiver, transmembranärer Ionenkanal, der auf das Membranpotenzial der Zelle reagiert (siehe auch unter spannungsabhängiger Ionenkanal).
Spannungsabhängige Kalziumkanäle nehmen eine zentrale Rolle für die Regulation der intrazellulären Ca2+-Konzentration ein und tragen somit zur Signalverarbeitung in zahlreichen Zellen bei. Die Öffnung der Calciumkanäle wird primär durch das Membranpotential der Zelle bestimmt, wird aber auch durch Hormone, Proteinkinasen, Phosphatasen, Toxine und Medikamente beeinflusst.
Wird die Zelle depolarisiert, so öffnen sich die spannungsabhängigen Ca2+-Kanäle. Ca2+-Ionen strömen durch die geöffneten Zellmembranporen in das Zellinnere. Spannungsabhängige Ca2+-Kanäle werden in elektrisch erregbaren Zellen exprimiert (Muskelzellen, Neurone, endokrine Zellen). Sie sind beteiligt an Muskelkontraktionen, an Genexpression, an Neurotransmitter- und Hormonfreisetzung, an Enzymaktivitäten und Schmerzentstehung (v. a. N-Typ Kalziumkanäle).
Einteilung
Grundsätzlich lassen sich die Ca+-Kanäle unterteilen in:
- HVA-Kanäle (HVA für high voltage activated): durch hohe Spannung aktivierte Calciumkanäle
- LVA-Kanäle (LVA für low voltage activated): Calciumkanäle mit deutlich niedrigerem Aktionspotenzial (Schwellenpotenzial negativer als -50mV) die in Skelett- und Herzmuskelzellen sowie in Neuronen des ZNS exprimiert werden. Sie erzeugen einen langanhaltenden Strom, da ihre Inaktivierung langsam erfolgt.
Eine frühere Klassifikation unterschied 5 Kanaltypen (T-,L-,N-, P/Q- und R-Kanäle). Die Bezeichnung T,L und N war mit „transient, long lasting und neither T-nor T“ namensgebend. Die weiteren Bezeichnungen folgen dem Alphabet.
- T-Typ-Kanäle (T=transient) werden in Sinusknoten, Thalamus, peripherem Nervensystem, endokrinen Zellen und glatten Muskelzellen exprimiert. T-Typ-Kanäle gehören zu den LVA-Kanälen)
- L-Typ-Kanäle (L=long lasting); dieser Kanaltyp sorgt für einen lang anhaltenden kaum inaktvierenden Einwärtsstrom.
- N-Typ-Kanäle in ZNS (N=neither T nor L) v. a. nozizeptiven Nervenendigungen), Herz und endokrinen Zellen nachweisbar
- P/Q-Typ-Kanäle nachweisbar im ZNS v. a. den Purkinje-Zellen des Kleinhirns sowie in Herz und endokrinen Zellen
- R-Typ-Kanäle nachweisbar in ZNS, Herz und endokrinen Zellen
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Allgemeine Information
Spannungsabhängige Calciumkanäle bestehen aus vier porenbildenden α1 Proteinkomplexen sowie aus bis zu 5 Untereinheiten, den β, α2δ und γ Hilfsuntereinheiten (Hofmann et al., 1999). Die 4 α1 Untereinheiten bilden den eigentlichen Ca2+-aktiven Kanal. In der Porenstuktur unterscheiden sich die einzelnen Kanaltypen.
Die wichtigste Funktionseinheit ist die porenbildende α1 Untereinheit. Die übrigen Untereinheiten besitzen modulatorische Funktionen und werden als β, α2δ und γ Hilfsuntereinheiten bezeichnet. Aufgrund elektrophysiologischer Messungen lassen sich L-, N-, P-, Q-, R- und T-Typ Kanäle unterscheiden. Diese Vielfalt spiegelt sich auch anhand der Zahl der Kalziumkanalgene wieder. Zur Aufklärung der zahlreichen physiologischen Funktionen an denen Kalziumkanäle beteiligt sind.
Analog zu den verschiedenen Funktionszuständen bei den Na+-Kanälen unterscheidet man auch bei den Ca+Kanälen zwischen 3 Aktivitätszuständen:
- Ruhezustand
- aktivierter Zustand
- inaktivierter Zustand.
Bekannt sind 10 Gene die für α1 Untereinheiten kodieren, 4 für β, 4 für α2δ und 8 für γ.
Klinisches Bild
Spannungs-abhängige L-Ca2+-Kanäle sind Angriffspunkte für L-Kalziumkanal-Blocker (Nifedipin-Typ, Verapamil-Typ, Diltiazem-Typ) zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen, KHK und Hypertonie.
LVA-Kanäle werden durch einige Antikonvulsiva vom Typ des Ethosuximid blockiert.
Andere Antiepileptika blockieren die HVA-Kanäle (Gabapentin und Pregabalin. Sie verhindern den Einstrom von Ca2+ in Neurone des ZNS und damit die exozytotische Transmitterfreisetzung.
Der N-Typ-Kalziumkanäle kann durch Conotoxine (neurotoxische marine Toxine von Kegelschnecken) blockiert werden. Conotoxine sind Ausgangssubstanzen für eine Gruppe von analgetisch wirksamen Pharmaka (z.B. das Peptid Ziconotid).
Mutationen: Anlagebedingte Störungen der Calciumkanäle scheinen verantwortlich zu sein für:
- die hypokaliämische periodische Lähmung
- die maligne Hyperthermie
- die Central-Core-Myopathie
- die angeborene Taubheit (KCNQ4) sowie
- bestimmte Formen der Nachtblindheit.
Auch bei der Schizophrenie wird eine Funktionsstörung von KCNN3, einem Calcium-abhängigen Kaliumkanal vermutet.
Hinweis(e)
Die „Long-lasting –Kalziumkanäle“ werden im menschlichen Organismus in der glatten Muskulatur (z.B. in den Gefäßwänden), im kardiovaskulären System und auch in Neuronen exprimiert.
In glatter Muskulatur und in Herzmuskulatur sind die „Long-lasting –Calciumkanäle“ essenziell. Sie ermöglichen bei der Depolarisation der Zellmembran einen langsamen Calciumeinstrom in die Zelle und sind essentiell für die elektromechanische Kopplung. Selektive Calciumantagonisten, auch als L-Kanalblocker bezeichnet, sind wichtige Therapeutika bei kardiovaskulären Erkrankungen.
In der quergestreiften Muskelzelle befindet sich die L-Typ-Calciumkanäle in der Zellmembran des transversalen Systems (T-Tubuli). In den Herzmuskelzellen liegen sie an der Oberflächenmembran. Daher sind sie am Herzen Bindungsstelle für Arzneimittel aus der Gruppe der Dihydropyridine, die diese Kanäle blockieren und eine antihypertensive Wirkung entfalten.
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
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