Antiandrogene

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 21.08.2024

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Synonym(e)

Hormonantagonisten; Substanzen mit antiandrogener Wirkung (Prostatahyperplasie/Prostatakarzinom)

Definition

Antiandrogene sind Arzneistoffe, die die Wirkung der männlichen Sexualhormone (Androgene) hemmen. Bei der Behandlung des hormonabhängigen Prostatakarzinoms bzw. bei der benignen Prostathyperplasie werden eine Anzahl antiandrogen wirksamer Substanzen eingesetzt. So blockieren Pharmaka wie Cyproteronacetat und Flutamid Androgenrezeptoren und heben so die Wirkung von Androgenen auf das Prostatagewebe auf.  Androgenbiosynthesehemmer wie Abirateron hemmen selektiv CYP17, das Schlüsselenzym der testikulären und extratestikulären Androgeproduktion. Gonadorelin-Agonisten und -Antagonisten unterdrücken über einen Eingriff in den hormonellen rEgelkreis die Testosterosynthese. 

Mögliche Nebenwirkungen der Antiandrogene sind dabei männliches Brustwachstum (Gynäkomastie), Libido- und Potenzverlust.

Einteilung

Einteilung der (onkologisch eingesetzten)Pharmaka mit antiandrogener Wirkung

5alpha-Reduktase-Hemmstoffe: Bei den 5alpha-Reduktase-Hemmstoffen handelt es sich um steroidartige Pharmaka, die das Enzym 5alpha-Reduktase kompetitiv hemmen, ohne selbst dabei enzymatisch umgesetzt zu werden. Finasterid hemmt die 5alpha-Reduktase vom Typ II, die v.a. in der Prostata, anderen urogenitalen Geweben und der genitalen Haut exprimiert werden. Dutasterid hemmt neben der 5alpha-Reduktase vom Typ II auch die 5alpha-Reduktase vom Typ I. Diese Isoform des Enzyms findet sich vor allem in der Haut, den Haarfollikeln und in der Leber. Die Hemmung der 5alpha-Reduktase reduziert die Konzentration von Dihydrotestosteron (DHT) im Plasma massiv. Beide Pharmaka werden oral angewendet und sind zur Behandlung der benignen Prostatahyperplasie zugelassen. Wirkstoffe:

Antiandrogen wirksame Substanzen mit der Indikation Prostatakarzinom

Hemmstoffe der Androgenbiosynthese (Hemmung der 17-alpha-Steroid-Hydroxylase): Hemmstoffe der Androgenbiosynthese wie der Wirkstoff Abiateronacetat werden präsystemisch durch Esterasen in den steroidalen Wirkstoff Abiateron überführt. Abiateron hemmt die  17-alpha-Steroid-Hydroxylase und unterdrückt so die Bildung von Androstendion und Dehydroepiandrosteron (DHEA). Dadurch wird die Biosynthese des Testosterons und des Kortisols unterdrückt. Abirateronacetat wird zur Behandlung des metastasierten Prostatakarzinoms eingesetzt. Wirkstoffe:

Androgenrezeptor-Antagonisten: Androgenrezeptor-Antagonisten blockieren die Androgenrezeptoren. Bei den Androgenrezeptor-Antagonisten wird zwischen:

  • steroidalen Androgenrezeptor-Antagonisten (wie die Androgene selbst)
  • und
  • nicht-steroidalen Androgenrezeptor-Antagonisten

unterschieden.

Die steroidalen Androgenrezeptor-Antagonisten sind von Progesteron abgeleitet und sind weniger selektiv als die neueren nicht-steroidalen Wirkstoffe. Cyproteronacetat (CPA), ist der typischer Vertreter dieser Gruppe. Cyproteronacetat ist ein Antiandrogen, bei dem es sich chemisch um ein Progesteron-Derivat handelt. Der Wirkstoff fungiert als kompetitiver Antagonist am Androgenrezeptor. Indikationen sind: Hirsutismus, schwere Acne vulgaris, Triebdämpfung bei sexuellen Deviationen und Palliativbehandlung des Prostatakarzinoms. 

Die nicht-steroidalen Androgenrezeptor-Antagonisten weisen mit Ausnahme von Darolutamid gemeinsame Strukturelemente auf. Die Vertreter der Familie der nicht-steroidalen Androgenrezeptor-Antagonisten sind potente Antagonisten am Androgenrezeptor. Die Androgenrezeptor-Antagonisten der 2. Generation (Enzalutamid und Apalutamid) besitzen die höchste Affinität zum Androgen-Rezeptor. Androgenrezeptor-Antagonisten führen zur Steigerung der Gonadotropin-Freisetzung und müssen insofern zusammen mit GnrH-Analoga eingesetzt werden. Verschiedene relevante Studienergebnisse stützen den Stellenwert des Androgenrezeptor-Signalweges im Rahmen der Behandlung des Prostatakarzinoms. Die nicht-steroidalen Antiandrogene lassen sich unterteilen in: 

Gonadorelinrezeptor-Agonisten (GnrH-Agonisten, GnrH-oder LHRH-Analoga = veralteter Begriff): Gonadorelinrezeptor-Agonisten sind synthetische Analoga des Neurohormons Gonadotropin-Releasing-Hormon (GnRH), die als Arzneistoffe zur künstlichen Absenkung des Testosteron- oder Östrogen-Spiegels im Blut eingesetzt werden. Die Substanzen werden überwiegend bei operativ nicht mehr behandelbare Formen des Prostatakrebses, des Mammakarzinoms (Brustkrebses) und der Endometriose eingesetzt. Ferner finden sie Anwendung bei der idiopathischen Pubertas praecox, bei der sie als sogenannte Super-Agonisten die Ausschüttung von Gonadotropinen vermindern. Bei der In-vitro-Fertilisation werden sie zur Festlegung des Ovulationszeitpunktes eingesetzt. Auch in der veterinärmedizinischen Reproduktionsmedizin finden Gonadorelinrezeptor-Agonisten Anwendungen. Wirkstoffe:

  • Busrelin
  • Leuprorelin
  • Triptorelin

Gonadorelinrezeptor-Antagonisten (GnRH-Blocker): Gonadorelinrezeptor-Antagonisten blockieren die GnRH-Rezeptoren. Mit den neuen GnRH-Antagonisten, auch GnRH-Blocker genannt, stehen alternative Therapieoption zu den GnrH-Agonisten zu Verfügung. GnRH-Blocker blockieren die GnRH-Rezeptoren kompetitiv in der Hypophyse, die das LH sowie FSH ausschütten. Da die Blocker die Rezeptoren im Gegensatz zu den Agonisten blockieren und sie nicht initial stimulieren, tritt die Wirkung der GnRH-Blocker sofort ein. Die Gonadotropinausschüttung wird dadurch sofort direkt blockiert und der Testosteronspiegel im Serum sinkt innerhalb weniger Tage nach Therapiebeginn deutlich und anhaltend ohne initialen Testosteronschub ab – ähnlich, wie dies von der Orchiektomie bekannt ist. Wirkstoffe:

  • Abarelix
  • Degarelix

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Chi KN et al. (2019)  Apalutamide for Metastatic, Castration-Sensitive Prostate Cancer. N Engl J Med 381: 13–24
  2. Davies ID et al.(2019) Enzalutamide with Standard First-Line Therapy in Metastatic Prostate Cancer. N Engl J Med 381: 121–131
  3. Moul JW et al. (2015) Hormone naïve prostate cancer: predicting and maximizing response intervals. Asian J Androl17: 9290–9235
  4. James ND et al. (2017) Abiraterone for Prostate Cancer Not Previously Treated with Hormone Therapy. N Engl J Med 377: 338–351
  5. Scher HI et al.(2015)  Prevalence of Prostate Cancer Clinical States and Mortality in the United States: Estimates Using a Dynamic Progression Model. PLoS One 10: d0139440

 

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