Synonym(e)
Erstbeschreiber
Beschrieben wurde die Erkrankung 1848 von Danielssen und Boeck in Norwegen erstmals bei Patienten mit Lepra. Hebra bezeichnete 1852 die Krankheit deshalb auch als Scabies norwegica. In Norwegen wird von der "schwedischen Skabies" gesrpcoehn. Der korrekte Name ist Scabies crustosa (Borkenkrätze).
Definition
In den Industrieländern seltene, exzessive Variante der Skabies mit explosiver Vermehrung der Scabiesmilben, starker Ekzematisation bis hin zu pseudoichthyotischen Hautveränderungen. Es besteht durch die große Erregerdichte eine hohe Infektiosität.
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Ätiopathogenese
Diese hochansteckende Form betrifft insbesondere immunsupprimierte oder ältere Personen in Pflegeheimen sowie Menschen mit eingeschränkter Kratzfähigkeit (z.B. bei Demenz, Paresen, Paraplegien). Dabei vermehren sich die Milben scheinbar ungehemmt bis zu mehreren Millionen.
Manifestation
Indikatorerkrankung bei Immunsuppression, z.B. bei Diabetes mellitus, nach Organtransplantation, Leukämie, AIDS, Kachexie, nach langfristiger Glukokortikoid- oder Zytostatikatherapie. Fälle von Scabies crustosa werden auch bei Patienten nachgewiesen, denen jahrelang eine adäquate Therapie vorenthalten wird.
Lokalisation
Meist symmetrisches Befallsmuster. V.a. sind Hände, Ellbogen, Knie, Sprunggelenke, Gesicht und Kapillitium befallen.
Klinisches Bild
Rot-braune flächenhafte, unscharf begrenzte, fein-bis mittellamelläre schuppende keratotische Plaques; Ausbildung von verrukösen Borken (Krustenskabies, Borkenkrätze). Eine erythrodermische Ausbreitung ist möglich. Es besteht kaum Juckreiz (häufig auch wegen einer zugrundeliegenden Polyneuropathie bei Diabetes mellitus und einer fehlenden Immunreaktion). Ausgedehnte subunguale Hyperkeratosen mit krallenartige Abhebung der distalen Nagelplatte Onychogrypose). Milbengänge besonders an Palmae und Plantae. Ansonsten sind massenhaft Scabiesmilben in Schuppen der Patienten nachweisbar.
Histologie
Differentialdiagnose
Exazerbiertes atopisches Ekzem
Seborrhoisches Ekzem
Exanthematische Psoriasis
Generalisierte Arzneireaktion
Generalisiertes Kontaktekzem
Kutanes T-Zell-Lymphom
Zahlreiche Grunderkrankungen mit immunsuppressiven Auswirkungen sind bekannt
Therapie allgemein
Der Patient ist hoch ansteckend! Milben sind in sehr hoher Zahl auch auf der Haut in Schuppen nachweisbar! Berührung nur mit Handschuhen!
Es empfiehlt sich dringend die Ermittlung und Behandlung der Kontaktpersonen, eine stationäre Aufnahme, die Isolierung des Patienten, Schutzmaßnahmen seitens des Pflegepersonals, täglicher Wechsel der Leib- und Bettwäsche, tägliche desinfizierende Reinigung des Zimmers und der Gebrauchsgegenstände.
Externe Therapie
Zur Therapie der Scabies norwegica liegen keine große Studien vor. Zunächst mehrtägige keratolytische Vorbehandlung mit 5-10% Salicylsäure-Salbe (z.B. Salicylvaseline Lichtenstein, R228 ). Zur antiskabiösen Therapie wird mehrheitlich Permethrin empfohlen, weil es in der Handhabung einfach und gut verträglich ist (hinsichtlich der praktischen Handhabung s.u. Skabies). Die Behandlung mit Permethrin sollte täglich zwei Wochen lang durchgeführt werden, sollte aber mindestens einmal nach 1 Woche wiederholt werden.
Eine erneute Gabe von Ivermectin (z.B. an Tag 1, 2, 8, ggf. noch Tag 9, 15, 22 und 20) und/oder Permethrin sollte erfolgen, wenn nach der zweiten Therapie noch Zeichen einer aktiven Infestation bestehen (mikroskopischer oder dermatoskopischer Nachweis aktiver Skabiesmilben).
Interne Therapie
Der Einsatz von Ivermectin (Driponin® 3 mg Tabletten; Scabioral®, 0,2mg/kg Körpergewicht) p.o. als Einmaldosis, synchron zur externen Therapie, ist empfehlenswert. Wiederholung der Therapie nach 7 bis 15 Tagen.
Verlauf/Prognose
Hinweis(e)
Es empfihelt sich die Information der Angehörigen und Kontaktpersonen mit Veranlassung einer hautärztlichen Untersuchung aller exponierten Personen: Kontaktpersonen, die sich anstecken, entwickeln eine herkömmliche Skabies; bei Weiterverbreitung in Heimen oder Krankenhäusern können jedoch auch immungeschwächte Personen infiziert werden und dann ebenfalls eine Scabies crustosa entwickeln.
Vor Ivermectin-Gabe ist die schriftliche Aufklärung und Zustimmung des Patienten empfehlenswert!
Eine krankheits- oder erregerspezifische Meldepflicht besteht nach Infektionsschutzgesetz nicht, allerdings gibt es eine unverzügliche Benachrichtigungspflicht für Verdachtsfälle und Erkrankungen in Gemeinschaftseinrichtungen durch die jeweilige Leitung an das Gesundheitsamt!
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
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Verweisende Artikel (4)
Borkenkrätze; Norwegische Skabies; Salicylsäure-Salbe 1/2/3/5/10 oder 20% (NRF 11.43.); Serpigo;Weiterführende Artikel (11)
Hyperkeratosen; Infektionsschutzgesetz; Ivermectin; Nagel; Onychogrypose; Permethrin; Pruritus; Salicylsäure; Salicylsäure-Salbe 1/2/3/5/10 oder 20% (NRF 11.43.); Skabies (Übersicht); ... Alle anzeigenDisclaimer
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