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Lichen planus verrucosusL43.81
Synonym(e)
Erstbeschreiber
Als Lichen planus obtusus durch PG Unna.
Definition
Äußerst therapieresistente, eminent chronische und (punktuell) stark juckende, meist symmetrisch lokalisierte, warzenartige, hyperkeratotische, meist großflächige (mehrere Zentimeter lange) "Variante" des klassischen Lichen planus (ruber), die insbesondere im Bereich der unteren Extremitäten auftritt; seltener am Handrücken. Die klinische Zuordnung zum Lichen planus durch den Nachweis typisch lokalisierter, "klassicher" Lichen planus Herde.
Eine verruköse Transformation kann auch sekundär bei jahrelangem Bestand eines klassischen Lichen ruber eintreten.
Ätiopathogenese
S.u. Lichen planus. Die verruköse Komponente ist in vielen Fällen Ausdruck einer besonderen Reaktionsform aufgrund eines orthostatischen Faktors.
Lokalisation
Klinisches Bild
Lokalisierte oder disseminierte, seltener in linearer (blaschkoider) Anordnung, 0,2-3,0 cm messende, teilweise auch bis zu 10 cm große, derbe, grau-weißliche, auch rote oder rot-braune, manchmal auch tief-braune, scharf begrenzte, warzenartige Papeln, Plaques oder Knoten, die zu großflächigen Arealen konfluieren können. Die Areale sind stets scharf begrenzt und unterscheiden sich dadurch von einer chronischen Dermatitis (z.B. bei der Staungssdermatitis).
Führendes klinisches Symptom ist ein sehr unangenehmer, permanenter Juckreiz, der als stechend oder bohrend beschrieben wird. Das ständige reaktive Zerkratzen der Läsionen dürfte ein triggender Faktor für für die verruköse Komponete des Lichen ruber verrucosus sein. Diesen Mechanismus bezeichnet man als sogenannten Juckreiz-Kratz-Zyklus (itch-scratch-cycle). Teilweise sind vernarbende Areale in den Plaques erkennbar.
Nicht ganz selten können triggernde Faktoren für die verruköse Transformation des Lichen planus verantwortlich gemacht werden. So kann eine chronische venöse Insuffizienz, ebenso wie ständiges Kratzen als unterhaltender Triggerfaktor für den Lichen planus verrucosus des Unterschenkels in Betracht kommen.
Komplikativ wenn auch selten kann es zu läsionalen Ulzera kommen (Erklärung: keratinolytische, blasenbildende Komponente unter den verrukösen Plaques, die eine subepitheliale Blasenbildung zunächst überdeckt).
Histologie
Bild des Lichen planus mit auffälliger kompakter Orthohyperkeratose, bei massiver irregulärer Epidermishyperplasie. Das Infiltrat ist unterschiedlich dicht ausgeprägt, tendenziell eher schütter mit Fokussierung auf die Spitzen der Reteleisten. Im Gegensatz zum nicht verrukösen Lichen planus kann die verruköse Variante eine relevante Anzahl von eosinophilen Granulozyten aufweisen. Selten auch Plasmazellen.
Differentialdiagnose
Lichen simplex chronicus: gfls. histologische Aklärung
Lichen amyloidosus: hautfarbene bis braune, meist gruppiert stehende, warzig-raue, oder auch lichenoid glänzende, 0,2-0,4 cm große, stellenweise exkoriierte, Knötchen und PLaques mit Neigung zur Konfluenz. Histologische Abklärung mit Nachweis von Amyloid in der Haut.
Ekzem, lichenifiziertes: meist unscharf begrenzte, lichenifizierte, exkoriierte auch nässende Plaques. Häufig bei CVI.
Plattenepithelkarzinom (s. Abbn.): diese DD ist ggfls.histologische abzuklären
Keratosis lichenoides chronica: Histologisch analoges Bild. Gfls. Beflall des Gesichts mit roten Plaques, die an eine seborrhoische Dermatitis erinnern.
Chronische Prurigo: typisch für den Lichen ruber verrucosum sind konfluierende Plaques oder Knoten. Dies wird bei der chronischen Prurigo nicht beobachtet.
Verrucae vulgares: meist einzelstehende Papeln oder Knoten. Bei bestehender Immudefizienz können generalisierte Warzenbildungen auftreten (Verrucosis generalisata).
Komplikation(en)
Komplikativ muss beim verrkuösen oder hypertrophischen Lichen planus das intraläsionale Auftreten von Plattenepithelkarzinomen beachtet werden. In einer größeren Studie mit 38 Patienten traten Karzinome bei 16 Frauen (Durchschnittsalter: 61,4 Jahre) und bei 22 Männern (Durchschnittsalter: 51,3 Jahre) nach einer Zeitspanne von 88 Tagen bis 40 Jahren auf. Plattenepithelkarzinome traten einheitlich an den unteren Extremitäten auf (Knackstedt TJ et al. 2015).
Externe Therapie
Potente Glukokortikoide (z.B. Klasse IV-Glucocorticoide) unter Okklusion (2mal/Tag 2-4 Std.).
Alternativ: Vit D3 - Analoga unter Okklusion.
Ergänzend: Unterspritzen der Herde mit Glukokortikoiden wie Triamcinolon-Kristallsuspension 10-40 mg (z.B. Volon A): Suspension mit 2-4 ml 1% Scandicain in einer Spritze aufziehen und intrafokal applizieren.
Ergänzend: Konsequentes Tragen von Kompressionsverbände bei Vorliegen einer chronischen venösen Insuffizienz.
Bestrahlungstherapie
PUVA-Bad-Therapie kann versucht werden.
Interne Therapie
Bei schwerer Ausprägung ggf. Systemtherapie, entsprechend dem Lichen planus.
Als erfolgreiche Option wird Acitretin beschrieben (Alamri A et al. 2016).
Verlauf/Prognose
Eminent chronischer Verlauf. Die durchschnittliche Erkrankungsdauer liegt bei 6 Jahren. Komplikativ können sich nach jahrelanger Bestandsdauer intraläsional Keratoakanthome oder Plattenepithelkarzinome entwicklen (Campanati A et al. 2003). Insofern sind regelmäßige klinische Kontrollen notwendig.
Literatur
- Alamri A et al. (2016) Hypertrophic lichen planus - successful treatment with acitretin. Dermatol Ther 29:173-176.
- Alomari A et al. (2014) The significance of eosinophils in hypertrophic lichen planus. J Cutan Pathol 41:347-352
- Audhya M et al. (2014) Verrucous lichen planus: a rare presentation of a common condition. Dermatol Reports 3:5113
- Campanati A et al. (2003) A case of hypertrophic lichen ruber planus of the leg complicated by a squamous cell carcinoma. Int J Dermatol 42: 415-416
- Castano E et al. (1997) Verrucous carcinoma in association with hypertrophic lichen planus. Clin Exp Dermatol 22: 23-25
- De Paola M et al. (2014) Unilateral hypertrophic lichen planus successfully treated with topical calcipotriol. G Ital Dermatol Venereol 149: 274-276
- Dossi Cataldo MT et al. (2015) Pigmentosus hypertrophic lichen planus with blaschkoian distribution, 3 clinical subtypes in a single patient. Med Clin (Barc) doi:10.1016
- Giesecke LM et al. (2003) Giant keratoacanthoma arising in hypertrophic lichen planus. Australas J Dermatol 44: 267-269
- Ghosh S et al. (2014) Squamous cell carcinoma developing in a cutaneous lichen planus lesion: a rare case.Case Rep Dermatol Med doi: 10.1155/2014/205638.
- Knackstedt TJ et al. (2015) Squamous Cell Carcinoma Arising in Hypertrophic Lichen Planus: A Review and Analysis of 38 Cases 41:1411-1418.
- Musumeci ML et al. (2014) Multiple reactive keratoacanthomas in a patient with hypertrophic lichen planus treated with cyclosporine: successful treatment with acitretin. Indian J Dermatol Venereol Leprol 80: 374-376