Lentigo maligna D03.-

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Synonym(e)

Hutchinson's melanotic freckle; Hutchinson\'s melanotic freckle; in situ Melanom; Melanoma in situ; Melanose prämaligne; Melanosis circumscripta Dubreuilh; Melanosis circumscripta praeblastomatosa; Melanosis circumscripta praecancerosa (Dubreuilh); Melanotische Präkanzerose; Präkanzerose melanotische; Prämaligne Melanose

Erstbeschreiber

Hutchinson, 1892

Definition

In aktinisch geschädigter Haut entstehendes, langsam lediglich horizontal wachsendes (nicht invasives) Melanom (in situ Melanom). Dieses Melanom ist eine Läsion des Alters und findet fast ausschließlich in sonnenexponierten Arealen statt (Gesicht, Handrücken, Streckseiten der Unterarme). Der Übergang in ein invasiv wachsenden Lentigo-maligna-Melanoms manifestiert sich durch eine tastbare Erhabenheit. Histologische Abklärung durch Stufenschnitte und Sicherung des präzisen Tumorstadiums (pTis = Melanoma in situ, Clark-Level I) ist zwingend notwendig.

Vorkommen/Epidemiologie

In einer dänischen Studie (2014) konnte ein Anstieg der "age-adjusted percentage change" Inzidenz-Rate von 1997-2011 von 2,6 auf 8,1 Fälle/100.000 bei Frauen und von 1,4 auf 5,6/100.000 bei Männern nachgewiesen werden. Diese Zahlen beziehen sich sowohl auf die Lentigo maligna als auch auf das Präkursorstadium des SSM.    

Manifestation

Bevorzugte Population > 50 Jahre.  w > m

Lokalisation

Vor allem im Gesicht lokalisiert.

Klinisches Bild

Integument: Solitärer, brauner oder schwarz-brauner, rundlich-ovaler oder bizarrer, peripher wachsender, (nicht palpabler) inhomogen scheckiger Fleck oder Patch von unterschiedlicher Farbintensität;  häufig mit polyzyklischen oder retikulierten, scharf oder unscharf markierten Rändern.

Auflichtmikroskopie: Hoch irreguläres, prominentes Pigmentnetz mit Abbrüchen des Netzes in der Peripherie.

Weiterhin sichtbar sind Flecken diffuser Pigmentierung, zentrale und periphere Black dots, evtl. auch unregelmäßig begrenzte Depigmentierungen sowie ein zarter Graustich.

Lentigo maligna mit Übergang in ein Lentigo maligna Melanom: 68jähriger Mann, vorstellig in Praxi...

Histologie

Meist atrophisches Oberflächenepithel. Unterschiedlich ausgeprägte aktinische Elastose. Auffällig sind zunächst lineare basale Verdichtung und später nestförmige Aggregation atypischer, pigmentierter Melanozyten. Einzelne atypische Melanozyten werden in höheren Epithellagen angetroffen. Regelmäßig wird eine dichte lineare Besiedlung des Haarfollikelepithels gefunden. Eine Infiltration der Dermis durch atypische Melanoyzten ist nicht nachweisbar. In der Dermis zeigen sich unterschiedlich dichte interstitielle Infiltrate sowie zahlreiche Melanophagen.

Differentialdiagnose

  • Verruca seborrhoica: Farbmuster kann der Lentigo maligna gleichen. Auflichtmikroskopisch sind meist Hornperlen nachweisbar. Im Zweifelsfall entscheidet eine Biopsie.
  • Lentigo solaris: Wenig pigmentierter, homogener oder inhomogener brauner Fleck mit meist unscharfer Umrandung. Übergänge zur Lentigo maligna können fließend sein.
  • Melanoakanthom: Tief schwarze, nicht bevorzugt an Sonnenlicht-exponierten Stellen auftretende Plaque. Histologische Abklärung.
  • pigmentierte Basalzellkarzinome: Unregelmäßig pigmentierte Plaque; auflichtmikroskopisch sind meist typische Kriterien des BCC nachweisbar.
  • pigmentierter Morbus Bowen. Meist scharf berandete, unregelmäßig konfigurierte Plaque (kein Fleck) mit rauher Oberfläche.

Therapie

Therapie der ersten Wahl ist die (mikrographisch kontrolierte) Exzision der Läsion mit einem (möglichen) Sicherheitsabstand von 0,5 cm. Hierbei ist eine serielle histologische Aufarbeitung der Randbezirke zwingende Voraussetzung. Die berichteten Rezidivquoten liegen zwischen 0 und 6,25%. 85% aller Dermatologen bevorzugen die Exzision als  Methode der Wahl bei Pat. <60 Jahre, 87% bei Pat. zwischen 60-70 Jahren, 67% bei Patienten > 70 Jahre  (Thio D et al. 2018).

Alternativ Kryochirurgie: insbesondere bei größeren Herden im Gesichtsbereich indiziert, deren Operation zu einer entstellenden Narbe führen würde. Weiterhin kann die Methode bei fortgeschrittenem Alter der Patienten eine Option darstellen. Empfehlenswert ist das geschlossene Kontaktverfahren mit 2 maligem Zyklus. Bei offenem Sprayverfahren ist eine Moulage anzulegen (25% der Dermatologen nutzen diese  Verfahren).

Alternativ Strahlentherapie: insbesondere indiziert bei Patienten > 70 Jahre. Durchführung mit Dermopan (Fa. Siemens) oder R.T. 100 (C. H. Müller, Hamburg) mit einer Röhrenspannung bis 12 kV (Grenzstrahlentherapie; GHWT 1,3 mm). 4-5mal 20 Gy in 2 tägigen Abständen anwenden (Verfahren wird von 27% der Dermatologen empfohlen).

Alternativ Imiquimod: derzeit weit  verbreitetes Verfahren (50% aller Dermatologen wenden diesen Therapieansatz an). Insbesondere ist die Anwendung  von Imiquimod indiziert bei Patienten > 70 Jahre mit wesentlicher Einschränkung der Operabilität. Lokalbehandlung mit 5% Imiquimod Creme (z.B. Aldara®) über 5-6 Wochen (3mal/Woche, über 12 Stunden belassen). Beobachtet wurden Rezidive bzw. Therapieversager (27,5% residuale Lentigo maligna - Ergebnisse einer 5 Jahreskontrollstudie; Kai AC et al. 2016). Weiterhin wurde über Progressionen mit  Entwicklung von Lentigo-maligna-Melanomen nach Therapieabschluss  berichtet. 

Verlauf/Prognose

Hohe Rezidivraten (7-20%; meist innerhalb der ersten 42 Monate nach Exzision). Bei Nichtbehandlung allmähliche Vergrößerung und Entwicklung eines Lentigo-maligna-Melanoms.

Nachsorge

Entsprechend dem malignen Melanom, initiale Kontrolle des Lokalbefundes alle 3 Monate (Zeitraum 1 Jahr); später größere Abstände. S.u. Melanom, malignes.

Fallbericht(e)

Die 84 Jahre alte Patientin bemerkte seit mehreren Jahren einen Pigmentfleck an der linken Wange. Dieser habe zuerst eine hellbraune, dann stellenweise eine nachgedunkelte, braun-schwarze Färbung erhalten. Befund: Symptomloser, 5,5 x 1,7 cm großer, hellbraun bis schwarz-brauner, polyzyklisch begrenzter Fleck in deutlich aktinisch belasteter (kräftige aktinische Elastose) Haut. Durchgängige Follikelstruktur (keine Tiefeninvasion). Weiterhin fand sich am Nasenrücken ein hellbrauner Bezirk, der mit dem Pigmentfleck der Wange nicht in Verbindung stand. Histologie (zusammmenfassender Befund): Atrophisches Oberflächenepithel. Schollige aktinische Elastose. Auffällig sind lineare basale und auch nestförmige Aggregation atypischer, pigmentierter Melanozyten. Einzelne atypische Melanozyten werden in höheren Epithellagen angetroffen. Dichte, tiefreichende, lineare Besiedlung des Haarfollikelepithels. Eine Infiltration der Dermis durch atypische Melanozyten ist nicht nachweisbar. Hier zahlreiche Melanophagen. Eine zweite Biopsie vom Nasenrücken zeigte eine initiale Lentigo maligna. Therapie und Verlauf: In einem mehrzeitigem Verfahren wurde mittels mikrografischer Chirurgie die Pigmentläsion entfernt. Der große Defekt konnte mittels Rotationsplastik geschlossen werden. Nach kompletter Abheilung der Wunden wurde die Lentigo maligna am Nasenrücken mit Imiquimod (1x/Tag über 4 Wochen) behandelt. Darunter komplette und über 1 Jahr nachweisbare Abheilung des Befundes.

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Cognetta AB Jr et al. (2001) Dermatoscopy of lentigo maligna. Dermatol Clin 19: 307-318
  2. Elsner Pet al. (2014) Lentigo maligna and lentigo maligna melanoma as occupational skin diseases in a forestry worker with long-standing occupational UV-exposure. J Dtsch Dermatol Ges 12:915-917
  3. Epstein E (2003) Extensive lentigo maligna clearing with topical imiquimod. Arch Dermatol 139: 944-945
  4. Farshad A et al. (2002) A retrospective study of 150 patients with lentigo maligna and lentigo maligna melanoma and the efficacy of radiotherapy using Grenz or soft X-rays. Br J Dermatol 146: 1042-1046
  5. Gambichler T et al. (2014) Clinicopathological characteristics of 270 patients with lentigo maligna and lentigo maligna melanoma: data from a German skin cancer centre. Br J Dermatol 171:1605-1607
  6. Hutchinson J (1892) On senile moles and senile freckles and on their relationship to cancerous processes. Arch Surg 2: 218
  7. Kai AC et al. (2016) Five-year recurrence rate of lentigo maligna after treatment with imiquimod. Br J Dermatol 174:165-168.
  8. Kroumpouzos G et al. (2002) Lentigo maligna with spread onto oral mucosa. Arch Dermatol 138: 1216-1220
  9. Meseg A et al. (2011) Imiquimod zur Therapie der Lentigo maligna. Akt Dermatol 37: 182-183
  10. Rehberger et al. (2006) Therapie von Hautmetastasen beim malignen Melanom. Hautarzt 57: 1143-1153
  11. Tio D et al. (2018) Variation in the diagnosis and clinical management of lentigo maligna across
    Europe: a survey study among European Association of Dermatologists and
    Venereologists members.J Eur Acad Dermatol Venereol 32:1476-1484.
  12. Toender A et al. (2014) Increased incidence of melanoma in situ in Denmark from 1997 to 2011: results from a nationwide population-based study. Melanoma Res 24:488-495

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