Larva migrans B76.9

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Synonym(e)

Creeping disease; creeping eruption; creeping myiasis; creepinmg disease; Hautmaulwurf; Kriechkrankheit; Larva-migrans-cutanea-Syndrom; Myiasis linearis migrans; plumber's itch; Plumber\'s itch; water dermatitis

Erstbeschreiber

Lee, 1874

Definition

Einwanderung von Larven diverser Parasitenarten (Würmer/Fliegen) in die Haut mit charakteristischen, sich entzündlich abzeichnenden, linearen, juckenden Wanderungswegen.

Erreger

Verschiedene Parasiten können das klinische Bild des "Larva-migrans-cutanea-Syndroms" auslösen. Insofern ist die sog. Larva migrans kein eigenständiges Krankheitsbild, sondern lediglich das klinische Symptom einer Infestation durch diese Parasiten.

In Abgrenzung zum Larva-migrans-visceralis-Syndrom  (z.B. ausgelöst durch Toxocara canis oder Toxocara cati, die Spulwürmer von Hunden und Katzen) ist der Begriff  "Larva-migrans-cutanea-Syndrom" statt Larva migrans (Larva migrans bezeichnet im eigentlichen Sinne den Erreger) die bessere Begrifflichkeit.      

  • Larven der Pferdebremsen
  • Ankylostoma-Arten (Hakenwürmer wie Ancylostoma brasiliense, Ancylostoma caninum u.a. die primär tierpathogen sind und für der Mensch ein Fehlwirt ist)
  • Strongyloides-Arten
  • Cordylobia anthropophaga (Tumbufliege: Afrika).

Vorkommen/Epidemiologie

Ankylostomatidae (insbes. Ancylostoma brasiliens und caninum; Strongyloides stercoralis): Die Larven der o.g. Nematoden (Fadenwürmer) bohren sich beim Barfußgang oder Liegen am Strand aktiv durch die Haut. Infektionsquellen sind durch Hunde- und Katzenkot verunreinigte Strände und Spielflächen von Kindern. Im Gegensatz zu Ancylostoma duodenale und Necator americanus, die ein systemisches Krankheitsbild verursachen (Ancylostomiasis) gelingt es diesen Arten nicht in der menschlichen Haut Anschluss an das Gefäßsystem zu erhalten. Die Folge ist eine lokale (kutane) Infestation unter dem klinischen Bild des Larva-migrans-cutanea-Syndroms.  

Myiasis linearis migrans (insbesondere Arthropodenlarven der Gattung Gastrophilus): Durch die Haut penetrierte Fliegenlarven. Die Infestation erfolgt miest an afrikanischen Stränden beim Barfußgang. 

Manifestation

Häufigste Erkrankung bei Tropenreisenden; keine Altersbeschränkungen; gehäuft bei Kindern und Jugendlichen sowie jüngeren Ewachsenen.

Lokalisation

V.a. an der unteren Extremität und Glutaealgegend auftretend, entsprechend den Körperstellen, die mit Larven-haltigem Sand, wie er in tropischen und subtropischen Gegenden zu finden ist, in Berührung gekommen sind. Selten ist der Befall des Capillitiums.

Klinisches Bild

An der Eintrittsstelle zeigt sich eine juckende Dermatitis mit Ödem, Papeln, Papulovesikeln. Charakteristisch sind lineare oder gewundene, fadenförmige, stark juckende, kräftig gerötete Gangstrukturen, die sich pro Tag um 1-2 cm verlängern. Bei Strongyloidesarten ist die Wanderungsgeschwindigkeit mit 10 cm/Stunde besonders hoch (s.a.u. Larva currens). Die Larve selbst befindet sich 1-2 cm vor dem Gang. Gefahr der bakteriellen Superinfektion. Seltener sind follikuläre Papeln oder Pusteln, bedingt durch eine Penetration der Larven in die Follikel an den Auflagestellen.

Differentialdiagnose

Das klinische Bild mit den juckenden, bizarren Gängen ist diagnostisch. Bei den seltenen follikulären Krankheitserscheinungen sind v.a. bakterielle Follikulitiden auszuschließen.

Externe Therapie

1% Ivermectin-Creme (Off-Label-Anwendung; Präparat - Soolantra® - ist jedoch zur Behandlung der Rosazea zugelassen) 2x täglich über einen Zeitraum von 14 Tagen.   

Alternativ: 10%-15% Tiabendazol-Salbe (z.B. R254 , Mintezol) unter Okklusion mehrfach tgl. für 5-7 Tage. Hinweis: Tiabendazol ist häufig nicht mehr erhältich. Ggf. Bezug über das Ausland. 

Alternativ: Albendazol 10% in Vaseline (3 x täglich auf die betroffenen Areale auftragen)

Ergänzend: ggf. Glukokortikoid-Zusatz bei stark entzündlicher Reaktion oder auch alternierende Therapie

Interne Therapie

Gemäß der S1-Leitlinie ist eine Systemtherapie Therapie der 1. Wahl.

  • Albendazol (z.B. Eskazole) 800 mg/Tag p.o. über 3 Tage
  • Alternativ (off-label): Ivermectin (Mectizan) 200 µg/kgKG p.o. als Einmaldosis. Bemerkung: Ivermectin kann deklariert als individueller Heilversuch über eine internationale Apotheke bezogen und verordnet werden. 

Operative Therapie

Alternativ zur externen Therapie kann Kryochirurgie versucht werden. Dieses Verfahren ist in der Regel aber nebenwirkungsreicher und weniger effektiv (Nematoden-Larven überleben evtl. tiefe Temperaturen). Es wird zunehmend mehr verlassen!

Merke! Auf Behandlung eines ausreichend großen Hautareals ist zu achten (Larven 1-2 cm vor dem Gangende).

Verlauf/Prognose

Mensch ist Fehlwirt; auch unbehandelt kommt es stets zur Spontanheilung. Diese kann aber Monate in Anspruch nehmen.  

Hinweis(e)

Eine Hakenwurmfollikulitis ist stets systemisch zu behandeln!

Bei der durch menschenpathogene Erreger ausgelösten viszeralen "Larva migrans" fehlen häufig die typischen bizarren Gangstrukturen in der Haut, es kommt zum Organbefall.  

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Bachmeyer C et al. (2003) Visceral larva migrans mimicking lymphoma. Chest 123: 1296-1297
  2. Brenner MA et al. (2003) Cutaneous larva migrans: the creeping eruption. Cutis 72: 111-115
  3. Caumes E et al. (1992) Efficacy of ivermectin in the therapy of cutaneous Larva migrans. Arch Dermatol 128: 83-87
  4. Caumes E et al. (2002) Cutaneous larva migrans with folliculitis: report of seven cases and review of the literature. Br J Dermatol 146: 314-316
  5. Davies HD et al. (1993) Creeping eruption. A review of clinical presentation and management of 60 cases presenting to a tropical disease unit. Arch Dermatol 129: 588-591
  6. Grunow K, Bachter D (2007) Juckende follikulär gebundene Papeln und Pusteln gluteal. Hautarzt 58: 623-626 
  7. Leiper RT (1909) The structure and relationships of Gnathostoma siamense (Levinsen). Parasitology 2: 77-80
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  9. Meotti CD et al. (2014) Cutaneous larva migrans on the scalp: atypical presentation of a common disease.  An Bras Dermatol 89:332-333
  10. Nenhoff P (2016) Larva migrans cutanea: Erfolgreiche topische Therapie mit Ivermectin - eine Kasuistik. J Dtsch Dermatol 14: 622-623 
  11. Owen R (1836) Gnathostoma spinigerum n. sp. Proc Zool Soc London 47: 123-126 

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