Herpes simplex recidivansB00.8

Autoren:Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 29.09.2024

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Synonym(e)

Cold sore; Ekelbläschen; Fieberbläschen; Herpes febrilis; Herpesfollikulitis; Herpes labialis, Herpes facialis; Herpes simpex genitalis; Herpes simplex labialis; Herpetische Paronychie; Hidroa febrilis; Labialer Herpes; Recurrent herpes simplex virus infection; Reizbläschen; Rezidivierender Herpes simplex

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Definition

Häufigste klinische Manifestation einer Herpes-simplex-Virus-Infektion (die Erstinfektionen verlaufen häufig klinisch inapparent. Dies betrifft v.a. die HSV-2-Erstinfektion im Genitalbereich) an Haut oder Schleimhaut in Form von meist chronisch-rezidivierenden Eruptionen gruppiert stehender, stecknadelkopfgroßer Bläschen.

Erreger

Herpes-simplex-Virus. HSV-1; HSV-2; der Anteil an HSV-2-positiver Virusträger hat in letzten Jahren deutlich zugenommen. Er beträgt in Westeuropa etwa 20%.

Ätiopathogenese

Provozierende Faktoren der Rezidive von Herpes simplex-Infektionen sind fieberhafte Infekte, UV-Exposition, psychische und physische Stresssituationen, lokale Traumen, Menstruation. 

Lokalisation

  • Lokalisiert:
    • Lippe (häufigste Lokalisation): Herpes labialis
    • Gesicht:Herpes facialis (Herpes gladiatorum)
    • Auge: Keratokonjunktivitis herpetica 
    • Genitalbereich: Herpes genitalis (Herpes simplex progenitalis)
    • Andere Lokalisationen: Wange, Gesäß; Perianalbereich; Finger.  In seltenen Fällen v.a.  bei Immunsupprimierten viszerale Organe (Ösophagus, Lunge, Leber, ZNS).
  • Generalisierter Hautbefall:

Klinisches Bild

Prodromi in Form von Juckreiz, Spannungsgefühl, evtl. Schmerzen und unterschiedlich stark ausgeprägter, lokaler Schwellung, z.B. Lippenschwellung bei Herpes labialis.

Aufschießen gruppiert stehender, teilweise konfluierender, praller, stecknadelkopfgroßer Bläschen auf gerötetem Grund.

Die Größe der gesamten Hautveränderung beträgt meist 0,5-2,0 cm, die Begrenzung ist polyzyklisch.

Eitrige Eintrübung der Bläschen innerhalb von 2-4 Tagen, nach Platzen bleiben honiggelbe Krusten zurück. Abheilung nach ca. 1 Woche, meist narbenlos.

Nach schweren Infektionen bleiben evtl. kleine, eingezogene Narben.

Nicht selten begleitende, schmerzhafte regionale Lymphadenopathie.

Rezidive treten in individuellen, sehr unterschiedlichen Perioden häufig an der selben oder einer benachbarten Stelle der selben Region auf (Herpes recidivans in loco).

In seltenen Fällen (beschrieben bei Immunsupprimierten) kann eine Herpes simplex Infektion der Haut auch als klinisch uncharakteristische follikuläre Entzündung "Herpesfollikulitis" auftreten.

Immunsuppression: eine HSV-Reaktivierung kann in dieser Konstellation zu ausgedehnten, schlecht heilenden Haut - und Schleimhautinfektionen führen, möglicher extrakutaner Organbefall (viszerale Herpes-Infektionen: Leber, Ösophagus, Lunge, Gehirn)     

Histologie

Ballonierende Degeneration der Keratinozyten mit Ausbildung großer Kerne. Intraepidermale, suprabasale Bläschenbildung mit Leukozyten im Blasenlumen und multinukleären Riesenzellen am Blasengrund. Evtl. eosinophile virale Kerneinschlüsse.

Differentialdiagnose

Komplikation(en)

  • aufgepfropfte Pyodermie in loco.
  • Ausbildung von schlecht heilenden Ulzera oder Hämorrhagien bei zugrunde liegendem Immundefekt.
  • bei schwerer Immundefizienz extrakutaner Organbefall möglich. Selten ist die potenziell letal verlaufende Herpes-Enzephalitis. 
  • Nach häufigen jahrelangen Rezidiven ist die Ausbildung eines sekundären Lymphödems möglich ( Elephantiasis nostras).

Therapie

Interne Therapie

  • Bei ausgedehntem kompliziertem Herpes simplex empfiehlt sich eine interne Behandlung mit Aciclovir i.v. (5 mg/kg KG/Tag) bis zur Abheilung der Bläschen (ca. 5 Tage).
  • Bei HIV-Infizierten Aciclovir-Dosierung erhöhen (10 (max. 20) mg/kg KG/Tag).
  • Alternativ Famciclovir p.o. (z.B. Famvir Filmtbl.) 3mal/Tag 250 mg oder Valaciclovir (Valtrex Filmtbl.) 3mal/Tag 1000 mg p.o.
  • Bei Therapieversagen Foscarnet (Foscavir Astra) 3mal/Tag 40-60 mg/kg KG/Tag i.v. in 500 NaCl über 2 Std.

Verlauf/Prognose

Im Gegensatz zu der häufig unbemerkt verlaufenden Primärinfektion ist die rezidivierende HSV-Infektion ein häufiges, meist wenig spektakuläres klinisches Ereignis (Hinweis: die Erstinfektion kann auch, meist im Kindesalter als klinisch schwer verlaufende Gingivostomatitis herpetica in Erscheinung treten!). Die Zahl der Rezidive schwankt intraindividuell erheblich, von wenigen Infektionsperioden im Leben, 3-4 im Jahr (dies ist die am häufigsten vorkommende  Periodik), bis zu monatlichen oder halbmonatlichen Episoden.     

Prophylaxe

  • Vermeidung der bekannten Triggerfaktoren (z.B. übermäßige UV-Exposition; beim Skifahren im Hochgebirge empfiehlt sich die Anwendung eines physikalischen Lichtschutzes mit höchstem Lichtschutzfaktor)
  • Bei Auftreten eines Rezidivs sind die allg. Hygienmaßnahmen (Händedesinfektion) zu beachten
  • Direkter Hautkontakt mit einer Herpesläsion sollte vermieden werden
  • Bei den ersten Zeichen eines Rezidivs konsequente "antiherpetische" Lokatherapie
  • Allg. gebräuchliche Verfahren wie Zahnpasta, Alkohol oder Essig sind wenig hilfreich.  
  • Bei engmaschiger  Rezidivhäufung ist an eine systemische Dauertherpaie zu denken.
  • Zur Prophylaxe eines rezidivierenden Herpes simplex eignet sich Lysin in niedrigerer Dosierung. Erhältlich als Lysin-Kapseln  (500 mg) oder aber Lyranda® als Fertigpräparat. 

Naturheilkunde

Lokaltherapie: Gute Erfolge wurden in einer randomisierten, doppelblinden, plazebokontrollierten klinischen Studie an 66 Patienten mit einer Melissencreme (4mal/Tag über 5 Tage) beschrieben (s.u. Phytotherapie, s.u. Zitronenmelisse).

 

Phytotherapie extern

Gute Erfolge wurden in einer randomisierten, doppelblinden, plazebokontrollierten klinischen Studie an 66 Patienten mit einer Melissencreme (4mal/Tag über 5 Tage) beschrieben (s.u. Phytotherapie, s.u. Zitronenmelisse).

Phytotherapie intern

Phytotherapeutisch kann bei rezidivierendem Herpes simplex eine fixe Kombination aus Färberhülsenwurzel, Lebensbaumspitzen, Sonnenhutwurzeln wie sie in Esberitox N (Dosierung: 3-3-3Tbl/Tag) vorliegt eingesetzt werden.    

Literatur

  1. Griffith RS et al. (1987)  Success of L-lysine therapy in frequently recurrent herpes simplex infection. Treatment and prophylaxis. Dermatologica 175: 183-190.

  2. Kimmig W (1989) Herpes-simplex-Infektionen. Z Hautkr 64: 266-271

  3. Klammer M et al. (2003) Acyclovir-resistant herpes exulcerans et persistens. Type II. Hautarzt 54: 362-364
  4. Koytchev R et al. (1999) Balm mint extract (Lo-701) for topical treatment of recurring herpes labialis. Phytomedicine 6: 225-230
  5. Lautenschläger S (2018) Humane Herpesviren. In: G.Plewig et al. (Hrsg.) Braun-Falco`s Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Springer Reference Medizin S.103
  6. Long D et al. (2014) Identification of novel virus-specific antigens by CD4⁺ and CD8⁺ T cells from asymptomatic HSV-2 seropositive and seronegative donors. Virology 464-465:296-311

  7. McCarthy KJ et al. (2019) Hormonal Contraceptives and the Acquisition of Sexually Transmitted Infections: An Updated Systematic Review. Sex Transm Dis 46:290-296

  8. Simmons A (2002) Clinical manifestations and treatment considerations of herpes simplex virus infection. J Infect Dis 186: S71-77

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