Ingwer

Autor: Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

Alle Autoren dieses Artikels

Zuletzt aktualisiert am: 10.03.2025

This article in english

Synonym(e)

Ginger; Imber; Immerwurzel; Ingber; Ingberwurzel; Zingiber officinale

Definition

Zingiber officinale Roscoe gehört zur Pflanzenfamilie der Zingiberaceae. Ingwer ist eine in Südostasien und Westafrika beheimatete Pflanze, angebaut auch in Indien und China, sowie in fast allen tropischen Ländern. Ingwer wächst als Staude, die Rhizomen (Wurzel­stock) vermehren sich vegetativ, also rein durch Zellteilung. Phytotherapeutisch kommt das knollige Rhizom (Ingwerwurzelstock - Ziningiberis rhizoma) zur Anwendung.

Ingwer wird in vielen Ländern als Phytotherapeutikum eingesetzt. Wissenschaftliche Erkenntnisse belegen pharmakologische Eigenschaften von Ingwer, wie antioxidative und entzündungshemmende Eigenschaften. Im Gegensatz dazu ist eine spezifischere und weniger untersuchte Bioaktivität die mögliche neuroprotektive Wirkung von Ingwer. Zingiber officinale gehört zu den Phytotherapeutika mit gesundheitsfördernden Eigenschaften, die in pharmazeutischen Produkten und Lebensmitteln weit verbreitet sind. Sein Rohextrakt ist für seine pharmakologischen Wirkungen bekannt (Fakhri S et al. 2021). Ingwerwurzelstock wird Lebensmitteln häufig als Gewürz zugesetzt oder als Nahrungsergänzungsmittel eingenommen und ist in der traditionellen Medizin seit jeher weit verbreitet (Mohd Yusof YA et al. 2016).

Inhaltsstoffe

Ingwer besteht aus mehreren bioaktiven Verbindungen, die zu seinen anerkannten biologischen Aktivitäten beitragen. Ingwer enthält eine Vielzahl von bioaktiven Verbindungen, darunter phenolische Verbindungen, Terpene, Lipide und Kohlenhydrate. Daher werden seine pharmakologischen Wirkungen hauptsächlich auf phenolische Verbindungen und Terpene zurückgeführt (Jafarzadeh A et al. 2021). Von den 400 Verbindungsarten im Ingwer sind vier phenolische Verbindungen hauptsächlich für seine biologischen Wirkungen verantwortlich:

  • Gingerol (s.u. Gingerole)
  • Shogaol
  • Paradol
  • Zingeron

In frischem Ingwer sind Gingerole wie 6-Gingerol, 8-Gingerol und 10-Gingerol die wichtigsten Polyphenole. Durch Wärmebehandlung oder Langzeitlagerung können Gingerole in entsprechende Shogaole umgewandelt werden. Nach der Hydrierung können Shogaole in Paradole umgewandelt werden. Weitere phenolische Verbindungen in Ingwer sind Quercetin, Zingeron, Gingeron-A sowie zahlreiche Polyphenole; alle haben eine hohe antioxidative Aktivität gezeigt (Arcusa R et al. 2022).

Von Ingwer abgeleitete Terpene (alpha-Zingiberen, Camphen, alpha-Curcumen, beta-Sesquiphellandren, alpha-Farnesen, beta-Bisabolen, alpha-Pinen) sind dafür bekannt, entzündliche Prozesse und bakterielles Wachstum zu verhindern, haben eine antioxidative Wirkung, verhindern hohe Blutzuckerspiegel, wirken antiphlogistisch haben neuroprotektive und antikarzinogene Eigenschaften (Kiyama R 2020).

Wirkungen

Die Wirkung von Ingwer ähnelt der von Nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR), hat jedoch keine negativen Auswirkungen auf die Magenschleimhaut (Ballester P et al. 2022). Es konnte gezeigt werden, dass Ingwer potenziell Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorbeugen kann, die mit Pathologien verbunden sind, die als Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen (z.B. Diabetes, Fettleibigkeit und metabolisches Syndrom) anzuseehen sind.

Weiterhin zeigen Ingwerextrakt antioxidative Wirkungen in menschlichen Chondrozytenzellen, wobei der oxidative Stress durch Interleukin-1beta (IL-1β) vermittelt wurde. Er stimulierte die Expression mehrerer antioxidativer Enzyme. Weiterhin können Ingwerextrakte die Produktion von ROS in menschlichen Fibrosarkomzellen mit H2O2-induziertem oxidativem Stress reduzieren (Mao Q-Q et al. 2019). 

Antioxidative und entzündungshemmende Eigenschaften: Ingwer-Extrakte haben antioxidative und entzündungshemmende Fähigkeiten, sowie mögliche neuroprotektive Wirkung. Ingwer hemmt die Lipidperoxidation durch seine antioxidative Wirkung. So erhöht beispielsweise 6-Gingerol die Beclin1-Expression, um die Autophagie in Endothelzellen zu fördern, und hemmt die Signalübertragung des PI3K/AKT/mTOR-Signalwegs, ohne den Zellzyklus zu beeinflussen (Santos Braga S 2019).

Ingwer hat eine positive Wirkung bei Erkrankungen bei denen eine erhöhte ROS-Produktion beschrieben wird, zusammen mit einer Lipidperoxidation und Gewebeschäden, die durch entzündungsfördernde Zytokine, insbesondere TNF-alpha, vermittelt werden (Raja DA 2004). Die antioxidative Wirkung des Ingwerextraktes geht auf mehrere bioaktive Ingwerverbindungen, wie 6-Gingerol, 8-Gingerol, 10-Gingerol und 6-Shogaol zurück. Die höchste antioxidative Wirkung in vitro weist 6-Gingerol auf, gefolgt von 6-Shogaol.

6-Gingerol ist nachweislich in der Lage, Xanthinoxidase zu hemmen, ein Enzym, das die Oxidation von Hypoxanthin zu Xanthin und von Xanthin zu Harnsäure in der letzten Phase des Purinstoffwechselabbaus unter Bildung reaktiver Sauerstoffspezies katalysiert (Ali A MA et al.(2018). Darüber hinaus wurde nachgewiesen, dass diese Verbindung in der Lage ist, die Superoxiddismutase- und Katalaseaktivität zu erhöhen. 6-Gingerol reguliert tierexperimentell die Lipogenese, die Fettsäureoxidation, die mitochondriale Dysfunktion und den oxidativen Stress. Weiterhin erhöht es die Aktivität des antioxidativen Enzyms Superoxiddismutase Dismutase (SOD) und senkt die Konzentration von Malondialdehyd (MDA), einem Marker für die Lipidperoxidation, in konzentrationsabhängiger Weise (Zhang F et al. 2017).

Ingwerverbindungen wie 6-Gingerol und 6-Shogaol haben eine entzündungshemmende Wirkung, indem sie die Produktion von Entzündungsmediatoren wie Prostaglandin E2, Stickstoffmonoxid (NO), inflammatorischen Zytokinen (TNF-alpha), Interleukin-1beta (IL-1β)und den proinflammatorischen Transkriptionsfaktor (NF-KappaB). Sie hemmen auch COX-1 und COX-2 (Jiang TA 2019). Offenbar verringert 6-Shogaol die Stickoxid-Synthese (NO) wie auch die Freisetzung von Arachidonsäure stärker als 6-Gingerol.

Anwendungsgebiet/Verwendung

Eine der Hauptanwendungsgebiete von Ingwer sind die Behandlung von entzündlichen Erkrankungen der Harnwege (Ballester P et al. 2022).

Rheumatoide Arthritis (RA): Ingwer ist in der Lage druch seine entzündungshemmenden Eigenschaften  die Immunantwort zu modulieren. Konkret kommt es zu einer Hemmung der COX-2- und LOX-Signalweg (Funk JL et al. 2016). Klinisch zeigt sich, dass Ingwerextrakte v.a. 6-Shogaol und Zingeron antiarthritische Wirkungen haben (Funk JL et al. 2016). 8-Shogaol wirkt effektiv gegen Synovitis über eine Hemmung der TNF-alpha-, IL-1beta- und IL-17-vermittelte Inflammation (Jo S et al. 2022). Eine Supplementierung mit 1,5 g Ingwer pro Tag bewirkte bei Patienten mit RA (n=63) eine signifikante Reduktion von IL-1beta und hs-CRP sowie eine signifikante Abnahme von TNF-alpha (Aryaeian N et al. 2019).

Psoriasis: Ingwer hemmt Entzündungsreaktionen durch eine Verringerung von NF-kappaB, was zu einer Verringerung der Zytokin-Genexpression führt. Die Verabreichung von Ingwer und Metformin in Liposomen über einen Zeitraum von 21 Tagen senkt die TNF-alpha- und IL-22-Spiegel. Lipidbasierte Nanopartikel können als neue Strategie zur Verbesserung der Wirksamkeit der Psoriasisbehandlung durch eine verstärkte Lokalisierung des Medikaments eingeführt werden. Diese Ergebnisse zeigen, dass die bioaktiven Verbindungen des Ingwers eine alternative Behandlungsmethode für die Psoriasisbehandlung darstellen (Jenabikordi K et al. 2021). 

Entzündliche Darmerkrankungen(IBD): Kurkuma (Curcuma longa) verbessert die veränderte Darmbarrierefunktion bei IBD, indem es die Expression der Myosin-Leichtkettenkinase (MLCK) reduziert. Es verringert auch die Produktion von TNF-alpha, IL-4, IL-6 und IL-13 durch Makrophagen als Reaktion auf Allergene. Ingwerextrakte haben antioxidative, antitumorale, entzündungshemmende und ulkushemmende Wirkungen. Sie werden seit vielen Jahren weltweit zur Behandlung von Erbrechen, Durchfall und Infektionen eingesetzt (Nikkhah Bodagh M et al. 2019).

 

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Ali A MA et al. (2018) Total phenolic and flavonoid contents and antioxidant activity of ginger (Zingiber officinale Rosc.) rhizome, callus and callus treated with some elicitors. J Genet Eng Biotechnol 16:677–682.)
  2. Arcusa R et al. (2022) Potential Role of Ginger (Zingiber officinale Roscoe) in the Prevention of Neurodegenerative Diseases. Front Nutr 9:809621.
  3. Aryaeian N et al. (2019) The effect of ginger supplementation on IL2, TNFα, and IL1β cytokines gene expression levels in patients with active rheumatoid arthritis: A randomized controlled trial. Med. J Islam Repub Iran 33:154.)
  4. Ballester P et al. (2022) Effect of Ginger on Inflammatory Diseases. Molecules. 27:7223.
  5. Fakhri S et al. (2021) Ginger and Heart Health: From Mechanisms to Therapeutics. Curr. Mol. Pharmacol 14:943–959.
  6. Funk JL et al. (2016) Anti-inflammatory effects of the essential oils of ginger (Zingiber officinale Roscoe) in experimental rheumatoid arthritis. PharmaNutrition 4:123–131
  7. Hara-Chikuma M et al. (2015) Aquaporin-3-mediated hydrogen peroxide transport is required for NF-κB signalling in keratinocytes and development of psoriasis. Nat. Commun. 6:1–4.
  8. Jafarzadeh A et al. (2021) Therapeutic potential of ginger against COVID-19: Is there enough evidence? J Tradit Chin Med Sci 8:267–279.
  9. Jenabikordi K et al. (2021) Co-encapsulation of metformin and ginger into the liposomes: in vitro characterization and in vivo anti-psoriasis evaluation. Drug Dev Ind Pharm 47:1447-1458.
  10. Jiang TA (2019) Health benefits of culinary herbs and spices. J. AOAC Int 102:395–411.
  11. Jo S et al. (2022) 8-Shogaol inhibits rheumatoid arthritis through targeting TAK1. Pharmacol Res 178:106176.)
  12. Kiyama R (2020) Nutritional implications of ginger: Chemistry, biological activities and signaling pathways. J Nutr Biochem 86:108486.
  13. Mao Q-Q et al. (2019) Bioactive Compounds and Bioactivities of Ginger (Zingiber officinale Roscoe) Foods 8:185.
  14. Mohd Yusof YA et al. (2016) Gingerol and Its Role in Chronic Diseases. Adv Exp Med Biol 929:177–207.
  15. Nikkhah Bodagh M et al. (2019) Ginger in gastrointestinal disorders: A systematic review of clinical trials. Food Sci 7:96–108.
  16. Raja DA (2004) Immunology of Tuberculosis. Indian J. Med Res120:213–232.
  17. Santos Braga S (2019) Ginger: Panacea or consumer’s hype? Appl Sci 9:1570.) I
  18. Wang J et al. (2017) Beneficial effects of ginger Zingiber officinale Roscoe on obesity and metabolic syndrome: A review. Ann. N. Y. Acad. Sci. 1398:83–98.
  19. Zhang F et al.(2017) Therapeutic effects of 6-gingerol, 8-gingerol, and 10-gingerol on dextran sulfate sodium-induced acute ulcerative colitis in rats. Phyther Res 31:1427–1432.

Verweisende Artikel (3)

Gingerole; Kardamom grüner; Zingiberis rhizoma;
Abschnitt hinzufügen

Autoren

Zuletzt aktualisiert am: 10.03.2025