Zystische Nephropathien Q61.9

Autor: Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 22.08.2024

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Synonym(e)

Alström- Syndrom; Autosomal dominante polyzystische Nephropathie (ADPKD); Autosomal- dominante tubulointerstitielle Nierenerkrankung (ADTKD); Autosomal rezessive polyzystische Nephropathie (ARPKD); Bardet- Biedel- Syndrom (BBS); Einfache Nierenzyste; infantil zytische Nierenerkrankung; Jeune- Syndrom; Meckel- Gruber- Syndrom (MGS); metabolisch hereditärer Nephropathie; multicystic dysplasistic kidney disease (MCDK); multizystische Dysplasie; multizystische dysplastische Nierenerkrankung (MCDN); Nephronophthise; Nephropathie zystische; Nierendysplasie mit Zysten; Nierenzyste; Phakomatosen; polyzystische Nephropathie; zystische Nierenerkrankungen

Erstbeschreiber

Bereits um 460 v. u. Z. beschrieb Hippokrates erstmals eine wahrscheinlich polyzystische Nierenerkrankung. Die erste umfangreiche Beschreibung findet sich 1829 – 1835 von Cruveillhier. Im Jahre 1899 wies Steiner auf die Erblichkeit der zystischen Nephropathien hin. Marquardt differenzierte 1934 zwischen zwei verschiedenen Erbgängen und 1957 erschien eine umfangreiche Monographie zu Klinik und Genetik von Dalgaard. Im Jahre 1971 beschrieben Blyth und Ockenden umfassend die klinische Variabilität der autosomal rezessiven und der autosomal dominanten Form. Bereits 1 Jahr später konnten sie 4 verschiedene Genorte für die ARPKD lokalisieren. 1985 erfolgte die erste Kartierung des Gens durch Reeders et al. und 1994 die Klonierung (Ganten 2013). Laurence und Mond berichteten 1866 über eine Familie mit typischen Symptomen eines Bardet- Biedl- Syndroms. Bardet und Biedl beschrieben unabhängig voneinander im Jahre 1995 ausführlich über das nach ihnen benannte BBS (Forsythe 2013).

 

 

Definition

Die zystische Nephropathien zählen neben den glomerulären Erkrankungen, der metabolisch hereditärer Nephropathie, den Phakomatosen und den Störungen der tubulären Nierenfunktion zum Oberbegriff der Hereditären Nephropathien (Herold 2021). Die zystischen Nephropathien besthen aus ätiopathogenetisch unterschiedlichen seltenen hereditären und nicht hereditären Mißbildungssyndromen sowie aus den dysplastischen Nierenkrankungen mit Zystenbildungen.   

 

Einteilung

Die zystischen Nephropathien werden untereilt in:

Dysplastische Nierenerkrankungen mit variabler Zystenausbildung

  • Multizystische dysplastische Nierenerkrankung (MCDK): Bei der MCDK handelt es sich um eine schwere Entwicklungsstörung, bei der das Nierengewebe vermehrt aus Zysten besteht und oftmals nicht über ein Nierenbeckenkelchsystem verfügt. Eine relevante Organfunktion besteht nicht (Manski 2019).  Mitunter finden sich Assoziationen mit Syndromen oder Chromosomen- Aberrationen. Die MCDK entspricht der historischen Klassifizierung „Potter II- Dysplasie“ (Sohn 2013).
  • Nierendysplasie mit Zysten: Hierbei handelt es sich um ein eingeschränkt funktionstüchtiges Parenchym, welches uni- oder bilateral auftreten kann. Oftmals finden sich kleinere Zysten. Die Nierendysplasie kann isoliert oder im Rahmen verschiedener Syndrome auftreten. (Gimpel 2019)
  • Einfache Nierenzysten: Diese können uni- oder bilateral, solitär oder multipel auftreten und werden häufig als Zufallsbefund diagnostiziert (Herold 2021). Sie liegen i. d. R. im Kortikalbereich der Niere und sind mit einer homogenen Flüssigkeit gefüllt (Keller 2010).  Näheres s. Nierenzysten

Zystische Nierenerkrankungen mit klassischem Erbgang

Polyzystische Nierenerkrankungen mit syndromalem Erscheinungsbild

  • Laurence-Moon-Bardet-Biedl- Syndrom (BBS): Seltenes Mißbildungssyndrom das zu den Ziliopathien gehört (

    mentale Retardierung, Retinopathie, Adipositas, Polydaktylie, Fehlbildungen der Nieren)

  • Meckel- Gruber- Syndrom (MGS): Fehlbildungskomplex, der auch als Dysencephalia splanchnocystica bezeichnet wird (Entezami 2002).
  • Jeune-Syndrom: Fehlbildungskomplex der auch als „Asphyxierende Thoraxdysplasie“ bezeichnet wird.

Diagnostik

Sonographisch sollten bei allen Zysten im Kindesalter dokumentiert werden: 

  • Nierengröße
  • uni- oder bilaterale Veränderungen
  • Anzahl und Lokalisation der Zysten
  • eventuelle Hinweise auf eine Nierendysplasie wie z. B. kortikale Echogenität, Mar- Rinden- Differenzierung
  • Vorhandensein etwaiger Fehlbildungen der ableitenden Harnwege (Kemper 2020)

Bei allen genetisch bedingten zystischen Nierenerkrankungen sollte in jedem Fall auch nach einer extrarenalen Manifestation gesucht werden (Herold 2021).

 

Hinweis(e)

Die historische Klassifizierung der zystischen Nierenerkrankungen nach Potter (Potter I – IV) ist inzwischen nicht mehr gebräuchlich (nicht zu verwechseln mit der Potter- Sequenz, die charakteristische phänotypische Veränderungen beschreibt (Deeg 2014).  

Hinweis(e)

Zystische Raumforderungen werden zur morphologischen Beurteilung und anschließender Therapieplanung (Lerchbaumer 2018) nach Bosniak klassifiziert in:

  • Bosniak I: Die Zyste ist eindeutig benigne. Es besteht kein Malignitätsrisiko.
  • Bosniak II: Die Zyste ist < 3 cm groß. Es finden sich eine geringe Septierung, hyperdense Läsionen ohne Kontrastmittelaufnahme und dünne Verkalkungen. Es besteht kein Malignitätsrisiko, Kontrollen sind nicht erforderlich.
  • Bosniak IIF:  Diese Zysten sind nicht eindeutig der Gruppe II oder III zuzuordnen. Es besteht ein Malignitätsrisiko von 5 %. Das F steht für „follow up“: regelmäßige Kontrollen sind erforderlich.
  • Bosniak III: Es finden sich Septen von > 1 mm Dicke. Die Zystenwand zeigt unregelmäßige Verdickungen mit Kontrastverstärkung. In der CT sind primär unklare Dichten erkennbar. Die Zyste ist nicht eindeutig benigne, das Malignitätsrisiko liegt bei 50 %. Weitere diagnostische Abklärung unbedingt erforderlich. 
  • Bosniak IV:  Die Zyste erscheint malignitätsverdächtig: Sie ist sonographisch nicht primär als Zyste erkennbar, zeigt einen hineinragenden soliden Prozess und / oder einen zentral zerfallenden Tumor. Das Malignitätsrisiko liegt bei 75 % - 90 %. Weitere Diagnostik bzw. operative Maßnahmen sind dringend angezeigt (Manski 2019 / Kuhlmann 2015 / Bartels 2013)

Weit verbreitet ist die AAP- Klassifikation der American Academy of Pediatrics (AAP), welche zystische Nierenerkrankungen wie folgt unterteilt:

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

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  22. Kuhlmann U et al. (2015) Nephrologie: Pathophysiologie - Klinik – Nierenersatzverfahren. Thieme Verlag 64, 653 - 665
  23. Lerchbaumer M H (2018) „Die Bosniak-Klassifizierung von Nierenzysten im kontrastmittelunterstützten Ultraschall (CEUS) vergleichend zur Computertomographie und Magnetresonanztomographie“ Inauguraldissertation zur Erlangung des akademischen Grades Doctor medicinae (Dr. med.) vorgelegt der Medizinischen Fakultät Charité - Universitätsmedizin Berlin 
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  28. Sohn C et al. (2013) Ultraschall in Gynäkologie und Geburtshilfe. Thieme Verlag 243 - 244

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