Tramadol

Zuletzt aktualisiert am: 23.08.2024

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Synonym(e)

(±)-(1R*,2R*)-2-(Dimethylaminomethyl)-1-(3-methoxyphenyl)cyclohexanol; CAS-Nummer:27203-92-5

Definition

Tramadol ein synthetisches Pharmakon, gehört zur Wirkstoffgruppe der Opioid-Analgetika. Tramadol ist zugelassen zur Behandlung mäßig starker bis starker Schmerzen. Im WHO-Stufenplan zur Schmerztherapie wird Tramadol daher wie Tilidin als schwach wirkendes Opioid eingestuft und für mittelstarke bis starke Schmerzen empfohlen (Stufe II von III). Tramadol gilt als sicheres Opioid mit günstigem Nebenwirkungsprofil und geringem Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzial.

Pharmakodynamik (Wirkung)

Tramadol ist ein zentral wirksames, partielles Opioid-Analgetikum, ein Agonist der μ-, δ- und κ-Opioidrezeptoren im Nervengewebe. Die Affinität ist jedoch gering. Eine besondere Spezifität zu den einzelnen Opioidrezeptoren ist nicht vorhanden. Ferner ist Tramadol ein Agonist am GABA-Rezeptor und ein schwacher Serotonin/Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (Bravo L et al. 2017). Hieraus erklärt sich das einzigartige Nebenwirkungsprofil. Zwei dieser unerwünschten Wirkungen sind das Serotonin-Syndrom und Krampfanfälle (Hassamal S et al. 2018);  weiterhin auch die antidepressive und anxiolytische Wirkung, die bei einer Schmerztherapie nicht unerwünscht ist.

Das vermehrte Auftreten von Übelkeit als unerwünschte Wirkung wird auch durch die verstärkte Serotonin-Freisetzung erklärt.

Die analgetische Potenz beträgt ein Zehntel der von Morphin. Tramadol ist neben Meptazinol und Nalbuphin eines der drei zugelassenen injizierbaren Opioid-Analgetika, die in Deutschland nicht unter das Betäubungsmittelgesetz fallen. Tramadol besitzt eine  geringe organtoxische Wirkung (im Gegensatz zu den NSAR).

Pharmakokinetik

Tramadol wird nach oraler Einnahme zu über 90% resorbiert und hat eine absolute Bioverfügbarkeit von ca. 70 Prozent unabhängig von gleichzeitiger Nahrungsaufnahme. Der Wirkstoff unterliegt einem nur geringen First-Pass-Metabolismus und wird zu etwa 20 Prozent an Serumproteine gebunden. Tramadol überwindet die Blut-Hirn-Schranke sowie die Plazenta . Die Eliminationshalbwertszeit beträgt unabhängig von der Applikation etwa 6 Stunden.

Die Metabolisierung von Tramadol verläuft über N- und O-Demethylierung sowie über Konjugation der O-Demethylierungsprodukte mit Glucuronsäure. Das O-Demethyltramadol ist hierbei ein pharmakologisch aktiver Metabolit, der die Wirkstärke der Muttersubstanz um den Faktor 2-4 übersteigt. Eine Hemmung von CYP3A4 und/oder CYP2D6 kann die Plasmakonzentration von Tramadol und seines aktiven Metaboliten beeinflussen. Tramadol wird vorwiegend renal eliminiert. Bei Nierenfunktionsstörungen muss mit einer geringen Verlängerung der Halbwertszeiten gerechnet werden.

Anwendungsgebiet/Verwendung

Der Wirkstoff kann peroral (Kapsel und Tropfen), intravenös, intramuskulär, rektal als Zäpfchen (100 mg)  oder subkutan appliziert werden.

Schwangerschaft/Stillzeit

Eine chronische Anwendung von Tramadol ist zu vermeiden. Tramadol passiert die Plazenta. Nach der Geburt sind Entzugserscheinungen beim Neugeborenen möglich. Tramadol sollte nicht während der Stillzeit angewendet werden.

Dosierung und Art der Anwendung

Tramadol ist individuell zu dosieren. Die Dosis richtet sich nach der Stärke der Schmerzen und der individuellen Empfindlichkeit des Patienten. Dosierung bei mäßig starken Schmerzen: Erwachsene und Jugendliche ab 12 Jahren als Einzeldosis: 20 Tropfen (entspr. 50 mg Tramadol-HCl). Tritt innerhalb von 30 bis 60 min keine Schmerzbefreiung ein, werden noch einmal 20 Tropfen eingenommen. Ist bei starken Schmerzen ein höherer Bedarf zu erwarten, werden als Einzeldosis 40 Tr. (entspr. 100 mg Tramadol-HCl) eingenommen. Die Wirkung hält je nach Schmerzen 4-8 Std. an. Tagesdosen von 160 Tr. (entspr. 400 mg Tramadol-HCl) sollten nicht überschritten werden (Quelle: Rote Liste).

Unerwünschte Wirkungen

Die am häufigsten berichteten Nebenwirkungen (≥10 Prozent der Patienten) sind Übelkeit und Schwindel.

Häufig (≥ 1/100, <1/10) kann es auch zu folgenden Nebenwirkungen kommen: Kopfschmerzen, Schläfrigkeit, Obstipation; Mundtrockenheit, Erbrechen, Mundtrockenheit, Schwitzen, Erschöpfung

Selten: Hypoglykämie (Juba KM et al. 2020); Serotonin-Syndrom und Krampfanfälle

Dermatologische UAWs sind selten und beschränken sich auf Einzefallberichte; beschrieben wurde eine systemische Kontaktdermatitis nach oraler Tramadol-Applikation. Die ursprüngliche Kontaktsensibilisierung  war durch Buprenorphin hervorgerufen. (Kaae J et al. 2012)

Wechselwirkungen

Tramadol darf nicht gleichzeitig mit MAO-Hemmern angewendet werden

gleichzeitige Anwendung zentral dämpfender Substanzen

gleichzeitige Gabe von Carbamazepin:  Reduktion der Serumkonzentration von Tramadol

Cumarin-Derivate (z.B. Warfarin)  erhöhte INR-Werte; Ekchymosen sind möglich

Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs), Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRIs), trizyklische Antidepressiva, Neuroleptika und andere, die Krampfschwelle herabsetzende Arzneimittel (wie Bupropion, Mirtazapin und Tetrahydrocannabinol): mögliches Auslösen von  Krampfanfällen

Serotoninerge Arzneimittel, MAO-Hemmer, trizyklische Antidepressiva, Mirtazapin:  Gefahr eines Serotoninsyndroms

CYP3A4-Inhibitoren (z.B. Ketoconazol, Erythromycin u.a. ):  mögliche Hemmung des Tramadol- Metabolismus

5-HT3-Antagonisten (Ondansetron):  steigerte in klinischen Studien den Tramadolbedarf bei postoperativen Schmerzen

Sedativa:  Risiko von Sedierung, Atemdepression, Koma und Tod aufgrund einer additiven ZNS-dämpfenden Wirkung wird erhöht

Kontraindikation

Bekannte Überempfindlichkeit gegen Tramadol

Gleichzeitige oder bis zu 14 Tage zurückliegende Anwendung von MAO-Hemmern

Epilepsie

Drogensubstitution

Hinweis(e)

Verkehrstüchtigkeit ist eingeschränkt.

Eine psychische Abhängigkeit kann bei längerfristigem, selten auch bei kurzfristigem Konsum eintreten. Die Einnahme über einen längeren Zeitraum kann zu einer akkumulierten Freigabe von Dopamin und Noradrenalin führen, sobald das Medikament abgesetzt wird. Dies kann in den ersten zwei bis drei Wochen nach Absetzen zu verstärktem Schmerzempfinden und Unwohlsein führen.

Literatur
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  1. Beakley BD et al. (2015) Tramadol, Pharmacology, Side Effects, and Serotonin Syndrome: A Review. Pain Physician 18:395-400.
  2. Bravo L et al. (2017) Discovery and development of tramadol for the treatment of pain. Expert Opin Drug Discov 12:1281-1291.  
  3. Hassamal S et al. (2018) Tramadol: Understanding the Risk of Serotonin Syndrome and Seizures. Am J Med 131:1382.e1-1382.e6.
  4. Juba KM et al. (2020) A Review of the Food and Drug Administration Adverse Event Reporting System for Tramadol-Related Hypoglycemia. Ann Pharmacother 54:247-253
  5. Kaae J et al. (2012) Systemic contact dermatitis following oral exposure to tramadol in a patient with allergic contact dermatitis caused by buprenorphine. Contact Dermatitis 66:106-107.

Verweisende Artikel (1)

Diabetische Polyneuropathie;
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