Primär biliäre Zirrhose K74.3

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 23.08.2024

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Synonym(e)

PBC; Primary biliary cirrhosis

Definition

Die primär biliäre Zirrhose ist eine autoimmunologische (Webb GJ et al. 2015), chronische, cholestatische Lebererkrankung die durch eine nichteitrige, destruierende Cholangitis der peripheren Gallenwege mit konsekutiver Fibrose und potenzieller Zirrhose charakterisiert ist.

Die PBC kann als zirrhotisches Spätstadium der autoimmunologischen, primär biliären Cholangitis (K83.0) angesehen werden. Das wegweisende serologische Diagnosekriterium sind die antimitochondrialen Antikörper (AMA) die bei 95% der betroffenen Patienten nachweisbar ist (Carey EJ et al. 2015).

Vorkommen/Epidemiologie

Inzidenz in Europa: 8- 14/100.000 Einwohner. Inzidenz scheint zuzunehmen. Etwa 1% aller Zirrhosefälle.  

Ätiopathogenese

Fragliche Autoimmunerkrankung. Diskutiert werden u. a. hormonelle und genetische Einflüsse, Medikamente, Infektionen mit Viren, Pilzen oder Bakterien sowie Umwelteinflüsse. Eine Studie wies darauf hin, dass E2-Derivate, in denen Liponsäure durch Octin-7-carbonsäure, eine als Methylester industriell als Duft- und Geschmacksstoff (Veilchen) verwendete Verbindung, ersetzt wurde, das modifizierte E2 eine wesentlich stärkere Antigenwirkung aufwies. Allergien auf den Methylester sind bekannt. Kosmetikartikel mit diesem Stoff müssen EU-weit gekennzeichnet werden („METHYL 2-OCTYNOATE“). 

Manifestation

w:m=9:1; Erkrankungsbeginn: > 40 Jahre. Familiäre Häufung ist bekannt. Verwandte ersten Grades und Patienten mit einheimischer Sprue (Zöliakie) haben ein erhöhtes Risiko an einer PBC zu erkranken (Webb GJ et al. 2015).

Klinisches Bild

Im Frühstadium asymptomatisch (nicht selten zufälliger Laborbefund). Beginn mit unspezifischen Symptomen wie Müdigkeit und Erschöpfung (70–90 % der Patienten), unklare Oberbauchbeschwerden, Gewichtsverlust. Nicht selten sind Xanthelasmen (bei ca. 20 % der Patienten) oder (seltener) eruptive Xanthome erste Frühsymptome.

Später quälender Juckreiz (20–70 %, zeitlich deutlich vor Eintreten des Ikterus), Ikterus. Weiterhin rheumatoide Begleiterscheinungen, autoimmunologische Schilddrüsenerkrankungen (Hashimoto-Thyreoiditis – 20%) und Sicca-Symptomatik (Sjögren-Syndrom 70%). Weiterhin können Zeichen einer Maldigestion mit Fettstühlen und möglichem Vitamin- A, D, E und K-Mangel auftreten. Bei Frauen besteht eine Neigung zu rezidivierenden Harnwegsinfekten (20 % der betroffenen Frauen).

Im Spätstadium der Erkrankung stellen sich Zirrhose-typische Komplikationen ein wie Aszites, Ösophagusvarizen, Fundusvarizen, hepatische Enzephalopathie und Leberkarzinom.

Bildgebung

Sonographie: Leber im Frühstadium häufig unauffällig oder Fettleber-artig. In späteren Stadien kann die Leber vergrößert sein, im Endstadium der Zirrhose ist die Oberfläche oft höckrig oder gewellt.

Labor

Erhöhte Cholestaseparameter, antimitochondriale Antikörper (AMA) 95% der Fälle positiv (spezifisch sind Anti-M2-Antikörper. Zielantigen= E2-Untereinheit des Pyruvatdehydrogenasekomplexes - PDC-E2). ANA (50%) meist niedriger Titer. IgM-meist stark erhöht. Hypercholesterinämie.

Histologie

St I: Lymphoplasmazelluläre Infiltration der Portalfelder mit Zerstörung des Gallenganepithels

St II: Gallengansproliferation mit Pseudogallengängen

St III: Obliteration der Portalfelder, Mottenfraß (pice. meal)-Nekrosen + Untergang kleiner Gallengängen.

St IV: Zirrhose (meist mikronoduläre), makroskopisch dunkelgrüne Leber

Differentialdiagnose

Wichtig ist es, die PBC klar von anderen Autoimmunerkrankungen wie z. B. Autoimmunhepatitis oder primär sklerosierender Cholangitis abzugrenzen. In bis zu 10 % der Fälle können auch Mischformen z. B. von PBC und Autoimmunhepatitis auftreten (so genanntes Overlap-Syndrom).

Therapie allgemein

Kausale Therapie ist nicht bekannt.

Weglassen aller potenziellen Lebernoxen (Alkohol, Medikamente); alle Patienten sollten bei neg. Virusstatus gegen HA/HB geimpft werden. Zusätzliche Hepatitisinfektionen führen zu einem schweren Verlauf mit erhöhter Letalität.

Interne Therapie

Medikamentöse Therapie mit Ursodesoxycholsäure (UDCA), Dosierung: 13-15mg/KG/Tag. Mit Ursodesoxycholsäure behandelte Patienten haben eine bessere Lebenserwartung als die unbehandelten (Bowlus CL et al. 2014). Colestyramin bindet die Gallensäuren und senkt den Cholesterin-Spiegel.

Tabellen

Primär biliäre Zirrhose und Komorbiditäten:

  • Autoimmunthyreoiditis (Hashimoto)  20%
  • Sjögren-Sydrom (70%)
  • Autoimmunhepatitis (10%) (K75.4)
  • CREST-Syndrom (10%) (M34.1)
  • Systemische Sklerodermie (21%).
  • Rheumatoide Arthritis (M06.99)
  • IgG4-related Retroperitoneale Fibrose (Fallbeschreibung Huang X et al. 2018) (N13.5)
  • Primäre Myelofibrose (Fallbeschreibung Lu C et al. 2018)
  • Xanthelasmen (H02.6)
  • Eruptive Xanthome (E75.5)
  • Steatorrhoe (K90.4)
  • Vitaminmangel
  • Zöliakie (bei Zöliakiepatienten erhöhtes Risiko einer PBC) (K90.0)

 

Literatur
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Bowlus CL et al. (2014) The diagnosis of primary biliary cirrhosis. Autoimmun Rev 13:441-444.

Carey EJ et al. (2015) Primary biliary cirrhosis. Lancet 386: 1565-1575. 

Marí-Alfonso B et al. (2015) Prognostic implications of extra-hepatic clinical manifestations, autoimmunity and microscopic nail capillaroscopy in patients with primary biliary cirrhosis. Med Clin (Barc) 146:8-15. 

Huang X et al. (2018) IgG4-related retroperitoneal fibrosis overlapping with primary biliary cirrhosis  and primary Sjögren's syndrome: A case report. Medicine (Baltimore) 97:e11303. 

Lu C et al. (2018) Primary myelofibrosis but not autoimmune myelofibrosis accompanied by Sjögren's syndrome and primary biliary cirrhosis in a patient with trisomy 8 mosaic: a case report and literature review. Clin Exp Rheumatol PMID: 29745886

Webb GJ et al. (2015) The immunogenetics of primary biliary cirrhosis: A comprehensive review. J Autoimmun 64:42-52. 

Disclaimer

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