Gastritis, erosive K29.1

Autor: Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 22.08.2024

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Synonym(e)

Hämorrhagische Gastritis; Stressgastritis

Erstbeschreiber

Bereits im Jahre 1842 veröffentlichte Thomas Blizzard Curling die klassische Beschreibung der später nach ihm benannten akut auftretenden (Stress-) Ulcera nach Verbrennungen (Feifel 1980).

Definition

Unter einer erosiven Gastritis versteht man eine Form der akuten Gastritis, bei der endoskopisch sichtbare epitheliale Blutungen und histologisch Erosionen im Bereich der Magenschleimhaut bestehen (Kasper 2015).

Einteilung

Die akute Gastritis wird unterteilt in eine

- akute Reizgastritis

- erosive Gastritis (Herold 2022)

Die erosive Gastritis wird auch als „Stress- Gastritis“ bezeichnet. Sie entsteht in erster Linie durch eine Fehlregulation bei der Produktion von Magensäure (Megha 2022).

Vorkommen/Epidemiologie

Bei ca. 50 % der Patienten, die regelmäßig NSAR einnehmen, tritt eine erosive Gastritis auf, bei aktiv Alkoholtrinkenden in ca. 20 % (Kasper 2015).

Man schätzt die Zahl der an einer asymptomatischen Gastritis leidenden bei kritischen Erkrankungen auf ca. > 75 %, Stressulzera mit okkulten Blutungen treten bei ca 15 – 50 % auf, manifeste Blutungen zwischen 1,5 – 8,5 % und signifikante Blutungen zwischen 1 – 3 %.

Im Jahre 2002 berichteten Wuerth et al. von einer Inzidenz von etwa 81 Fällen / 100.000. Durch Einsatz der Protonenpumpenhemmer (PPI) bzw. Histaminblocker sank diese Zahl um bis zu 55 % (Megha 2022).

 

Ätiopathogenese

Die erosive Gastritis wird am häufigsten verursacht durch:

- Nicht- steroidale Antirheumatika (NSAR)

- Alkohol

- Stress bei z. B. größeren Operationen, Verbrennungen, schweren Traumata, schweren intrakraniellen Erkrankungen, schweren medizinischen Erkrankungen etc. (Kasper 2015)

- Stress durch psychiatrische Stressfaktoren wie z. B. schwere unbehandelte Depressionen (Megha 2022)

Ein erwiesener Risikofaktor für die erosive Gastritis ist laut Yamamoto (2011) Adipositas, da ein Zusammenhang zwischen niedrigem Adiponectin (die Adiponectin- Sekretion steht in inverser Beziehung zum Body- Mass- Index [Gressner 2020]) und erosiver Gastritis besteht – unabhängig vom BMI oder einer Infektion mit H. pylori.

Pathophysiologie

Durch physiologischen Stress kommt es zu einer Freisetzung von Angiotensin II. Dies bewirkt einen Rückgang der Durchblutung im Bereich der Magenschleimhaut. Dadurch bilden sich reaktive Sauerstoffspezies aus, die die DNA angreifen und zur Bildung von 8- Hydroxydesoxyguanosin führen. Es kommt dadurch zu einem oxidativen Stress für die Schleimhaut (Megha 2022).

Durch einen erhöhten ACH- und Histaminspiegel wird die Säureproduktion erhöht und bewirkt eine Fehlregulierung des Magen- pH- Wertes. Dies führt zur Ausbildung einer akuten Gastritis. Durch die akute Gastritis können sich Erosionen im Bereich der Magenschleimhaut ausbilden, die sog. Curling- Ulzera (Megha 2022).

Klinisches Bild

- anhaltende Übelkeit, Erbrechen

- Schmerzen im Epigastrium

- Hämatemesis

- Melena

- Orthostase bei schweren Verläufen (Megha 2022)

 

Diagnostik

Zur Diagnostik wird in 1. Linie die Gastroskopie mit entsprechenden Biopsien eingesetzt, außerdem eine Stuhluntersuchung auf okkultes Blut (FOBT) und Helicobacter pylori- Tests (Megha 2022).

Bildgebung

Gastroskopie

Bei einer erosiven Gastritis finden sich Epitheldefekte (Herold 2022), diese sind oberflächlich und erscheinen als erythematöse Läsionen im Korpus und Fundus (Megha 2022).

 

Sonstige Untersuchungsmethoden

Serologische Tests

Durch serologische Tests können Antikörper zum Nachweis einer H. pylori- Infektion nachgewiesen werden. Allerdings lässt sich nicht zwischen einer akuten oder chronischen Form der Gastritis differenzieren (Azer 2022).

 

Test auf okkultes Blut (Megha 2022)

 

Histologie

Bei der erosiven Gastritis ist der Substanzdefekt auf die Lamina propria beschränkt, im Gegensatz zum Substanzdefekt beim Ulkus, der immer die Muscularis mucosa mit einbezieht (Braun 2022).

Bei Auftreten eines Curling- Ulcus findet sich entzündliche Ablagerungen mit Schorf. Unterhalb der Basis des Ulkus kommt es zu einer neutrophilen Infiltration und aktiven Granulation, mononukleärer Infiltration und gelegentlichen fibrinoiden Nekrosen (Siddiqui 2022).

Differentialdiagnose

- Ulcus ventriculi

- gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD)

- Karzinom des Ösophagus / Magens / Pankreas

- Gastroparese

- Gallenkolik

- urämische Gastropathie

- Dyspepsie (Megha 2022)

Komplikation(en)

- Blutung (häufigste Komplikation [Megha 2022])

- Ulcera (Herold 2022)

- Curling- Ulcera

- Perforation (mit ca. 10 % die seltenste Komplikation [Megha 2022])

Therapie allgemein

Protonenpumpenhemmer wie z. B. Omeprazol (Lin 2021)

Dosierungsempfehlung: Omeprazol 40 mg / d (Weihrauch 2022).

Als weitere Therapieoption stehen Histaminblocker (H2- Blocker) wie z. B. Cimetidin zur Verfügung (Megha 2022). Dosierungsempfehlung: Cimetidin 2 x 400 mg / d (Gerok 2007).

Verlauf/Prognose

Die Prognose ist i. d. R. gut. In Ausnahmefällen kann es zu lebensbedrohlichen Blutungen kommen (Rosien 2023).

Prophylaxe

Die erosive Gastritis lässt sich bei Polytraumatisierten, größeren operativen Eingriffen, Myokardinfarkt etc. durch frühen Einsatz von Protonenpumpenhemmern wie z. B. Omeprazol oftmals verhindern. Der Rückgang der Erkrankung liegt bei frühzeitiger Therapie zwischen 30 – 55 % (Megha 2022).

Literatur
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  1. Azer S A, Akhondi H (2022) Gastritis. StatPearls Treasure Island (FL) Bookshelf ID: NBK544250
  2. Braun J, Müller- Wieland D (2022) Basislehrbuch Innere Medizin. Elsevier Urban und Fischer Verlag Deutschland 512 – 514
  3. Feifel G (1980) Die akute gastroduodenale Läsion („Streßulcus“). In: Bauer, H. (Hrsg.) Nichtresezierende Ulcuschirurgie. Springer, Berlin, Heidelberg. 35 https://doi.org/10.1007/978-3-642-67685-7_6
  4. Gerok W, Huber C, Meinertz T, Zeidler H (2007) Die Innere Medizin: Referenzwerk für den Facharzt. Schattauer Verlag Stuttgart / New York 500
  5. Gressner A M, Arndt T (2020) Lexikon der medizinischen Laboratoriumsdiagnostik. Springer Verlag GmbH Deutschland 30
  6. Herold G et al. (2022) Innere Medizin. Herold Verlag 446
  7. Kasper D L, Fauci A S, Hauser S L, Longo D L, Jameson J L, Loscalzo J et al. (2015) Harrison‘s Principles of Internal Medicine. Mc Graw Hill Education 277
  8. Lin X, Chen H, Lin Y N (2021) The clinical efficacy and safety of atropine combined with omeprazole in the treatment of patients with acute gastritis: a systematic review and meta-analysis. Ann Palliat Med. 10 (9) 9535 – 9543
  9. Megha R, Farooq U, Lopez P P (2022) Stress- Induced Gastritis. SataPearls Treasure Island (FL) Bookshelf ID: NBK499926
  10. Rosien U, Berg T, Layer P (2023) Klinikleitfaden Gastroenterologie und Hepatologie. Elsevier Urban und Fischer Verlag Deutschland 190
  11. Siddiqui A H, Farooq U, Siddiqui F (2022) Curling Ulcer StatPearls Treasure Island (FL) StatsPearls Publishing Bookshelf ID: NBK 482347
  12. Weihrauch T R, Wolff H P (2022) Internistische Therapie 2022 – 2023. Elsevier Urban und Fischer Verlag 596
  13. Yamamoto S, Watabe K, Tsutsui S, Kiso S, Hamasaki T, Kato M, Kamada Y, Yoshida Y, Kihara S, Umeda M, Furubayashi A, Kinoshita K, Kishida O, Fujimoto T, Yamada A, Tsukamoto Y, Hayashi N, Matsuzawa Y (2011) Lower serum level of adiponectin is associated with increased risk of endoscopic erosive gastritis. Dig Dis Sci. 56 (8) 2354 - 2360

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