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Parakeratosis variegataL41.81
Synonym(e)
Erstbeschreiber
Politzer, Santi u. Unna, 1890; 1902 erfolgte durch Brocq die Zuordnung des Krankheitsbildes zur Parapsoriasisgruppe.
Definition
Die Bezeichnung "Parakeratosis variegata" hat heute nur noch eine historische Bedeutung. Dieses poikilodermatische Krankheitsbild wird der Gruppe der "großherdigen Parapsoriasis en plaques" zugeordnet (s.u. Parapsoriasis en plaques großherdig-poikilodermatische Form). Der besondere klinische Aspekt mit den "striären oder netzförmigen angeordneten, lichenoiden und atrophischen, wenig schuppenden Papeln und Plaques rechtfertigt keine Eigenständigkeit des Krankheitsbildes. Neurere Literatur zu diesem Krankheitsbild ist nur vereinzelt vorhanden.
Vorkommen/Epidemiologie
Ätiopathogenese
Manifestation
Lokalisation
Klinisches Bild
Anulär, striär oder netzförmig angeordnete, lichenoide Papeln und Plaques. Diese sind stellenweise in den Spaltlinien der Haut ausgerichtet. Bei Ausbildung netziger Formationen scheinen diese dem tiefen Gefäßplexus der Haut zu folgen (Fehldeutung als Livedo). Plaques konfluieren (zufällige Konfluenzmuster) zu größeren inhomogen gemusterten Flächen in denen flächige Erhabenheiten mit Atrophien wechseln. Randständig werden auch flächenhafte bräunliche Flecken (Pigmentierungen) und Teleangiektasien gefunden. Bei Befall des Kapillitiums kann es zur fokalen oder auch diffusen (vernarbenden) Alopezie kommen.
Histologie
Teils atrophisches aber leicht akanthotisches Epithel zumeist mit kompakter Orthokeratose oder Orthohyperkeratose. Nur selten besteht fleckförmige Parakeratose. Schütteres, diffuses, wenig pleomorphes lymphoidzelliges Infiltrat in bandförmiger subepithelialer Anordnung. Die obere Dermis ist aufgelockert mit zahlreichen weitgestellten Gefäßen. Fokale Epidermotropie mit geringer Spongiose der Epidermis. Vereinzelt finden sich zytoide Körperchen. Pautriersche Mikroabszesse sind möglich. Pigmentinkontinenz.
Elektronenmikroskopie: Lutzner-Zellen in der Epidermis.
Differentialdiagnose
Pityriasis lichenoides chronica; Lichen planus atrophicans; poikilodermatische Dermatomyositis; Lupus erythematodes.
Histologisch: Lichen planus atrophicans; Ekzemmuster; bereits realisiertes kutanes T-Zell-Lymphom; aphlegmasische Form der Tinea corporis.
Therapie
In leichten Fällen blande pflegende Therapie. Bei schweren Formen versuchsweise UVA-Bestrahlungen, PUVA-Therapie oder Helio- Klimatherapie. Wichtig sind halbjährliche klinische und ggf. histologische Kontrolluntersuchungen. Bei histologischer Sicherung eines kutanen T-Zell-Lymphoms entsprechend angepasste Therapiemaßnahmen.
Verlauf/Prognose
Chronischer Verlauf über Jahre bis Jahrzehnte. Übergang in ein kutanes T-Zell-Lymphom in ca. 10% der Fälle (je nach Literatur 5–45%; Torai R et al. 2022).
Fallbericht(e)
Bei der 65-Jahre alten Patientin waren vor 3 Jahren erstmals rote, asymptomatische Flecken an beiden Unterarmen aufgetreten, die sich im Laufe der Monate langsam auf Rumpf, v.a. Gesäß und Brüste sowie auf rumpfnahe Extremitätenanteile ausbreiteten. Pat. klagte über mäßigen Juckreiz v.a. abends. HV traten nach warmem Duschen oder Baden verstärkt in Erscheinung.
Befund: Belastungsdyspnoeische (Zustand nach Herzinfarkt und mehreren Stents) anämische (hypochrome mikrozytäre Anämie, HB 7,4 g/dl). Normothyreote Struma nodosa und gut eingestellter Typ II Diabetes. Normale Leukozytenwerte, keine Lymphozytose, Leukozytendifferenzierung o.B. Songraphie: o.B.; keine subkutanen Lymphknotenvergrößerungen.
Hautstatus: Anuläre, teils auch striär oder netzförmig angeordnete, lichenoide rote Papeln und bis zu 8 cm im durchmessende Plaques. Diese sind stellenweise in den Spaltlinien der Haut ausgerichtet. Bei Ausbildung netziger Formationen scheinen diese dem tiefen Gefäßplexus der Haut zu folgen (Fehldeutung als Livedo). Plaques konfluieren (zufällige Konfluenzmuster) zu größeren inhomogen gemusterten Flächen in denen flächige Erhabenheiten mit Atrophien wechseln. Am Gesäß 6 cm, großes, flaches Ulkus in läsionaler Haut eingebettet.
Histologie: S.o. Befund. Immunhistologie: CD3+. CD4+, MiB 15% reaktiv. Kein Nachweis eines klonalen Rearrangement von T-Zell-Rezeptorgenen.
Therapie: Eisensubstitution, Fortführung der antidiabetischen Behandlung. Lokal: Blande pflegende Therapie. PUVA-Bad-Therapie, 4mal/Woche 0,2-0,3 J/cm2, bei jeder 3.Therapieeinheit Steigerung der Dosis um 0,2 J/cm2); darunter nach 14 Tagen deutliche Besserung des klinischen Befundes, Juckreiz befriedigend rückläufig. Ambulante Fortführung der PUVA-Therapie (3mal/Woche) bis auf weiteres.
Weiteres Procedere: Klinische und ggf. histologische Kontrolluntersuchungen notwendig. Wiederholung des T-Zell-Rezeptorgen-Rearrangements. Ansonsten symptomatische (nachführende) non-agressive Behandlung.
Literatur
- Holubar K (2003) Psoriasis and parapsoriasis: since 200 and 100 years, respectively. J Eur Acad Dermatol Venereol 17: 126-127
- Karenko L et al. (2003) Chromosomal abnormalities in relation to clinical disease in patients with cutaneous T-cell lymphoma: a 5-year follow-up study. Br J Dermatol 148: 55-64
- Popp C et al. (1992) Überlegungen zur Pathogenese der Parakeratosis variegata anhand morphologischer und molekulargenetischer Befunde. Hautarzt 43: 634–639
- Torai R et al. (2022) Adult T-cell leukemia/lymphoma showing parakeratosis variegata. Int J Dermatol 61:e59-e61.
- Wolf IH et al. (2009) Parapsoriasis lichenoides/parapsoriasis variegata--a new concept. J Dtsch Dermatol Ges 7:993-995