Ichthyosis follicularis mit Alopezie und Photophobie Q80.0

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Synonym(e)

Dermotrichie-Syndrom; Ichthyosis follicularis-alopecia-photophobia syndrome; Ichthyosis follicularis and alopecia and photophobia Syndrome; Ichthyosis follicularis mit Atrichie und Photophobie; Ichthyosis follicularis with alopecia and photophobia; IFAP Syndrome; Keratosis follicularis spinulosa decalvans; OMIM 308800

Erstbeschreiber

McLeod, 1909

Definition

Sehr seltenes X-chromosomal-rezessiv vererbtes, ektodermales Missbildungssyndrom.Die klinischen Symptome im Einzelnen sind:

Angeborene follikuläre Ichthyose, Alopezie, fehlende Augenbrauen und Wimpern und (im ersten Lebensjahr, im Kleinkind- oder im frühen Kindesalter auftretende) Photophobie. Ein weiteres klassisches Symptom ist die nicht-narbige vollständige Haarlosigkeit (Atrichie) des Körpers.

Bei Neugeborenen können in unterschiedlichem Ausmaß Kollodium-Membranen bestehen (s.u. Kollodiumbaby).

Seltener sind: ichthyotische Plaques, Cheilitis der Mundwinkel, Nagelbettentzündung, Nageldystrophie, Hypohidrose und atopisches Ekzem sind weitere mögliche Symptome. Handflächen und Fußsohlen sind in der Regel nicht beteiligt. Oberflächliche Ulzera der Cornea führen zu deren fortschreitender Vernarbung. Eine progrediente Vaskularisation der Kornea hat bei männlichen Patienten den Visusverlust zur Folge.

Die follikuläre Verhornunvgsanomalie kann mit atopischer Diathese, chronischen Tränenfluss, Katarakt, horizontalem Nystagmus, Astigmatismus und Myopie assoziiert sein. Rezidivierende Infektionen sind häufig.

Bei einigen wenigen Patienten wurden leichte bis schwere intellektuelle Defizite, Kleinwuchs, Mikrozephalie, Krampfanfälle, Dysmorphien (Balkonstirn, große Ohren), Choanen-Atresie, Spalthand, Anomalien des Darmtraktes (Omphalozele, Hirschsprung-Krankheit (kongenitales aganglionäres Megakolon), Dünndarmstenose, Inguinalhernie, sowie Anomalien der Nieren, des Herzens und der Wirbel beschrieben. Seltener wurden Kryptorchismus oder Hypospadie beschrieben.

Vorkommen/Epidemiologie

Sehr selten; etwa 50 Fälle sind im internationalen Schrifttum bekannt geworden.

Ätiopathogenese

Vorliegend ist ein Gendefekt im MBTPS2-Gen (membrane bound transcription factor peptidase, site 2) das auf Xp22.12-p22.11 platziert ist. Die Mutationen verursachen Störungen der Cholesterin-Homöostase und der Stressantwort des endoplasmatischen Retikulums. Folgende weitere Krankheitsbilder sind mit Mutationen in diesem Gen assoziiert:

 

Manifestation

Angeboren. Die ersten klinischen Erscheinungen werden im 2. Lebensjahr beobachtet.

Klinisches Bild

Auffälligstes Merkmal der Erkrankung ist die deutliche Hypotrichose mit nur kurz gewachsenen Haaren sowie eine erhebliche Photophobie. Das Integument ansonsten ist trocken. Am Stamm und den Extremitäten ist eine dicht stehende, sehr ausgeprägte follikuläre Hyperkeratose (Keratosis follicularis) nachweisbar. Inkomplett exprimiert sind Alopezie der Augenbrauen, Abnormitäten der Kornea, Katarakt, Cheilitis angularis, kariöse Zähne sowie mentale Retardierung.

Diagnose

Zur Diagnose führen das klinische Bild und die Analyse des MBTPS2-Gens.

Therapie

Symptomatisch je nach Organbefall. Hautpflege mit mit topischen Keratolytika, Emollentien und Harnstoffpräparaten. Einige Patienten zeigten eine moderate Antwort auf Behandlung mit niedrigdosiertem Acitretin. Essentiell ist die intensive Feuchthaltung der Augenoberfläche. Die Vaskularisation der Kornea kann durch topische Kortikosteroide nicht beeinflusst werden.

Verlauf/Prognose

Unterschiedliche Prognosen. Einige Patienten sterben frühzeitig im Neugeborenenalter. Andere Patienten haben eine normale Lebenserwartung. Ein potenzieller Visusverlust führt zum Verlust der Autonomie. Hauptsächliche Todesursache sind kardiale und pulmonale Komplikationen.

Hinweis(e)

Neben der X-chromosomalen Vererbung (auch Neumutationen sind möglich) wurden wenige Fälle mit autosomal-dominanter Vererbung beschrieben.

Literatur
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  7. Murase C et al. (2021) Hereditary Mucoepithelial Dysplasia and Autosomal-Dominant IFAP Syndrome Is a Clinical Spectrum Due to SREBF1 Variants. J Invest Dermatol 141:1596-1598.
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